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Wolfen   30.08.2003   Wintersdorf, Bikertreffen
von rls

Wolfen auf einem Bikertreffen? Ich mußte zweimal hinschauen, als ich des Termins gewahr wurde, und las sicherheitshalber auch nochmal auf der Homepage der Kölner Powerthrasher nach. Doch, kein Zweifel, sie sind es - also nix wie hin, früh in Italien am Urlaubsort der vorausgegangenen zwei Wochen losgefahren und mit der einen oder anderen großzügigeren Auslegung von Geschwindigkeitsbeschränkungen tatsächlich auch noch halbwegs rechtzeitig in Wintersdorf eingetroffen. Während ich das geräumige Gelände betrat und mich in Richtung der ebenfalls recht geräumigen Bühne orientierte, intonierte die Band gerade "Breaking The Law" (anhand der mir von Gitarrist Frank übermittelten Setlist hatte ich damit drei Songs verpaßt: "Wolfen", die Quasi-Bandhymne vom offiziellen Debütalbum "Don't Trust The White", das neue "Hollow Man" sowie "Wolf 359", einen älteren Track vom 98er Demo). Sie hatte es anfangs nicht leicht, das Publikum mitzureißen, denn feister Metal zwischen Power- und Thrash-Klängen ist nun keineswegs typische Musik für Bikerkreise, und auch die anwesenden Dorfbewohner schienen größtenteils eher andere Klänge zu bevorzugen. Doch Wolfen ließen sich nicht entmutigen und spielten sich mit zunehmender Gigdauer in immer mehr anwesende Herzen, so daß man es sich sogar leisten konnte, in den schweren Stampfer "Schwarz" (mit deutschem Text und einer angehörs Bridge und Chorus ganz nützlichen Ansage, daß man damit nicht etwa "irgendwelchen satanistischen Scheiß" verbinde, sondern auf die durch diese Farbe ausgedrückte Nonkonformität, die ja Biker und Metaller gemeinsam haben, hinweisen wolle) einen ausgedehnten Mitsingpart einzubauen. Bezüglich der Setlist fuhr die Kölner Band ebenfalls eine recht kompromißlose Schiene (was auch kein Problem war, denn die Anzahl der Anwesenden, die mit den Tonträgern der Band vertraut war, dürfte äußerst marginal gewesen sein): Neben den oben erwähnten Tracks war gerade mal ein einziger weiterer bisher regulär erhältlich gewesen ("2006", ebenfalls vom "Don't Trust The White"-Album), der Rest stammte vom zwar bereits fertig aufgenommenen, aber noch nicht veröffentlichten Album "Humanity ... Sold Out!" oder war noch gar nicht konserviert worden. Das neue Material verdeutlichte aber, daß man den stilistischen Weg zwischen Power und Thrash Metal konsequent weiterverfolgt hat (eventuell unter leichter Tempozurücknahme, aber das kann täuschen) und nach wie vor irgendwo zwischen Iced Earth und Overkill rangiert, ohne aber eine der beiden Bands zu kopieren. Alle Bandmitglieder bestachen durch große Spielfreude, und speziell Sänger Andreas von Lipinski entwickelte Entertainerqualitäten, die er mittels eines mehrere Meter nach vorne ragenden Bühnenganges direkt ins bzw. vors Publikum tragen konnte. Auf selbigem Gang postierte sich in der zweiten Sethälfte ein ca. zwölfjähriger Nachwuchsfan und verfolgte den Gig von dort aus, wenn er nicht gerade von Andreas während eines der ausgedehnten Gitarrensoli quer über die Bühne getragen wurde. Leichte Verbesserungsmöglichkeiten offenbarte Andreas' Gesang, denn einige der (zweifellos nicht leichten) Übergänge von cleanem Gesang zu herbem Shouting gelangen nicht ganz so wie offenbar geplant. Aber angesichts der hochklassigen Gesamtleistung soll das nicht überbewertet werden.
Dem regulären Set schloß sich noch ein Coverteil an, in dem die Band einige zumeist allgemein bekannte metallische Gassenhauer ins Volk donnerte. Überraschenderweise ging man bei der Auswahl gegenüber der Stilwahl der Eigenkompositionen um einige Jahre zurück: Iced Earth und Overkill fehlten in der Setlist ebenso wie beispielsweise die durchaus passenden (und von Andreas sehr geschätzten) Metal Church. Statt dessen grub man weiteres Material von Priest und eine feine Version von Maidens "Hallowed Be Thy Name" aus. Auch Black Sabbath mußten mit "Sabbath Bloody Sabbath" (in alternativer Textversion) dran glauben - allerdings wußte dieser Song als einziger nicht so richtig zu überzeugen, da die originale Düsternis nicht erreicht wurde und die powermetallische Herangehensweise mit zwei Gitarren für den Song irgendwie zu "dicht" wirkte. Dafür aber schmeckten die servierten "Überraschungseier" in fetten Powerthrashversionen alle ausnahmslos gut: Neil Youngs "Rocking In A Free World" (!), Mötley Crües "Shout At The Devil" (!!) und zum krönenden Abschluß die ultimative Version von Bon Jovis "It's My Life" (!!!). Das Publikum feierte Wolfen mit zunehmender Spieldauer immer mehr ab (okay, nicht das ganze Publikum - dafür war das Gelände auch zu weitläufig), und der Statistiker vermerkt zudem positiv eine Spieldauer von über zwei Stunden. Das anschließende Liveprogramm sparte ich mir allerdings - man will schließlich nach dem Urlaub auch irgendwann mal zu Hause ankommen.



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