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Werben oder erben - Teil 11: Schwarz
auf weiß nach Hause tragen
von Kerstin
Braun
Nicht nur innerhalb einer
Band gilt es, bestimmte Dinge zu vereinbaren und eventuell schriftlich
festzuhalten. Noch viel wichtiger ist das bei Beziehungen zu Außenstehenden,
wie zum Beispiel Veranstaltern. Es mag auch hier wieder Ausnahmen geben
- gute Bekannte oder Veranstalter, die man schon jahrelang kennt, bei denen
man immer zu denselben Konditionen spielt und bei denen man sich sicher
ist, daß kein Termin vergessen oder verwechselt wird. Aber selbst
in diesen Fällen würde ich empfehlen, einen Vertrag abzuschließen,
denn nur was man schwarz auf weiß hat, kann man auch mit relativer
Sicherheit nach Hause tragen. Das ist kein Zeichen des Mißtrauens
gegenüber dem Veranstalter, sondern immer - bei vernünftigen
Verträgen - eine Sicherheit und vorsorglicher Ausschluß von
Mißverständnissen für beide Seiten: Termin und Uhrzeit
werden eindeutig festgehalten, die Gage und Zahlungsweise bzw. Fristen
festgelegt, bestimmte Konditionen (Technik, Catering, Übernachtung)
vereinbart. Gerät der Veranstalter in Zahlungsverzug, so kann die
Band ihr Geld eintreiben. Erscheint die Band aus Schlamperei nicht zum
Konzert, so muß sie dem Veranstalter eine vereinbarte Konventionalstrafe
zahlen.
Wer schickt den Vertrag?
Diese Frage wird bei der
Terminvereinbarung geklärt. Natürlich seid ihr im Vorteil, wenn
ihr eure eigenen Vertragsformulare verwendet, denn dann habt ihr am besten
Einfluß darauf, was überhaupt im Vertrag festgelegt wird (auch
den Gerichtsstand für den schlimmsten Fall könnt ihr dann für
euren Firmensitz - siehe letzte Folge
- festlegen). Bietet dies auf jedem Fall eurem Gesprächspartner an
- in vielen Fällen hat der Veranstalter kein eigenes Formular und
nimmt das Angebot gern an. Anders kann das sein bei Vereinen, kommunalen
Einrichtungen oder Agenturen. Im Falle der letzteren empfiehlt sich ein
gründliches Studium der Fremdverträge - Näheres im gesonderten
Abschnitt zu Agenturverträgen.
Was steht drin?
Wie beim GbR-Vertrag gibt
es auch beim Gastspielvertrag keine Vorgaben zum Inhalt. Ihr könnt
auch für unterschiedliche Gelegenheiten unterschiedliche Vertragsformulare
verwenden oder, falls ihr den Vertrag auf dem Computer habt, je nach Veranstalter
einzelne Punkte herausnehmen oder einfügen. Es reicht aber auch ein
Formular als Kopiervorlage, in das einfach die Variablen wie Termin, Gagenhöhe
usw. per Hand eingetragen werden. Im allgemeinen umfassen Verträge
nicht mehr als ein Blatt = 2 Seiten. Meine ersten Verträge - noch
vor 1989 verfaßt - waren noch nicht mal eine Seite lang. Im Laufe
der Zeit lehrte aber die gelegentlich schlechte Erfahrung, was man noch
in den Vertrag aufnehmen müßte, um nicht unvermutet vor unangenehmen
Bedingungen am Veranstaltungsort zu stehen (die meist nicht auf bösen
Willen des Veranstalters, sondern eben einfach auf Unkenntnis und fehlende
Vereinbarungen zurückzuführen waren). Um gegen alle Zweifelsfälle
abgesichert zu sein, könnte man natürlich locker 20 Seiten mit
Vertragsbedingungen füllen, aber mal ehrlich: wer liest sich sowas
schon durch? Und wenn der Veranstalter keine Lust hat, den Vertrag von
vorn bis hinten durchzulesen, wird er ihn auch nicht unterschreiben. Muß
ja nicht sein!
Schon bei der Terminabsprache
sollten auf jeden Fall eure Konditionen (alle Kosten, Cateringanforderungen,
Technik, Übernachtung) ausgehandelt werden. Der Veranstalter wird
zu Recht nicht begeistert sein, wenn plötzlich zusätzlich zur
vereinbarten Gage noch 200 Mark Transportkosten im Vertrag stehen, von
denen er noch nie was gehört hat (er ärgert sich auch, wenn das
nur 50 Mark sind, und zwar ebenfalls zu Recht, weil solche versteckten
Kosten einfach von hinterhältigem Geschäftssinn zeugen). Solltet
Ihr wirklich mal was vergessen und keine Gelegenheit haben, nachzuverhandeln,
dann weist den Partner im Anschreiben auf solche Zusätze hin und fragt
an, ob das so in Ordnung geht. Wenn sich’s nicht grad um unverschämte
Forderungen handelt, wird es sicher so akzeptiert werden.
Im Folgenden gebe ich euch
wieder beispielhafte Punkte für einen Gastspielvertrag vor (es gibt
unterschiedliche Bezeichnungen dafür; manchmal steht auch „Vereinbarung“
oder „Honorarvertrag drüber) und erkläre einige Punkte näher
(das steht kursiv).
Was heißt das?
1. Zwischen ... (Veranstalter)
vertreten durch ...(Name) als Vertragspartner 1, im folgenden VP1 genannt,
und ... (Künstler) vertreten durch ... (Name) als Vertragspartner
2, im folgenden VP2 genannt, wird folgendes vereinbart:
Im Kopf der Vereinbarung
werden die Vertragspartner mit Adresse und möglichst auch Telefonnummer
genannt. So kann man unterwegs schnell mal auf den Vertrag gucken und den
Veranstalter über eventuelle Verspätungen unterrichten. Denn
den Vertrag oder eine Kopie sollte man möglichst beim Konzert dabei
haben - in Veranstalterbüros verschwinden diese Dinger oft mysteriös,
und mit dem eigenen Exemplar in der Hand wird man sich problemloser wieder
über die vereinbarte und zu zahlende Gage einig. Beachte: an eurer
Position gehört der Bandname rein (unter dem ihr dem Veranstalter
bekannt seid), aber zusätzlich auch der GbR-Name (Müller, Meier
& Schulze GbR - siehe letzte Folge).
In diesem Beispiel steht der Veranstalter zuerst - das ist wichtig wegen
der verwendeten Abkürzungen im folgenden Vertragstext. Statt VP1 usw.
wird häufig auch „Veranstalter“ (VA) und „Künstler/in“ oder „Band“
verwendet.
2. VP1 verpflichtet VP2 zu
einem Gastspiel (Konzert) am ... am Veranstaltungsort (Adresse):
Tel. am Veranstaltungsort,
falls vorhanden:
VP2 reist mit ... Personen
(mitwirkende Musiker und Techniker) an.
Es empfiehlt sich, Wochentag
und Datum zu nennen, um Verwechslungen zu vermeiden.
Die Personenzahl ist
für das Catering ausschlaggebend. Im Normalfall hat die Band vielleicht
noch ein bis zwei Techniker dabei, die hier mit aufgeführt werden.
Wird der Veranstalter nämlich mit 20 befreundeten Individuen konfrontiert,
von denen jeder sich ein Teil vom Drumset unter den Arm klemmt und damit
zum technischen Personal gezählt und vollverpflegt werden will, ist
der Ärger vorprogrammiert (bzw. eine beabsichtigte Folgemucke wegprogrammiert).
3. Folgende Zeiten werden
vereinbart:
- Anreise VP2: bis
... Uhr
- Aufbau/Soundcheck
(ca. 2 h): von ... bis ... Uhr
- Einlaß des
Publikums: ab ... Uhr
- Beginn der Veranstaltung:
... Uhr
- Auftrittsbeginn
VP2: ca. ... Uhr
- effektive Spielzeit:
ca. ... Min. Konzert oder max. ... Blöcke à ... min.
- Ende der Veranstaltung:
ca. ... Uhr
Effektive Spielzeit ist
sozusagen die reine Musikleistung, z.B. 90 Minuten. Es sollte hier noch
festgelegt werden, ob Ihr die am Stück spielt oder ob es mehrere Sets
sein sollen bzw. können.
4. VP2 unterliegt den organisatorischen
Weisungen des Veranstalters; darüber hinaus aber weder in der Programmgestaltung
noch in der Darbietung Weisungen des VP1, soweit der Rahmen des Veranstaltungsthemas
nicht verletzt wird.
Meist hört sich ja
der Veranstalter vorher an, was er sich einkauft. Sollte man meinen. Daß
er dann von einer Irish-Folkrock-Band verlangt, sie solle doch jetzt mal
was von Meat Loaf spielen, gehört wohl zu den abenteuerlichen (aber
wahren!) Ausnahmefällen. Da wendet sich der Folkskünstler mit
Grausen und verweist im Notfall auf diese Klausel. Das schafft zwar keine
neuen Freunde, und ein weiterer Gig in diesem Laden hat sich auch erledigt,
aber auf den kann man dann auch gut verzichten ...
5. VP2 erhält nach erbrachter
Leistung die vereinbarte Vergütung
-- bar ausgezahlt
-- innerhalb von . . . .
. . . . . nach erbrachter Leistung überwiesen auf:
Konto ...
BLZ ...
Bank ...
Die Gage (oder das Honorar
- das kann man nennen, wie man will) und vereinbarte Nebenkosten werden
nach der Darbietung fällig und im Normalfall auch direkt vor Ort ausgezahlt
(Ausnahmen siehe unten). Wenn das so im Vertrag vereinbart wurde, sollte
man auch darauf bestehen. Kann der Veranstalter nicht zahlen, z.B. weil
nicht genug Leute da waren, könnte man da ein Problem haben, wenn
es nicht doch noch gelingt, das Geld an Ort und Stelle auf- und einzutreiben.
Wenn Ihr gegen Festgage und nicht gegen Kasse spielt, kann es Euch nämlich
wurscht sein, wo das Geld herkommt - und es ist Sache des Partners, dafür
zu sorgen, daß es da ist (wenn nichts anderes vereinbart wurde).
Natürlich können auch dem Veranstalter Dinge zwischen Himmel
und Erde passieren ... Wir hatten in zwölf Jahren nur einen einzigen
Fall, in dem eine Überweisung angemahnt werden mußte; nach der
ersten Mahnung war aber das Geld dann auch da. Das zeugt insgesamt von
einer wesentlich besseren Zahlungsmoral, als sie im „normalen“ Geschäftsleben
üblich ist.
Am besten fügt man
hier auch noch die Klausel ein: „Die Höhe des Honorars ist unabhängig
vom Erfolg der Veranstaltung.“ Können die Zuhörer mit Eurer Musik
nichts anfangen, kann man das nicht Euch anlasten. Das ist das Risiko des
Veranstalters.
Auf Überweisungen
kann man sich von vornherein einrichten bei Veranstaltern, die kommunale
Mittel oder sonstige Unterstützung erhalten (Vereine, Kirchgemeinden,
manche Jugend- und Studentenclubs). Das wird aber im Vertrag schon festgelegt,
und man kann sich darauf verlassen, daß die Gage auch wirklich kommt;
bei kommunalen Stellen kann das allerdings bis zu 4 Wochen dauern, egal,
welche Frist im Vertrag steht - meist wird der Veranstalter Euch darauf
hinweisen; er selbst hat darauf keinen Einfluß. Auch die Veranstalter
(Agenturen) der beliebten Honky Tonks und sonstigen Kneipenfestivals überweisen,
um nicht in der Nacht noch ihre MitarbeiterInnen mit Tausenden von Mark
durch die Stadt jagen zu müssen (kein Witz: beim Original-Honky-Tonk
wurde das anfangs so gemacht, weil sich die Veranstalter zum Wohle der
Musiker an die üblichen Gepflogenheiten halten wollten. Inzwischen
ist man doch lieber zum indirekten Geldweg übergegangen und überweist
binnen wenigen Tagen.) Mehr zu (anderen) Agenturen siehe unten.
6. Als Vergütung werden
vereinbart:
. . . . . . DM Honorar
. . . . . . DM MWSt ...
%
. . . . . . DM Transportkosten
. . . . . . DM Gesamt
Falls Ihr gegen Kasse
spielt, dann sollte der Eintrittpreis hier festgelegt werden und wieviel
Prozent Ihr davon bekommt. Wer Beschmu argwöhnt, muß einen eigenen
Einlaßdienst stellen und eigene numerierte Eintrittsrollen verwenden.
Und jetzt noch was Nettes
für die betriebswirtschaftlichen Mathefreaks: Falls ihr mehrwertsteuerpflichtig
seid, müßt ihr die MWSt extra anführen. Normalerweise sind
das dann 16%, die auf die Gage aufgeschlagen werden, also zum Beispiel:
DM 1.000 + 16% (von Tausend)
= DM 1.160 Gesamtsumme.
Manchmal setzt der Veranstalter
auch eine Obergrenze, z.B. DM 1.000, die er zahlen kann, MWSt inclusive.
Dann ist die Nettogage aber nicht etwa DM 840, wie man meinen möchte.
Denn die 1000 Märker sind ja nicht 100%, sondern 116% (100% Nettogage
plus 16% MWSt). Klar? Ob klar oder nicht, in diesem Fall muß man
von den 1.000 Mark zurückrechnen, und zwar
(DM 1.000 x 100%): 116%
ergibt die Nettogage (DM 862,07).
(Bruttogage x 100%
geteilt durch 116% oder 107%, falls man 7% MWSt hat)
Wenn Eure gesamten Jahreseinnahmen
als GbR unter DM 32.000 liegen, müßt Ihr Euch mit der MWSt nicht
herumplagen, Ihr seid dann nicht mehrwertsteuerpflichtig. Dann dürft
Ihr aber auf gar keinen Fall Verträge oder Quittungen unterschreiben
(und Geld einnehmen), auf denen MWSt ausgewiesen wird. Habt Ihr nämlich
einmal Mehrwertsteuer eingenommen, dann müßt Ihr sie (wenn’s
jemand merkt) auch an das Finanzamt abführen - und nicht nur diese,
sondern für alle Einnahmen im laufenden Geschäftsjahr, denn Ihr
habt euch damit insgesamt als „pflichtig“ erklärt. Unwissenheit schützt
vor Pflichtigkeit nicht ... In manchen Fällen kann es sich aber
lohnen, schon mal freiwillig MWSt einzunehmen (immer) und abzuführen
(immer), vor allem, wenn Ihr hoch hinaus wollt (und irgendwann sowieso
über die Obergrenze kommt) und im Moment große Anschaffungen
vorhabt, die Eure Einnahmen übersteigen. Das solltet Ihr aber am besten
mit einem Steuerberater besprechen.
7. Vereinbarungen zur Technik:
...
Falls Ihr die Technik
selbst stellt, muß vorher geklärt werden, ob sie für den
Raum ausreicht (bzw. in den Vertrag schreiben, welche Größenordnungen
Ihr beschallen könnt). Stellt der Veranstalter, dann empfiehlt es
sich, einen Technikrider beizufügen, der zum Bestandteil des Vertrages
(laut Punkt 14) erklärt wird. Bei umfangreicheren Anforderungen (z.B.
viele Bandmitglieder, mehrere Instrumente pro Musiker) empfiehlt sich eine
grafische Darstellung der Bühnenanordnung (welche Instrumente stehen
wo, welche Mikros, Line- oder Netzanschlüsse werden wo gebraucht).
So kann die Bühne laut Plan aufgebaut werden, ohne daß Ihr mit
Instrumenten und Backline im Wege stehen müßt. Ist der Aufbau
einfacher, dann reichen Zahlenangaben. Für alle wichtig: Mindestanzahl
der Eingänge und Monitore/Monitorwege angeben!
8. VP1 erhält von VP2
bis ... kostenfrei folgendes Promotionmaterial zur freien Verwendung:
... Bandinfo(s)
... Pressefoto(s)
... Plakate (A4 .....,
A3 ......, A2 ......)
... Tonträger
Es spart Kosten, wenn
ihr das erforderliche Promomaterial gleich mitschickt. Ob Ihr Plakate kostenfrei
schickt oder etwas dafür verlangt, ist Ansichtssache. Manche KollegInnen
meinen, es blieben weniger Plakate ungeklebt in der hintersten Büroecke
liegen, wenn sie bezahlt werden müssen. Schlecht ist aber auch, wenn
keine Werbung gemacht wird, weil sich der Veranstalter Eure Plakate nicht
leisten kann/will. Ich würde empfehlen, eine Grundausstattung (10
Stück) kostenlos abzugeben und darüber hinaus eine angemessene
Pauschale (DM 0,50 pro Stück) zu berechnen.
9. VP1 haftet für die
Sicherheit von VP2 sowie der technischen Ausrüstungen und Instrumente
innerhalb der Veranstaltungsräume / auf dem Veranstaltungsgelände
für die Dauer der Veranstaltung (einschließlich Auf- und Abbauzeiten).
Bei Open-Air-Veranstaltungen
sorgt VP1 für ausreichenden Witterungsschutz der Bühne bzw Spielfläche
(mind. ca. ... m), andernfalls für eine geeignete Ausweichmöglichkeit
in Innenräume (Regenvariante).
Hier gibt’s manchmal Probleme.
Ihr könnt zwar selbst eine Versicherung für Euer Zeugs abschließen;
die greift aber meist nur für Transportschäden, Klau oder solche
durch Wasser oder Stromausfall etc. (wendet euch am besten an einen Fairsicherungsladen,
die es in den meisten größeren Städten gibt - die Kollegen
können euch Spezialversicherungen für Musiker anbieten, bei denen
das Zeug auch nachts im Auto oder Hänger versichert ist - da greifen
nämlich die meisten normalen nicht!). Gewöhnlich haben Veranstalter
eine Versicherung, die bei Randaliererei u.ä. greift. Fällt jemand
sturzbetrunken in einen Gitarrenständer und demoliert dabei alles
verfügbare Holz (was uns in Kneipen und Clubs ohne Bühne schon
des öfteren passiert ist), dann müßte das über seine
Haftpflichtversicherung laufen; die greift aber nicht, wenn Alkohol im
Spiel war.
Besonders bei Open-Air-Veranstaltungen
empfiehlt es sich, genauere Anforderungen an die Bühnenbeschaffenheit
zu stellen. Instrumente aus Holz und stromführende Teile weinen, wenn
der Regen fällt - diese Tatsache darf man bei Veranstaltern nicht
als allgemein bekannt und akzeptiert voraussetzen. Ich habe letztens sogar
einen Vertrag gesehen, bei dem die Mindesttemperatur auf der Bühne
vorgegeben war. Immerhin muß man beim Spielen mancher Instrumente
ja auch gelegentlich einen Finger rühren - offenbar ist aber auch
das noch nicht bis zum letzten Veranstalter vorgedrungen. Wir haben tatsächlich
mal eine Kurzmucke auf offener Bühne bei minus 5 Grad und Schneetreiben
durchgezogen (der Gitarrist mit Pudelmütze und Handlingen) - für
‘nen Chor ist das ja vielleicht OK (Nö. Auch da gibt's Untergrenzen.
- Anm. rls), aber für ’ne Rockband doch eher ungewöhnlich ...
der Veranstalter fand das aber nicht weiter schlimm (wir nach 4 Pötten
Glühwein dann auch nicht mehr).
10. Ein Exemplar der Vereinbarung
wird von VP1 unterschrieben an VP2 bis spätestens ... zurückgesandt.
Falls der Vertrag nicht bis zum genannten Datum bei VP2 vorliegt, behält
sich VP2 das Rücktrittsrecht vor.
Mit Rücksendung des
Vertrages erhält VP2 eine Lageskizze oder Wegbeschreibung zum Veranstaltungsort.
Die Kündigung des Vertrages
ist unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von ... Kalendertagen in
schriftlicher Form möglich.
Kommt das Konzert nach Ablauf
der Kündigungsfrist durch Verschulden eines der beiden Vertragspartner
nicht zustande, wird eine Konventionalstrafe in Höhe des halben Honorars
(Festgage) an den geschädigten Vertragspartner fällig.
Selbst bei Künstlern,
die noch nicht so gut gebucht sind, kommt es vor, daß auf den einzigen
Konzerttermin im Jahr gleich drei Veranstalter wollen. Hat man sich für
einen entschieden, dann ist es ärgerlich, wenn der Veranstalter drei
Tage vorher absagt (oder den Vertrag ewig nicht zurückschickt und
dann plötzlich vom Termin gar nichts mehr wissen will). Auch für
den Veranstalter ist es ärgerlich, wenn die Band drei Tage vorher
absagt, weil sie ein besseres Angebot hat. Für den Aufwand, den der
Veranstalter schon betrieben hat, oder für den Verdienstausfall, den
die Band hat, wird eine angemessene Strafe vereinbart (die eigentlich eher
dazu dient, beide Seiten von solch schofeligem Verhalten abzuschrecken).
Üblich sind Strafen in Honorar- oder halber Honorarhöhe.
11. Sämtliche Ansprüche
beider Vertragspartner entfallen, wenn eine Leistung aus Gründen höherer
Gewalt nicht erbracht werden kann.
Höhere Gewalt sind
Naturkatastrophen, Kriegsereignisse (was Gott und die Menschen verhindern
mögen!), Unfälle, Havarien ... Ausdrücklich gehören
Staus nicht zu höherer Gewalt - die Regeln besagen, daß man
bei der Anfahrt Staus mit einplanen muß. Allerdings wird man bei
Veranstaltern meist auf Verständnis treffen, vor allem, wenn man sie
rechtzeitig informieren kann. Meist führt ja ein Stau auch nicht zum
kompletten Ausfall, sondern nur zu Verspätungen oder Verschiebungen.
12. Für GEMA-, Erlaubnis-
oder Auflagengebühren kommt VP1 auf. VP2 versteuert sich selbst.
„... versteuert sich selbst“
heißt, daß Ihr Eure Einkünfte und ggf. die Mehrwertsteuer
beim Finanzamt angeben müßt (siehe
letzte Folge). Der Veranstalter trägt dafür keine Verantwortung.
13. Weitere Vereinbarungen:
- Catering frei (1 warmes
Essen pro Musiker oder belegte Brote o.ä., alkoholfreie Getränke
+ Bier in
angemessener Menge)
- VP1 stellt einfache Übernachtung
für ... Personen zur Verfügung
Hier gehören sonstige
Bedingungen hin, wie Catering, Übernachtung, evtl. erforderliche Künstlergarderobe,
Duschen usw. Übliches Catering ist ein (warmes) Essen pro Musiker,
sowie alkfreie Getränke und Bier „in angemessener Menge“ frei. Davon
gehen die meisten Veranstalter aus; man sollte es aber dennoch vereinbaren
und dazuschreiben. Besonders absprachebedürftig sind darüber
hinausgehende Forderungen, z.B. wenn man vegetarisches Essen oder unbedingt
Kaffee oder eine Flasche Single-Malt-Whisky einer speziellen Marke braucht,
um in spielfähigen Zustand versetzt zu werden (welch letzteres wir
ja mal nicht hoffen wollen). Bei Jugendveranstaltungen in kirchlichem Rahmen
ist Alkohol (und diesmal gehört Bier dazu) oft tabu; meist sorgen
jedoch die wohlmeinenden Veranstalter ungefragt dafür, daß eigens
für die Musiker ein Kasten Bier bereitsteht.
Sollte der Veranstalter
kein freies Catering bereitstellen wollen oder können, so sollte man
wenigstens heraushandeln, nur den Einkaufspreis bezahlen zu müssen.
Auch eine Cateringbegrenzung (z.B. 20 Mark pro Person) ist mancherorts
üblich. Ob man irgendwo gegen Kasse spielt und dann auch noch das
Catering selbst bezahlt, sollte man sich gut überlegen - zahlt der
Veranstalter allerdings ordentlich, sollten Vertrag und Spielwut nicht
am unfreien Catering scheitern.
14. VP2 erhält die Erlaubnis,
im Rahmen der Veranstaltung Tonträger und Merchandising-Artikel auf
eigene Rechnung zu verkaufen.
Bisher ist es uns nie
passiert, daß ein Veranstalter etwas gegen den Verkauf von Tonträgern
hatte (die Klausel fehlt bisher in unserem Vertrag). Verständlicherweise
kann es mit dieser Klausel passieren, daß der Veranstalter vorher
verlangt, Muster der Merchandisingartikel zu sehen, um nicht plötzlich
vor vollendeten Tatsachen zu stehen, wenn auf dem Verkaufstisch nachher
Springmesser mit dem Bandlogo oder T-Shirts mit Hakenkreuzen liegen.
15. Diese Vereinbarung umfaßt
1 Blatt/2 Seiten. Zusätzliche mündliche Vereinbarungen wurden
nicht getroffen. Die etwaige Unwirksamkeit einer Bestimmung dieser Vereinbarung
läßt die Wirksamkeit der Vereinbarung im übrigen unberührt.
Stellt der Veranstalter
die Technik, dann steht bei uns an dieser Stelle: „... umfaßt 2 Blatt/3
Seiten. Der Technikrider ist Bestandteil des Vertrages ...“ Damit ist der
Veranstalter verpflichtet, Eure Technikanforderungen zu erfüllen.
Manche Bands lassen sich sogar eine Riderkopie unterschrieben zurückschicken.
Gerade im Bereich der Technik erlebt man gelegentlich haarsträubende
Dinge. Ob man dann so gutmütig ist und mit eigenen Kräften und
Nerven noch irgendeine Lösung zurechtbastelt, bleibt jedem selbst
überlassen. Rein rechtlich hat man das Recht, die Leistung zu verweigern,
wenn die Vertragsbedingungen grob verletzt werden. Allerdings sollte wie
im richtigen Leben zunächst versucht werden, eine salomonische Lösung
zu finden.
16. Beide Vertragspartner
erklären, zu rechtsverbindlichen Vertragsabschlüssen berechtigt
zu sein und erkennen diesen Vertrag durch ihre Unterschrift an.
Ist nur eine formale Absicherung.
Wer nicht volljährig ist, ist zum Beispiel nicht zu Vertragsabschlüssen
berechtigt, sondern muß einen Vertreter unterzeichnen lassen.
Ort/Datum und beide Unterschriften
- fertig.
Was tun (mit) Agenturen?
Agenturen sind eigentlich
eine freundliche Einrichtung dieser Welt. Sie ersparen uns stolzen Künstlern
das Klinkenputzen bei Veranstaltern und auch jeglichen Kampf um die Bereitstellung
und Bezahlung des Catering. Ärgert sich die Agentur über einen
nicht ganz einfach zu handhabenden Veranstalter, dann ist uns das völlig
schnurz, denn wir haben die Auseinandersetzung ja nicht gehabt.
Leider ist es nicht ganz
einfach, bei einer geeigneten Agentur unterzukommen. Und man muß
aufpassen, daß man sich nicht unversehens exklusiv an ein Schlitzohr
bindet. Schließlich und endlich möchte die Agentur für
ihre Arbeit bezahlt werden - und das treibt Euren Preis in die Höhe.
Es gibt Veranstaltungsagenturen
und Künstleragenturen. Erstere kümmern sich vor allem um die
Organisation von Veranstaltungen (neudeutsch „Events“) und suchen dafür
auch aus Hunderten oder Tausenden von Künstleradressen in ihrem Bestand
geeignete Acts aus, während Künstleragenturen vor allem Künstler
an Veranstalter vermitteln und zum Beispiel auch Tourneen organisieren.
Dabei gibt es verschiedene Formen der Zusammenarbeit. Eine Künstleragentur
kann mit Euch einen Exklusivvertrag schließen, was dann heißt,
daß niemand anders Euch vermitteln darf (auch Ihr selbst nicht).
Nichts dagegen einzuwenden, wenn Ihr absolut keine Lust habt, Euch selbst
zu vermarkten und die Agentur supergut arbeitet. Das jedoch sollte man
vorher prüfen (z.B. „Klienten“ der Agentur - also die anderen unter
Vertrag stehenden Künstler - befragen) bzw. die Mindestanzahl der
Vermittlungen im Vertrag festlegen. Weitaus öfter ist es jedoch so,
daß eine Agentur Euch vermittelt, wenn sie kann, und Ihr Euch den
Rest selbst besorgt. Entweder ist die Agentur dann berechtigt, Verträge
für Euch abzuschließen, oder - noch fairer - es werden drei
Vertragsexemplare (Veranstalter, Agentur, Künstler) ausgefertigt,
die jeder Partner unterschreibt. Dort - absolut faire Variante - steht
dann auch, welche Provision die Agentur erhält (Höhe oder Prozent
an der Gage; üblich sind 15 Prozent), und daß der Künstler
die Provision an die Agentur überweist, sobald er die Gage vom Veranstalter
hat. Weniger fair kann es sein, wenn Ihr nur Eure Gage erfahrt, aber nicht
die Höhe der Provision, und wenn der Veranstalter an die Agentur überweist,
von der Ihr dann die Gage bekommt. Das dauert erstens länger, und
zweitens kann es sein, daß Euch die Agentur für 6000 Mark verkauft,
von denen Ihr aber nur Eure der Agentur mitgeteilte Mindestgage von 1000
Mark bekommt. Was Ihr nicht wißt, macht Euch ja auch nicht heiß
... Das sind die Tricks einiger schwarzer Schafe im Agenturbereich; aber
es sei gesagt, daß auch manche Bands tricksen, und deshalb gibt es
die berechtigte Klausel, daß „Die Partner vereinbaren, alle weiteren
Engagements nur über Partner X (Agentur) zu vereinbaren.“ Sonst müßte
der arme Agent strampeln, damit er für Euch ständig neue Veranstalter
auftreibt, weil Ihr nämlich nach der ersten Mucke den Kontakt zum
Veranstalter habt und nun fröhlich die nächsten Verträge
ohne den Agenten abschließt, weil’s dann ohne Provision für
den Veranstalter billiger wird (oder für Euch lukrativer). Denkt dran
- die Agentur nimmt euch einen Haufen Ärger, Zeit und Telefoniererei
ab, so daß Ihr Euch den Dingen widmen könnt, die wirklich Spaß
machen. Eine gute Zusammenarbeit sollte man nicht durch Trickserei aufs
Spiel setzen.
Prinzipiell sollten in jeglichem
Vertrag, der sich auf eine Veranstaltung bezieht, auch Eure Bedingungen
stehen, die Ihr der Agentur zu Beginn Eurer Zusammenarbeit mitteilt, und
vor allem alle besonderen Vereinbarungen zu den technischen Bedingungen
für die spezielle Veranstaltung. Laßt Euch besonders bei Agenturverträgen
nicht damit abspeisen, daß das alles klar geht, weil’s ja mündlich
(aber dann meist nur mit der Agentur und nicht von Euch direkt mit dem
Veranstalter) besprochen wurde. Wenn es kein Problem ist, dann kann es
auch kein Problem sein, das schriftlich festzuhalten. Ansonsten kann es
sein, daß ihr das Problem kriegt, wenn Ihr dann plötzlich ohne
PA dasteht und der Veranstalter noch nie was von Bereitstellung einer PA
gehört hat. Dann zahlt Ihr am Ende noch die Konventionalstrafe, weil
Ihr ohne Technik nicht spielen könnt, oder Ihr müßt euch
auf eigene Kosten was besorgen. Muß nicht sein, kann aber. Mündliche
Vereinbarungen sind immer ein Problem, wenn Ihr nicht direkt mit dem Veranstalter
verhandeln könnt.
Und auch hier kann es sein,
daß das alles gar nicht aus bösem Willen passiert, sondern aus
Unkenntnis. Es gibt nämlich inzwischen eine Menge Leute, die mal irgendwann
was mit Musik zu tun hatten und meinen, sie könnten sich mit der Vermittlung
von Bands ein paar Silberlinge dazuverdienen; schließlich ist das
ein freier Beruf, für den man keinerlei Qualifikation braucht (helfen
tät’s schon manchmal ...). Deshalb prüfe, wer sich ewig bindet.
Entspannt zurücklehnen kann man sich später immer noch, wenn
man merkt, daß man mit seiner Agentur den Glückstreffer gelandet
hat.
Schwarz auf weiß,
kurz und gut:
1. Möglichst für
alle Aktionen, bei denen Leistung gegen Geld getauscht wird, wichtige Punkte
per Vertrag oder Vereinbarung schriftlich festhalten - das gibt beiden
Seiten Sicherheit.
2. Es kann nichts schaden,
wenn man sich von vielen Veranstaltungsagenturen in deren Künstlerkartei
aufnehmen läßt - das verpflichtet zu nichts. Um eine geeignete
Künstleragentur zu finden, sucht man aber am besten nach einer, die
Künstler ähnlicher Stilrichtung vertritt. Die kann am besten
für Euch tätig werden, da sie die geeigneten Veranstalter in
ihrer Kartei hat und Euch auch ersatzweise einsetzen kann, wenn ein anderer
Künstler ausfällt.
3. Eigene Bedingungen auch
unbedingt in Agenturverträgen festhalten (lassen).
Hier
geht's zum 12. Teil von "Werben oder erben".
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