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Arion   01.09.2013   Sebnitz, Stadtkirche St. Peter und Paul
von rls

Vier Jahre scheinen sich als Tourzyklus des Chores Arion in Sachsen einpegeln zu wollen - einerseits durchaus verständlich, da es jedesmal für alle Beteiligten einen großen Kraftakt darstellt, andererseits schade, da man solche interessanten Ensembles auch gerne öfter hören würde. Zur Erinnerung: Der von Olga Dshanajewa gegründete und noch heute geleitete Chor ist am Kunstlyzeum von Wladikawkas angesiedelt, der Hauptstadt der zu Rußland gehörigen Republik Nordossetien-Alanien am Nordrand des Kaukasus, und besteht aus Schülern sowie Absolventen dieses Kunstlyzeums. In diesem Areal hatte Pfarrer Alfred Mütze jahrzehntelang rußlanddeutsche Kirchgemeinden betreut und auch die Kontakte zum Chor geknüpft, den er mehrmals nach Sachsen holen konnte. Seit 2009 obliegt die Tourorganisation nun dem CVJM Schlesische Oberlausitz, und Alfred Mütze ist aus Altersgründen ein Stück in den Hintergrund getreten - aber natürlich ließ er es sich nicht nehmen, beim Sebnitz-Konzert in der Pause zwischen den beiden Konzertteilen das Wort zu ergreifen und gleichermaßen informativ wie unterhaltsam aus der Chor- und der Regionalgeschichte zu plaudern, und das, obwohl an diesem Tag auch noch sein 82. Geburtstag anstand, was der Chor natürlich wußte und sich mit einem Ständchen sowie einem reizenden Kunstwerk, das einen Ehrenplatz in Alfreds Kaukasus-Privatmuseum bekommt, bedankte.
Der Rezensent hatte den Chor 2005 im Proberaum in Wladikawkas besucht und auch die 2005er und 2009er Touren bei je einem Konzert im Raum Chemnitz miterlebt. Ein solches stand diesmal nicht im Plan, und keines der Konzertdaten paßte so richtig in den Terminkalender, so daß schon zu befürchten war, es würde diesmal gar nicht mit einem Konzertbesuch klappen, aber da der vorausgegangene Termin des Rezensenten an diesem Sonntag schon unplanmäßig früh zu Ende gegangen war, setzte er sich kurzerhand noch ins Auto und erreichte (mit einigen Ignorierungen von Geschwindigkeitsbeschränkungen ...) die Sebnitzer Stadtkirche zumindest noch mit 32minütiger Verspätung, also bei ca. zwei Dritteln der ersten Konzerthälfte, als gerade der Bachsatz "Wer nur den lieben Gott läßt walten" erklang. Diese erste Hälfte bestand in bewährter Weise aus religiösem Liedgut verschiedener Konfessionen, und neben den hierzulande gewohnten Klängen eines Bach oder Schubert fanden sich auch wieder Tschaikowski (dessen orthodoxe Vokalkompositionen im Gegensatz zu seinen Orchesterschaffen hierzulande ja kaum populär sind) oder Gesänge aus der ossetischen Heimat der Chormitglieder. Bezüglich der Chorqualität kann die Einschätzung von 2009 beinahe unverändert übernommen werden: In der Massebehandlung (und natürlich in Komponenten wie der Aussprache) tun sich noch Steigerungsmöglichkeiten auf, aber viele Einzelleistungen wissen durchaus zu überzeugen, und auch die Chorwirkungen hinterließen oftmals schon einen beachtlichen Eindruck, wenn es etwa an ätherischere Gestaltungen ging.
Zum zweiten Teil erschienen die Sänger in heimatlicher Tracht und widmeten sich vor allem dem Volksliedschaffen ihrer ossetischen Heimat, streuten allerdings auch beispielsweise das schwedische Volkslied "Värmlandsvisan" ein und scheuten nicht vor "Himmel und Erde werden vergehn" zurück. An zentraler Stelle standen allerdings wie schon 2009 wieder die ossetischen Hochzeitslieder mit "Schau kark" ("Das schwarze Huhn") als Fokus. Bezüglich der Tanznummern hielt man sich diesmal allerdings zurück - sie nahmen nur einen geringen Platz im Set ein, aber ganz ohne dieselben ging es natürlich auch nicht, zumal dann nicht, wenn sich "Chonga" im Set befindet, das die Funktion einer Aufforderung zum Tanz ausübt. Der Chor war diesmal übrigens etwas ausgeglichener besetzt, was die Geschlechterverteilung angeht (man erinnere sich an 2005: 30 Frauen- gegen vier Männerstimmen), und die Herren zogen sich auch stimmlich mehr als achtbar aus der Affäre. Nicht im Programm abgedruckt, aber schon traditionell in der zweiten Sethälfte versteckt war auch wieder "Es tönen die Lieder" in Kanonform, das beim Publikum ebensogut ankam wie das den meisten eher unbekannte ossetische Liedgut. So wirkt der Chor auch als Kulturbotschafter seiner Heimat und gewährt Einblicke in eine Welt, die hierzulande medial im Regelfall nur dann beleuchtet wird, wenn wieder mal ein Anschlag oder eine Katastrophe vorgekommen sind. www.cvjm-schlesien.de informiert über etwaige nächste Touren.



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