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Lightningz Edge, Night Demon, Lost Eternity   13.03.2015   Leipzig, Bandhaus
von rls

Eigentlich hätten die Berliner Morbid Panzer diesen Konzertabend eröffnen sollen, aber deren Bandname erweist sich als schlechtes Omen - sie müssen krankheitsbedingt passen, und statt vier Bands spielen also nur drei. Die primären Anheizer sind also Lost Eternity, und die erledigen diesen Job in ihrem aus sechs Songs plus Intro bestehenden Set auch durchaus achtbar, wenngleich sich das Leipziger Publikum durchaus noch Begeisterungsreserven offenläßt. Das Quintett spielt Power Metal mit einer gewissen Thrashkante, die nicht zuletzt durch die Vocals zustandekommt, da sich der Sänger bisweilen recht herb shoutend artikuliert und dabei eine etwas bessere Figur macht als in manchen Klargesangspassagen. Eine Zukunftsentwicklung für ihn zu prognostizieren erübrigt sich allerdings, denn es ist der letzte Gig mit der Band sowohl für ihn als auch für den (auch etwas angestrengt wirkenden und zudem im Gesamtklang recht leise gedrehten) Rhythmusgitarristen. Die anderen drei Bandmitglieder wollen aber weitermachen, und das ist auch gut so, denn kompositorisch steckt hier offensichtlich doch einiges Potential. Lost Eternity trauen sich darüber hinaus, an Position 3 sogar eine Halbballade zu spielen (in Gestalt von "It All Belongs To Yesterday"), und auch ansonsten zeigen sie sich sehr tempovariabel und streuen immer wieder Doomparts ein, die dem sonst meist speedlastigen Material wie "Immortal" oder "Liberty" durchaus einen gewissen Eigenständigkeitswert verleihen. Nachdem der Soundmensch den anfangs sehr klangdominanten Drummer etwas gedämpft hat, weiß auch das Gesamtklangbild zu überzeugen, bis auf den Fakt, daß auch der Sänger einen Deut zu distanziert abgemischt ist. Aber seinen trockenen Humor bekommt man auch so mit: "Das ist kein Metallica-Cover - leider" lautet seine Ansage vor dem Setcloser "Orion", und überhaupt wirkt die Band angenehm unprätentiös und sympathisch, selbst dann, wenn der Sänger, was er oft tut, in die Knie geht und mit einem Arm hackende Bewegungen ausführt. Übrigens sieht der Leadgitarrist ein wenig aus wie Frank Zander in früheren Jahrzehnten ... Eine Band, deren Entwicklung man im Auge behalten sollte und deren angekündigter EP man durchaus Beachtung schenken sollte, wenn man auf Bands wie beispielsweise Wolfen steht.
Night Demon spielen nicht als Headliner, wie die Plakatgestaltung und die Bandnennungsreihenfolge auf der Bandhaus-Homepage assoziieren, aber in den Augen des Publikums sind sie trotzdem die Sieger des Abends, das sei vorweggenommen. Sie machen allerdings auch von Anfang an keine Gefangenen, eröffnen mit zwei Speedorkanen, darunter als Opener "Screams In The Night", das mancher Anwesender, auch wenn er noch keinen Tonträger der Band besitzt (das Debütalbum "Curse Of The Damned" ist noch nicht sehr lange auf dem Markt, und zuvor war nur eine selbstbetitelte Vier-Track-EP erschienen), vom jüngsten RockHard-Sampler kennen dürfte, und haben damit gewonnen, auch wenn der Setmittelteil überwiegend von Midtemponummern gebildet wird und erst mit "Road Racing" an Position 8 (kein Riot-Cover!) die Schlagzahl wieder nach oben geht. Trotzdem gehen Riot als ein Fixpunkt im Bandsound durch, obwohl Night Demon nur mit einer Gitarre arbeiten und daher ein anderer Vergleich noch näher liegt: Irgendwie fühlt man sich permanent an eine etwas melodischere Variante von Raven erinnert, wobei der Sänger allerdings nicht kreischig agiert wie John Gallagher, sondern eine klare Stimme ins Feld führt und damit ohne Wenn und Aber überzeugt (anhand seiner Optik mit kurzen Haaren und Backenbart hätte man zwar durchaus andere Musik erwartet, aber er paßt trotzdem ins Bild). Beide Saitenspieler toben wild über die Bühne (für ein Trio bietet diese ja auch genügend Platz), und die Symmetrie der Flying Vs ergibt sich aus dem Aspekt, daß der Gitarrist Linkshänder ist. Der Sound ist schön klar, bis auf geringes Vorschmecken der Drums auch ausgewogen und noch in angenehmer Lautstärke gehalten, und das Publikum erweist sich als sehr feierfreudig, erst recht, als das erwähnte "Road Racing" und "Ancient Evil" ein furioses Finale einläuten, bei dem zunächst das Jaguar-Cover "Axe Crazy" für freudige Mienen bei den metallischen Gourmets im Publikum sorgt und die Bandhymne "Night Demon" den regulären Set abschließt, mit dem sich die Leipziger aber nicht zufriedengeben, so daß die Kalifornier noch "Heavy Metal Heat" als Zugabe auspacken. Fein!
Lightningz Edge haben als Leipzig-Bewohner praktisch ein Heimspiel, aber die Besucherzahl dünnt sich trotzdem etwas aus, und es kommen auch keine neuen Personen mehr dazu. Das ist ein wenig schade, denn auch sie liefern einen starken Set ab, der eigentlich jedem Freund melodischen Metals oft hoher Geschwindigkeit wie das berühmte Öl runterlaufen hätte müssen. Okay, einen Literaturnobelpreis wird die Texterfraktion nicht einheimsen, und mancher Refrain wirkt ein klein wenig gestelzt, aber es gibt genügend Beispiele, die Zeugnis vom großen Können der Band ablegen. Tja, und dann ist da ja noch dieser Sänger: kurzhaarig, eher von kleinem Wuchs und mit der großen Spiegelsonnenbrille etwas merkwürdig aussehend - aber stimmlich ein Riese, der auch allerhöchste Passagen wie gleich im Intro des zweiten Songs "Magic Man" spielend meistert und an diesem Abend eine erstklassige Leistung abliefert. Seine Bandkollegen eifern ihm aber nach, und auch die Gitarrenfraktion entpuppt sich als äußerst fähig, obwohl sie nicht mal in der Stammbesetzung agiert, sondern "leihweise" Dirk von Victorious an der zweiten Gitarre zu hören ist. Aber der harmoniert in den zahlreichen Doppelleads prima mit Bandkopf Marcel und ist auch außerhalb dieser Passagen durchaus mit Leads beteiligt - zwei fähige Leute, die Lightningz Edge in dieser Konstellation durchaus nach vorn bringen könnten, sofern Dirk das Engagement bei beiden Bands zu kombinieren vermag. (Die Rhythmusgruppe von Lightningz Edge kennt man übrigens auch von anderen Bands, die allerdings deutlich härtere Klänge fabrizieren.) Das, was an diesem Abend zu hören ist, weiß jedenfalls zu überzeugen, und der Refrain des den Hauptset abschließenden "Warriors" entpuppt sich als Ohrwurm, den das Publikum auch fleißig mitsingt und der dem Rezensenten jetzt auch hartnäckig im Gehörgang sitzt (er überlegt zudem, ob er den schon irgendwo mal gehört hat, aber ihm ist bisher keine Möglichkeit eingefallen, wo das hätte der Fall sein können). Da einige Enthusiasten auch hier nach einer Zugabe verlangen, packt der Fünfer noch "Run To The Hills" aus, das Publikum abermals in einen Chor verwandelnd und einen starken Metalabend auf hohem Niveau abschließend.



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