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Toxic Smile, NoNo
10.04.1999 Leipzig, Rabet
von
rls
Bandnachwuchsförderung
ist schon was Feines. Besonders, wenn sie in Gestalt des sächsischen
Vorausscheides für den f6-Music Award am gleichen Abend wie der Gig
zweier mehr (Toxic Smile) oder weniger (NoNo) hoffnungsvoller Leipziger
Newcomerbands stattfindet und zu letzterem neben den Die Hard-Undergroundlern
nur noch eine Handvoll Zufallsgäste pilgern läßt. Dafür
sollten sich die investierten fünf Märker für die reichlich
drei Fußballmannschaften im Rabet aber richtig lohnen.
An NoNo lag der lohnende Charakter
des Gigs allerdings weniger. Der obskure Bandname erklärt sich aus
der Tatsache, daß hier zwei Mitglieder von No
Water No Moon mitmusizieren. Sicherlich, die zwischen Trio und Quintett
schwankende Band beherrschte ihr Handwerk (besonders der Drummer hat mir
gut gefallen, und singen kann die Bassistin auch), aber das Songwriting
ließ doch noch deutliche Reserven erkennen. Irgendwo zwischen seichterem
Britpop und den Guano Apes dümpelten NoNo vor sich hin, und ein oberflacher
Song mit hyperschrägem Ende namens "Where The River Flows" markierte
den Tiefpunkt des Sets. So richtig gut gefielen mir außer dem leicht
gothicrockigen dritten Track und dem forschen Setcloser "In My Lifetime"
eigentlich nur die drei Songs, in denen als fünftes Mitglied ein Cellist
mitwirkte und seinem Instrument mal sanfte, warme Harmonien oder verträumte
Melodien entlockte, aber mitunter auch in bester Apocalyptica-Manier
Riffkrach machte. Ansonsten zeigten die 45 Minuten doch noch deutliche
Steigerungsmöglichkeiten auf, zu denen auch das Gehabe des Gitarristen
gehört, der mit seinem Automechaniker-Outfit und seinem Gequassel
leider nur pseudowitzig wirkte.
Aus ganz anderem Holz waren
Toxic Smile geschnitzt. Feinster Progressivesound stand auf der Tagesordnung,
zwischen Progrock und Progmetal hin und her pendelnd und sowohl vom Härtegrad
als auch vom Qualitätslevel ungefähr beim selbstbetitelten Erstling
der unterbewerteten Italiener Evil Wings anzusiedeln. Der instrumentalen
Vertracktheit zum Trotz hatten die Songs doch ein hohes Eingängigkeitslevel,
was nicht zuletzt daran lag, daß es nicht an leicht nachvollziehbaren
Refrains (allen voran: "Toxic Smile" und "Madness
& Despair") mangelte. Songs wie "Rollercoaster" waren aber auch
so stark genug, um jeden Progfan in den siebenten Himmel zu befördern.
Abgerundet wurde der Set durch eine Handvoll fetziger Instrumentals, von
denen eins den seiner Bauart widersprechenden Titel "08/15" trug, und ein
bißchen Gecovere durfte auch nicht fehlen: Survivors "Eye Of The
Tiger" machte Appetit auf mehr, "Maniac" von, ja, von wem eigentlich, war
ebenfalls solide umgesetzt, und das aus "Wait For Sleep", "The Mirror",
einem Drumsolo und "The Ytse Jam" bestehende Dream Theater-Medley beförderte
die Progfans dann in den vierzehnten Himmel. Drummer Daniel wechselte die
Rhythmen öfter als ein zufällig in eine Disco verschlagenes Chamäleon
seine Farbe, Bandkopf Marek an den Tasten trieb seine Mitstreiter immer
wieder zu Höchstleistungen an, die Herren an den sechs respektive
vier Saiten ließen sich von diesem Level anstecken (auch wenn der
Gitarrist zwei der Hyperspeed-Soli vergeigte), und Sänger Larry entpuppte
sich nicht nur als hervorragender Stimmbandakrobat, was man aufgrund seiner
Optik gar nicht vermutet hatte (sieht aus wie der Frontbrüller einer
beliebigen New Yorker Hardcorekapelle, singt aber wie Phil Collins on Viagra),
sondern auch als hervorragende Laune verbreitender Entertainer. Die ganze
Band war hervorragend drauf, und der Spaß, den sie auf der Bühne
hatten, übertrug sich auch auf das mächtige Häuflein des
Publikums, das sich letzten Endes sogar noch 'ne Zugabe erbrüllte,
so daß Toxic Smile insgesamt knapp zwei Stunden auf der Bühne
standen. Und bei so 'ner geballten Masse Qualität übersieht der
geneigte Rezensent gerne, daß sich auch ein, zwei Schläfrigkeit
erzeugende Tracks im Set befanden - egal: Diese Jungs haben definitiv das
Zeug zu mehr (vielleicht hätte man SIE beim f6-Music Award spielen
lassen sollen), und wer es noch nicht verwunden hat, daß Factory
Of Art mittlerweile etwas straighter zu Werke gehen, wird mit Toxic
Smile sicher glücklich werden. Versprochen!
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