www.Crossover-agm.de Werben oder erben - Teil 12: GEMA hin - GVL her

von Kerstin Braun

Märchen und Sagen - meist negativen Inhalts - ranken sich um die allgegenwärtige GEMA, während im nichtprofessionellen Musikerlager kaum jemand die GVL kennt, und das aus gutem Grund. Wer alles ganz genau wissen will, sollte versuchen, sich zu einem Seminar anzumelden, bei dem ein Mitarbeiter der GEMA referiert, den man dann persönlich befragen kann. Solche Seminare werden gelegentlich von Kulturverbänden (Musikerverbände etc.) veranstaltet. Ich will hier in der letzten „Werbefolge“ Grundsätzliches zu diesen beiden Verbänden sagen, die für Musiker durchaus nutzbringende Einrichtungen sein können, auch wenn gerade in letzter Zeit Beschlüsse der GEMA von ihren Mitgliedern stark diskutiert werden. Aber fangen wir mit dem Anfang an.

Was will die GEMA?
Die Vorläuferin der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ wurde schon 1903 gegründet, und zwar nicht, um Veranstalter zu erschrecken, sondern um die Rechte ihrer Mitglieder, der sogenannten Urheber, wahrzunehmen. Urheber sind Komponisten, Texter und Bearbeiter (-innen natürlich auch), auch Schriftsteller, aber die haben eine andere Gesellschaft. Nun hat natürlich jeder Urheber eines Musikstückes oder Textes die Urheberrechte automatisch, auch wenn er nicht Mitglied der GEMA ist. Er wird nur Probleme damit haben, seine Rechte wahrzunehmen, wenn er das persönlich tun muß. Das hieße nämlich, Ralph Siegel, Gröni und Smudo (und viele tausend andere) müssten täglich bei jedem Radiosender Deutschlands anrufen, um zu erfragen, wie viele ihrer Songs gestern wieder wieviel mal rotierten, und dafür die Lizenzen einkassieren. Müssen sie aber nicht, denn das macht ja die GEMA. Die bekommt von den Sendern z.B. Sendelisten und kann daraus ersehen, welche Songs ihrer Mitglieder wievielmal im Jahr gespielt wurden, dann wird das dreimal durch den Computer gerührt und heraus kommt, ... dass Herr Siegel am meisten kriegt. Naja, so ungefähr jedenfalls. Sprich, die GEMA ist eigentlich eine praktische Einrichtung (nicht nur für die Fließbandhitkomponisten). Übrigens keine typisch deutsche, wie mancher vielleicht vermutet - solche Gesellschaften gibt es auf der ganzen Welt.

Mitglied werden?
Aber ja - sofern man eigene Werke schreibt und diese aufgeführt werden, von wem auch immer. Um die Mitgliedschaft zu beantragen, muss man allerdings mindestens 5 Werke (also z.B. Songs oder Instrumentalstücke) geschrieben haben, die auch schon mal irgendwo öffentlich gespielt wurden. Die Länge der Stücke ist relativ egal, und bei „U-Musik“ muss man auch keinerlei Noten einreichen (dafür wird sie auch geringer bewertet als „E-Musik“). Die Anmeldung der Werke ist anhand des Vordruckes ganz einfach, man muss ungefähr 5 Zeilen ausfüllen und ab damit. Wenn allerdings keine Noten oder sonstigen Belege eingereicht werden, fällt der Nachweis natürlich schwer, wenn jemand Euer Stück klaut, anders nennt und seinen Namen drunter schreibt. Da kann auch die GEMA nix machen. Aber Nachnutzung passiert ja eher dann, wenn schon ein Tonträger vorliegt, und dann kann man’s auch nachweisen (den Beweis muß man allerdings selbst erstreiten, das tut die GEMA nicht - die treibt nur die Lizenzen der gemeldeten Sachen ein).
Mitgliedsgebühr ist 50 Mark im Jahr plus einmalige Aufnahmegebühr von 100 Mark. Spätestens dann, wenn man eine CD mit eigenen Titeln produziert und das auch noch im Eigenverlag, wird’s interessant: Dann muß man nämlich an die GEMA eine Pauschale bezahlen (alle Presswerke sind dazu verpflichtet, einen Meldebogen ausfüllen zu lassen), egal ob die Werke bei der GEMA gemeldet sind oder nicht. Da ist es schon besser, man meldet seine eigenen Werke an, damit man einen Teil des Geldes wieder als „Lizenzausschüttung“ zurückbekommt. Sonst rührt die GEMA es nämlich in den großen Allgemeinverteilungskuchen ein, und dann kriegt Herr Siegel auch noch einen Teil Eures Geldes, was ja nun nicht sein muss.
Übrigens können nur Einzelpersonen Mitglieder der GEMA werden, nicht die gesamte Band. Wenn nur einer komponiert und die anderen dazu nix tun, ist der Fall klar. In den meisten Bands werden die Stücke aber zumindest gemeinsam bearbeitet, und da muß man sich dann überlegen, ob es lohnt, wenn jeder Bearbeiter (die Bearbeiter kriegen natürlich weniger als die Komponisten/Texter) Aufnahmegebühr und Mitgliedsbeitrag bezahlt oder ob es schlauer ist, wenn nur der Bandurheber Mitglied wird und seine Lizenzen mit den anderen teilt, nach selbst vorgegebenen Anteilen. Dazu sollte man natürlich was Schriftliches verfassen. Geteilt wird auch bei der GEMA nur der Komponistenanteil, d.h., wenn jemand als Mitbearbeiter gemeldet ist, wird der Kuchen nicht größer, sondern geteilt.
Die Relationen sind etwa so, dass man bei ca. 20 eigenen Titeln und ca. 30 Konzerten im Jahr etwa 1.000 DM von der GEMA bekommt - halt, im vorigen Jahr noch bekam; dank einem neuen Berechnungsverfahren gab’s 1999 nur noch zwischen 500 und 700 und neuerdings hängt der „Auswertungswert“ eines Werkes auch noch davon ab, in wie vielen GEMA-Bezirken sie monatlich aufgeführt werden (entspricht etwa den Bundesländern, nur dass die Ossis wieder mal das Nachsehen haben, weil Sachsen, Thüringen und S.-Anhalt als ein Bezirk gelten, ebenso Brandenburg und MeckPomm).

Zahlen?
Vergessen! Als Musiker zahlt Ihr nur im weiter oben genannten Fall einer Eigenveröffentlichung etwas an die GEMA (aber dann nicht in Eurer Eigenschaft als Komponist, Musiker oder GEMA-Mitglied, sondern in Eurer Eigenschaft als „Plattenfirma“ im eigenen Auftrag - ansonsten zahlt das nämlich die Fremd-Plattenfirma) und natürlich den Jahresbeitrag. Alles andere zahlen andere - zum Beispiel Veranstalter. Ihr zahlt auch nichts an die GEMA, wenn Ihr ein fremdes Werk bearbeitet und aufführt.
Der Veranstalter zahlt, weil er nämlich Musik - fremdes Recht - zur Belustigung seiner Gäste nutzt. Nicht immer ist der Urheber auch der aufführende Musiker, der ja wenigstens die Gage bekommt. Unter Veranstaltern nun kursiert die Mär, dass es teurer sei, wenn eine Band oder ein Künstler Eigenkompositionen aufführt und diese in die Listen schreibt. Falsch! Wie im obengenannten Fall zahlt der Veranstalter eine Pauschale an die GEMA, die abhängig ist von Raumgröße, Eintrittspreis und Art der Veranstaltung bzw. Aufführung (Live oder Konserve). Die allseits verhassten „GEMA-Listen“ (offiziell „Musikfolgebögen“) benötigt die GEMA nur dazu, um das eingegangene Geld an genau die Urheber zu verteilen, die auf der Liste stehen. Pech, wer sich selbst nicht draufschreibt, obwohl er sich selber spielt. Der Veranstalter zahlt das Gleiche, nur Ihr bekommt es dann nicht.
Für die Meldung gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Ihr füllt die Listen zu Hause aus und schickt sie an die GEMA, oder Ihr bekommt eine Liste vom Veranstalter, die dieser einreicht. Manche Veranstalter versuchen es auch mit Schwarzfahren, und das hat - vor allem im Osten - eine Zeitlang auch ganz gut geklappt. In den letzten Jahren ist die GEMA aber durchaus auch mancher Veranstaltung auf die Spur gekommen, die Monate oder Jahre zurück lag. Keine Kunst: Schließlich muß der Veranstalter für sein Event Werbung machen. Wenn die GEMA also wissen will, wann bei wem was gelaufen ist oder wen es überhaupt gibt, bei dem was laufen könnte, muss sie ja nur mal in die Zeitung sehen. Und dann hat man eines Tages einen Brief im Kasten von einem Menschen, der sich und den Veranstalter besorgt fragt, warum denn die eine oder andere Veranstaltung nicht bei der GEMA gemeldet und Listen eingereicht wurden, hm? Dazu ist nämlich nun wieder der Veranstalter verpflichtet. Verständlich, dass dies zusätzliche Kosten sind, die manfrau als Veranstalter gern vermeiden würde wie den Erwerb einer Straßenbahnfahrkarte. Und dass die Kontrolleure nicht eben beliebt sind.
Übrigens haben die Kirchen eine Sondervereinbarung mit der GEMA, macht also Eure Veranstaltungspartner darauf aufmerksam, wenn Ihr den Eindruck habt, dass sie davon nichts wissen (siehe auch CrossOver-Service im Internet: GEMA-Formular für Kirchenkonzerte zum Downloaden).

Bearbeiten - alles erlaubt?
Will man „Sind so kleine Hände“ zu „Sind so kleine Biere“ verpunken, gebietet es eigentlich die Höflichkeit, Frau Wegner vorher zu fragen. Nun erwarte man aber von Punkbands keinen bürgerlichen Anstand, und deshalb ist es Humor, wenn Frau Wegner trotzdem lacht. Bearbeitet man allerdings ein geschütztes Werk (so nennt man Werke, die bei der GEMA gemeldet sind, und dazu gehören auch ausländische Werke, die bei den entsprechenden Schwestergesellschaften gemeldet sind) und will die Bearbeitung als eigenständiges Werk anmelden, so benötigt man dazu die schriftliche Genehmigung des Rechteinhabers. Man bekommt dann (falls man sich darum nicht schon vorher gekümmert hat) einen Schriebs von der GEMA mit dem Hinweis, an welchen Urheber oder Verlag man sich dazu wenden muß. Das kann man probieren - handelt es sich allerdings um einen Verlag, dann wird die Bearbeitung meist nur geduldet. Das bedeutet, es wird Euch erlaubt, die Bearbeitung aufzuführen und auf Tonträger zu bringen, Ihr müßt aber den Urheber nennen (naja, auch das gebietet eigentlich in jedem Fall nicht nur das geltende Recht, sondern auch der Anstand) und dürft Euch zwar als Bearbeiter auf der Platte nennen, aber das Werk nicht bei der GEMA melden (und demzufolge auch nichts dafür kassieren).

Sei nicht traurig, kleiner Studiomusiker ...
... denn es gibt ja auch noch die GVL - Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsrechten. Du hast nie komponiert und wirst deshalb auch nie einen Welthit landen, aber Du hast vielleicht schon an welchen mitgewirkt, so ganz heimlich, laut und leise im Studio, nach Noten oder gar mit eigenen Ideen, und dafür hat man Dir einen Hunni, na, vielleicht auch einen Tausi in die Hand gedrückt, aber das war’s dann auch schon, während sich die Stones dumm und alt verdienen, und Du stehst womöglich noch nicht mal in den Credits. Und von der GEMA kriegste auch nix.
Aber die GVL hält die Hand über Dir und für Dich auf, wenn jemand Deine Leistung verwerten will, egal ob auf einer Platte, beim Radio oder im Fernsehen. Die Mitwirkenden bei solchen Aufnahmen können, wenn sie von anderen engagiert und dafür bezahlt wurden, nochmal zusätzlich was von der GVL erhalten, wenn sie Mitglied sind. Das kostet noch nicht mal was, man muss sich nur anmelden und einmal im Jahr nach Aufforderung seine Quittungen hinschicken, wenn man solche Dinge tut, was ja doch eher die professionell Arbeitenden unter uns betrifft.
Wer CDs zum Verkauf herstellt und einen Labelcode dafür braucht, bekommt es auch mit der GVL zu tun. Er muss dann einen Wahrnehmungsvertrag abschließen und bekommt dafür den LC, der gewissermaßen ein Schlüssel zur Sendung im Rundfunk ist, da normalerweise nur Tonträger mit LC gespielt werden dürfen, eben wegen der Leistungsverwertung. Spartensendungen, Bürgerradios und auch Redakteure, die in ihrer Sendung mal eine Nachwuchsband vorstellen, die in der Region spielen wird, achten da aber nicht so streng drauf.

Kurz und Schluss hier noch die Adressen:
1. Für Urheber (Komponisten, Texter, Bearbeiter): GEMA Generaldirektion, Bayreuther Straße 3, 10787 Berlin
2. Für Studiomusici und sonstige Mietmusiker: GVL, Heimhuder Straße 5, 20148 Hamburg
 

So viel zum Thema Werbung und angrenzenden organisatorischen Gebieten - dies soll die letzte Folge gewesen sein. Fragen und Anmerkungen an die Redaktionsadresse sind aber weiterhin willkommen und sollen auch gegebenenfalls mit einem längeren Beitrag beantwortet werden.



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