www.Crossover-agm.de
Monster Magnet, Church Of Misery   28.01.2014   Leipzig, Werk 2
von rls

Punkt 20.02 Uhr reiht sich der Rezensent in die Schlange vor Halle A des Werks 2 ein, und von drinnen sind bereits Bandklänge zu vernehmen - Church Of Misery haben also offensichtlich pünktlich 20 Uhr angefangen. Was einem da entgegendringt, entpuppt sich beim Näherkommen als merkwürdiges und schwerverdauliches Gebräu, dem phasenweise zwar ein gewisser Reiz nicht abzusprechen ist, das aber zumindest den Rezensenten nicht vom Stuhl zu reißen vermag. Die vier Japaner sind immer dann besonders stark, wenn sie konsequent auf die Doom-Karte setzen und instrumental den frühen Black Sabbath nacheifern (was sie übrigens auch mit einer Adaption diverser Sab-Coverartworks taten). Schwerverdaulich agieren sie dann immer noch, aber das hat Charme und Stil. Problematisch wird's immer dann, wenn Church Of Misery beginnen, psychedelische Elemente einzubauen, andere Siebziger-Bands einzumischen und den Eindruck zu erwecken, sie wüßten nicht so richtig, was sie da eigentlich machen. Dazu kommt dann noch ein meist rauher Leadgesang - und fertig ist ein seltsames Gebräu, das an die weniger guten Momente von Cathedral erinnert (bei Rise Above, dem Label von Ex-Cathedral-Sänger Lee Dorrian, stehen Church Of Misery zufälligerweise auch unter Vertrag). Zählt man noch das wenig originelle, um nicht zu sagen ausgelutschte inhaltliche Konzept, sich mit Massenmördern zu beschäftigen, hinzu, so bleibt unterm Strich nicht viel, was man den Japanern zugute halten kann. Möglicherweise haben sie das schon selber geahnt, denn sie verzichten mit zwei Ausnahmen komplett auf Pausen zwischen den Songs und lassen diese statt dessen ineinander übergehen, und auch in diesen zwei Pausen hält sich das Publikum mit Applaudieren eher zurück, während einige wenige Enthusiasten in der vorderen Publikumshälfte fleißig bangen. Wer in den Frühneunzigern die eher verqueren Bands im Programm von Hellhound Records mochte, der könnte mit Church Of Misery zwar warm werden - aber selbst da gab's deutlich Stärkeres.
Die Strategie, auf Konzerten ein Album komplett durchzuspielen, hat in den letzten Jahren eine ganze Menge Anhänger gefunden. Meist geht es dabei um ein als Klassiker geltendes Album, und auch Monster Magnet haben dieses Vorgehen mit Komplettaufführungen von "Spine Of God" vor wenigen Jahren bereits praktiziert. Freilich kann das auch zu seltsamen Ergebnissen führen, wie der Rezensent nur anderthalb Monate zuvor bei Therion erlebt hat, deren Komplettaufführung von "Vovin" das Jenaer Publikum überraschenderweise weitgehend kaltließ, obwohl sich auch dieses Album generell einer nicht unbeträchtlichen Popularität erfreut. Monster Magnet wählten für die aktuelle Tour allerdings eine noch gewagtere Variante: Das, was sie zur Komplettaufführung brachten, war ihr neues Album "Last Patrol", und dessen Songmaterial scheint zumindest an diesem Abend in Leipzig noch eher wenig bekannt zu sein, wenngleich ein Enthusiast rechts neben dem Rezensenten seiner Begeisterung kaum Herr wird, das Album offensichtlich bereits auswendig kennt und die Lyrics von Anfang bis Ende mitsingt. Er bleibt freilich eine Ausnahmeerscheinung: Klar, das Publikum ist wegen Monster Magnet hier, und es honoriert die Darbietung durchaus, aber die große Begeisterung bleibt im Hauptset trotz des durchaus starken und auch stilistisch nicht jenseits der sieben Berge liegenden Songmaterials aus, was besonders deutlich wird, als Monster Magnet nach dem Ende von "Stay Tuned" von der Bühne gehen, der Applaus relativ schnell erstirbt und auch keine Zugaberufe kommen. Vielleicht hat das Publikum auch nur auf einen zweiten Hauptset im Anschluß spekuliert, aber den bekommt es nicht, sondern "nur" noch vier Zugabesongs hauptsächlich aus der frühen Schaffensperiode. Und da tobt dann plötzlich der Bär in der fast gefüllten Halle, auch wenn Monster Magnet sogar auf "Negasonic Teenage Warhead", ihren damaligen Signatursong, verzichten, auf den vielleicht der eine oder andere Besucher im stillen noch gehofft hatte. Die neue Besetzung mit Bassist Chris Kosnik wirkt gut aufeinander eingespielt, auch wenn der Neue in puncto Bühnenpräsenz noch etwas Zurückhaltung an den Tag legt, und trotz der Aufgabe, drei Gitarren und zudem noch die diversen spacigen Effekte abzumischen, entsteht ein überraschend transparentes Klangbild, das nichts mit den undurchdringlichen Klangwolken manch anderer Spacerocker gemein hat, sondern auf klare Nachvollziehbarkeit der Songstrukturen setzt, auch wenn es im Hintergrund mal wieder blubbert, zischt und kracht. Dazu paßt dann auch die Lichtshow: psychedelische Farbkreise malend, aber den Hörer nicht mit diesen zuschüttend, sondern ihm die Möglichkeit bietend, alles schön nachzuvollziehen. Auch Dave Wyndorfs Gesang erweckt den Eindruck, als sei der gesundheitlich immer etwas gefährdete Frontmann in guter Form. Einige wenige Längen im neuen Material kann allerdings auch er nicht mehr retten, wobei das Gros allerdings funktioniert. "Space Lord" bildet schließlich die umjubelte und im Publikum bis nach hinten begeistert mitgeshoutete finale Zugabe eines anderthalbstündigen und etwas merkwürdigen, aber interessanten Gigs.

Setlist Monster Magnet:
I Live Behind The Clouds
Last Patrol
Three Kingfishers
Paradise
Hallelujah
Mindless Ones
The Duke Of Supernature
End Of Time
Stay Tuned
---
Twin Earth
Look To Your Orb For The Warning
Dopes To Infinity
Space Lord



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver