www.Crossover-agm.de
Lift   11.08.2012   Leipzig, Markt
von rls

Hatte anno 2011 die Stern-Combo Meißen als Samstags-Headliner der Clasic Open auf dem Leipziger Markt gespielt, so erschien es nur logisch, für die gleiche Position anno 2012 die zweite Band des Sachsendreiers zu verpflichten, nämlich Lift. Nun war es allerdings im letzten Jahr zu umfangreichen Verzögerungen im Zeitplan gekommen (man lese bei Interesse das Review noch einmal nach), und daraufhin hatte Veranstalter Peter Degner offensichtlich von Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal eins auf den Deckel bekommen (vor allem für seine freche Ansage, man könne beruhigt überziehen, denn der Ordnungsbürgermeister sei ja selber anwesend). Ergo bemüht man sich anno 2012 um einen reibungslosen Ablauf, was offensichtlich auch gut klappt, denn als der Rezensent um 21.40 Uhr auf dem Markt eintrifft, also zehn Minuten nach der geplanten Anstoßzeit, sind Lift schon im vollen Gange, ergo scheinen sie tatsächlich relativ pünktlich (oder gar überpünktlich?) angefangen zu haben. Nun waren Lift mit ihrem grundsätzlich eher balladesken Ansatz (der sich nicht zuletzt in ihrer Homepage-URL www.lift-rockballaden.de widerspiegelt) schon immer die "zugänglichste", aber auch zurückhaltendste Band des Sachsendreiers, und das wird auch an diesem Abend mehr als deutlich: Lift treten zwar nicht mit ihrem beliebten Akustikprogramm auf, das noch weiter heruntergefahrene Klänge bietet, sondern mit dem regulären Set, aber auch diesem wohnt schon ein grundsätzlicher Dezentheitsfaktor inne. Der wird an diesem Abend noch durch die Soundverhältnisse verstärkt. Sicher, Open-Air-Beschallung ist immer eine schwierige Sache, aber daß man trotzdem zumindest halbwegs zufriedenstellende Ergebnisse auf dem allseits von Gebäuden umstandenen Leipziger Markt erzielen kann, war ein Jahr zuvor unter Beweis gestellt worden. An diesem Abend dagegen kommen watteweiche Klänge aus den Boxen, und zudem sind vor allem Werther Lohses Vocals derart weit in den Hintergrund gemischt, daß man sich oftmals sehr anstrengen muß, um zu verstehen, was er dem Hörer mitteilen möchte, was man in den Momenten bereut, wo er urplötzlich für wenige Sekunden sehr laut zu vernehmen ist, was einem einen Schreck fürs Leben zu bescheren in der Lage ist. Keine Ahnung, woran diese merkwürdigen Schwankungen, die sich bisweilen auch in Instrumentalpassagen finden, gelegen haben - eine Vom-Winde-Verwehung kann's eigentlich nicht gewesen sein, da nahezu keine Luftbewegung herrscht. Andere Problemfälle wiederum sind von der Soundfraktion hausgemacht: Eine geschlagene halbe Minute braucht diese, um den Baß von Jens Brüssow nach dem Drumsolo von Peter Michailow (auch hier: mehr Gestreichel hörbar als vom Drummer eigentlich beabsichtigt, und selbst das Abschlußgewitter, das der Lichtmensch mit intensiver Blitzarbeit inszeniert, gerät akustisch nur zum fernen Donnergrollen) für die gemeinsame Solofortsetzung hörbar zu machen. Gut zu vernehmen sind indes Yvonne Fechners Geige und die mal von ihr, mal von Lohse bedienten, insgesamt aber recht sparsam eingesetzten Keyboards. Sparsamkeit ist übrigens ein gutes Stichwort: Fechner arbeitet keineswegs omnipräsent, auch Gitarrist Bodo Kommnick agiert oft zurückhaltend (und wird vom Streichelsound noch zusätzlich ausgebremst), und so wirken manche Kompositionen vor allem in der ersten Sethälfte beinahe zu reduziert, fast leer, wie auf dem Weg zur Akustikfassung, aber auf dem halben Weg abgestorben. Das ist schade - zwar erwartet man von Lift nicht unbedingt Bombasttürme (obwohl der Gig zeigt, daß sie dieses Stilmittel durchaus auch sinnvoll einsetzen können), aber mehr ist eben manchmal doch mehr, wie die Leipziger Metaller Nitrolyt weiland verkündeten. Zu all dem kommt noch ein weiteres Problem: Werther Lohses Stimme hört man ihre 62 Jahre mittlerweile doch an - er muß um einige höhere Passagen hörbar kämpfen, und generell hinterläßt die Stimme phasenweise einen recht brüchigen Eindruck, wobei letzterer auch durch die erwähnten, bisweilen sehr kleinteiligen Soundschwankungen entstanden sein könnte. Bei den Ansagen jedenfalls ist das Mikro so leise eingestellt, daß man kaum etwas versteht, zumindest von den Standplätzen des Rezensenten aus nicht (er versucht drei unterschiedliche Orte an der Ostseite des Marktplatzes und bleibt schließlich am noch günstigsten in der Nähe des Turmes des Alten Rathauses). So fällt eine Gesamtbewertung angesichts der Rahmenbedingungen äußerst schwer, zumal das bei freiem Eintritt auf den Marktplatz geströmte Publikum sich zu einem guten Teil auch herzlich wenig für die Band, sondern mehr für Essen, Trinken und Kommunizieren interessiert, was einem die Stimmung des hochgradig eskapistischen "Mein Herz soll ein Wasser sein" (als Triogesang Lohse/Kommnick/Fechner inszeniert) natürlich nicht eben nahebringen hilft. Die allgemeine Laune ist trotzdem gut, auch wenn die ganz große Begeisterung dann doch erst bei "Am Abend mancher Tage" aufkommt und skurrile Blüten in der Vierergruppe hinter dem Rezensenten treibt, nachdem sich einer geoutet hatte, den Song trotz musikalischer Sozialisation im DDR-Teil des Vogtlandes nicht zu kennen, woraufhin eine spitze Frauenstimme einwirft: "Also, 'Am Ende meiner Tage', das muß man doch kennen!!" Überraschend früh verschwindet das Quintett dann von der Bühne, um noch für einen kurzen Zugabenteil (natürlich inclusive des wunderbaren "Sommernacht") zurückzukehren, bevor nach nur 75 Minuten (falls das Konzert pünktlich 21.30 Uhr angefangen haben sollte), von denen zudem noch etliche für das ausgedehnte Schlagzeug- bzw. Schlagzeug-Baß-Solo draufgegangen sind, Schicht im Schacht ist - ein kurioser Gegensatz zur Stern-Combo Meißen ein Jahr zuvor, die akute Mühe hatte, ihren Set aufgrund der nicht von ihr verschuldeten Verspätung auf anderthalb Stunden zusammenzustreichen. Rein quantitativ betrachtet gibt's also nicht eben viel Stoff, und über dessen Qualität fällt es umständehalber wie beschrieben schwer, sich ein Urteil zu bilden.



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver