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Amon Amarth, Purgatory   05.08.2012   Chemnitz, Südbahnhof
von rls

Wie groß Amon Amarth mittlerweile geworden sind, ist schon beeindruckend, wenngleich nicht wirklich erstaunlich: Sie arbeiten hart und kontinuierlich, spielen seit 1998 in identischer Besetzung, touren fleißig in allen Ecken der Welt, veröffentlichen auf einem schlagkräftigen Label regelmäßig gutklassige Alben ohne stilistische Überraschungen, sondern lediglich mit marginalen Veränderungen im Sinne von Verfeinerungen, und sind durch ihre melodischen Gitarren und die nachvollziehbaren Rhythmen trotz nicht wegzudiskutierender Grundhärte auch für Hörer interessant, die sonst einen Bogen um Death Metal zu machen pflegen. 20 Jahre musizieren die Schweden nun schon unter dem Tolkien-Namen (vorher polterte man bereits geraume Zeit unter dem Banner Scum), und sie nehmen das zum Anlaß, um die Sommerfestivals herum einige Jubiläumsshows mit einem speziellen Programm zu spielen. Eine davon findet im Südbahnhof zu Chemnitz statt, und der Veranstaltungsort dürfte kein Zufall sein: Nicht allzuweit entfernt von Chemnitz steht der Proberaum der alteingesessenen Death-Metaller Purgatory, mit denen Amon Amarth vor vielen Jahren, nämlich anno 1997, ihre ersten Deutschland-Gigs spielten. Daß die Schweden in kumpelhafter Manier das nicht vergessen haben, sondern immer noch Kontakt mit Purgatory halten, auch wenn jene weiter im tiefsten Underground herumkrebsen, während sie selber auf der metallischen Erfolgsleiter viel weiter oben stehen, stellt ihnen ein gutes Zeugnis aus, und so dürfen Purgatory auch als Special Guest dieses Gigs musizieren, wenngleich nur für zwei Songs, und diese kommen auch nicht etwa in Supportmanier am Beginn des Konzertabends, sondern in der Setmitte zum Zuge, zudem ohne Umbaupause, also mit dem Equipment des Headliners. Dreier und seine Kumpane nutzen die Chance eines so großen Publikums jedenfalls dankbar aus und legen eine starke Energieleistung auf die Bretter, womit sie zumindest von einem Teil des Publikums auch gefeiert werden, während ein anderer Teil den ausverkauften, heißen und stickigen Südbahnhof verläßt, um draußen eine Raucherpause einzulegen.
Aber das Hauptinteresse gilt natürlich Amon Amarth, und die werden von den begeisterten Anwesenden schon in der ersten Songpause nach "Masters Of War" mit Sprechchören und rhythmischem Klatschen gefeiert - ein Stimmungspegel, der bis zum Konzertende nicht wesentlich absinken soll, obwohl sich irgendwann zumindest geringe Ermüdungserscheinungen zeigen - es ist wie erwähnt sehr heiß, und sich durch die Menge zu zwängen, um dann auch noch längere Zeit an den restlos überforderten Getränkeständen zu verbringen, nehmen die meisten Anwesenden gar nicht erst auf sich. Amon Amarth danken den Anwesenden mit einer speziellen Setlist, die nicht nur durch ihre Länge überzeugt, sondern auch durch das Ausgraben etlicher Schmankerl aus der Frühzeit des Bandschaffens. So kommt gleich an Position 6 "Sorrow Throughout The Nine Worlds" zum Zuge, der Titeltrack der ersten Mini-CD, die weiland bei Pulverised Records aus Singapur (!) erschien, bevor die Band schließlich bei Metal Blade landete. Aber das ist noch nicht das älteste Material im Set - mit "The Arrival Of The Fimbul Winter" spielt das Quintett auch noch den Titeltrack seines zweiten Demos, dessen Gitarrenarbeit man die Verwandtschaft zum typisch schwedischen melodischen Black Metal Marke Dissection noch deutlich anhört, während dieses Stilmittel später nur noch peripher eingesetzt wurde. Aber selbst damit ist es noch nicht genug mit der Archäologie: "Thor Arise" wird auch noch ausgebuddelt, und das ist der Titeltrack des ersten, aufgrund seiner schlechten Klangqualität damals unveröffentlicht gebliebenen Demos, der allerdings später nochmal neu eingespielt wurde. Neben diesen Ausgrabungen kommen auch solche jüngeren Datums zum Zuge: An das rhythmisch eher komplexe "Prediction Of Warfare" vom 2006er Album "With Oden On Our Side" haben sich die Schweden bisher noch nicht herangewagt - nun feiert das Stück im Rahmen dieser Jubiläumsgigs also seine Livepremiere und stellt eine willkommene Bereicherung dar, vor allem weil Drummer Fredrik Andersson hier mal von seinen beiden gängigen und nur minimal variierten Rhythmusschemata abweicht. Ansonsten gibt es natürlich auch ein Best-Of-Programm zu hören, wobei Johan Hegg, der mittlerweile optisch etwas an Paul Speckmann erinnert, den Mini-Hit "Victorious March", soweit man ihn verstehen kann, in Englisch singt und nicht wie Eric Adams vor 14 Jahren an gleicher Stelle eine Mischfassung Marke "Herz Aus Stahl/Heart Of Steel" herstellt (mit dem damaligen Manowar-Gig an gleicher Stelle ist auch das Hallenklima zu vergleichen, wenngleich 1998 noch geraucht werden durfte und die Luftqualität daher noch schlechter war, während sich bis auf einige Unverbesserliche und Pseudorebellen das Gros des 2012er Publikums ans Rauchverbot hält). Prinzipiell sind die Vocals ebenso wie die Leadgitarren und die Drums im druckvollen, aber nicht überlauten Klanggewand auch gut auszumachen, wohingegen besonders den Rhythmusgitarren eine schärfere Abmischung zu wünschen gewesen wäre. So versinkt einiges aus dem dort verankerten melodischen Element im Nirwana, was schade ist. Der allgemeinen Feierlaune tut das allerdings keinen Abbruch, zumal Hegg sich in seinen Ansagen als Sympathikus erweist, der sich nicht ganz auf die gängigen Anfeuerungsfloskeln beschränkt (wie auch in seiner Dankesrede an Purgatory deutlich wird), so daß es auch nicht stört, daß der Bandrest, vom gelegentlichen Haareschütteln abgesehen, wenig für den Zusatznutzen der Liveshow tut. Nur das Setende hätte man etwas intelligenter gestalten können: "Guardians Of Asgaard" war offensichtlich als Zugabe geplant gewesen, aber die Band bleibt nach "Death In Fire" auf der Bühne und geht erst nach "Guardians Of Asgaard" von derselben, was manchen zu der Annahme bewegt haben mag, die Rockstars hätten es nicht notwendig, eine Zugabe zu spielen. Dieser Eindruck ist in der Lage, den sehr positiven des Konzertes in der Einzelwahrnehmung zu trüben, was nicht notwendig gewesen wäre. In der Gesamtbetrachtung ist diese Show nämlich durchaus als denkwürdiges Ereignis zu werten, die einen Meilenstein in der Entwicklung der Band darstellt und hoffentlich an irgendeinem Ort professionell mitgeschnitten worden ist.

Setlist Amon Amarth:
War Of The Gods
Masters Of War
Destroyer Of The Universe
Friends Of The Suncross
Hermod's Ride To Hel - Lokes Treachery, Part 1
Sorrow Throughout The Nine Worlds
The Fate Of Norns
Thor Arise
Where Silent Gods Stand Guard
For Victory Or Death
Victorious March
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Purgatory-Set
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Twilight Of The Thunder God
The Last With Pagan Blood
Varyags Of Miklagaard
The Arrival Of The Fimbul Winter
The Hero
Live For The Kill
Prediction Of Warfare
The Pursuit Of Vikings
Runes To My Memory
Cry Of The Black Birds
Death In Fire
Guardians Of Asgaard



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