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Lynyrd Skynyrd, The Brew   06.06.2012   Leipzig, Parkbühne
von rls

19.30 Uhr ist als Konzertbeginn ausgewiesen - eine frühe Zeit, aber erklärlich, weil um 22 Uhr wegen der Anwohner im benachbarten Musikviertel Schicht im Parkbühnenschacht sein muß. 19.26 Uhr stellt der Rezensent sein Auto in ebenjenem Musikviertel in Hörweite der Bühne ab und vernimmt aus Richtung der Bühne bereits Musik - aha, der Support hat also etwas früher angefangen. Im Gegensatz zur Hallentour 2010, als vorher so gut wie niemand wußte, daß Lake als Support spielen würden, waren The Brew diesmal regulär angekündigt worden, und die Iren haben einerseits offenbar schon eine Handvoll Fans mit dabei, verlassen die Bühne um kurz vor 20 Uhr aber auch mit ein paar neuen im Gepäck. Daß sich das Trio traut, als Support mit entsprechend beschränkter Spielzeit auch mal einen mit Jameinlagen zum Zehnminüter ausgebauten Track oder gar ein Drumsolo zu spielen, nötigt dem Publikum offensichtlich Respekt ab, und generell paßt die Band mit ihrem siebzigerlastigen Hardrock natürlich auch bestens vor ein tendenziell eher rückwärtsgewandtes Publikum wie das an diesem Abend, dem es auch nichts ausmacht, daß The Brew nun eben gerade keinen Southern Rock spielen - gerade das sorgt sozusagen für eine gewisse Geschmacksvielfalt. Alle drei Bandmitglieder sind an den Vocals beteiligt, der hauptsächlich singende Gitarrist sieht aus, wie man sich als Klischeebild einen Iren vorstellt, und erinnert mit seinem Wuschelkopf auch an längst vergangene Zeiten, während die beiden anderen Bandmitglieder rein optisch durchaus auch in eine "modernere" Band passen würden. Bei klarem und nicht zu lautem Sound ist das, was uns The Brew mitteilen wollen, auch klar und deutlich zu vernehmen, und nur an wenigen Stellen ahnt man, daß just in diesem Moment in der Studiofassung wohl noch eine Rhythmusgitarre hinzugefügt worden sein könnte, die man live logischerweise vermißt. Aber vor dem Problem hat so gut wie jede Siebziger-Rockband gestanden (die wenigsten von ihnen verfügten über zwei Gitarristen), und den generellen Unterhaltungswert des weit mehr als nur freundlich beklatschten Gigs schmälert das natürlich nicht.
In der Umbaupause säubert ein Facility Manager die Bühne mit einem Staubsauger, was die hinter dem Rezensenten stehenden Mitglieder einer hiesigen Undergroundband zu Lachstürmen veranlaßt und sie Pläne schmieden läßt, ein solches Gerät an vorderster Stelle in ihren Technikrider aufzunehmen. Auch die kuriose Ansage, das Konzert beginne jetzt gleich, und das Publikum solle daher die Sitzplätze aufsuchen, fehlt natürlich nicht, und irgendwann beginnt das Konzert dann - nicht mit dem neuen "Skynyrd Nation" wie reichlich zwei Jahre zuvor auf der "God & Guns"-Tour, sondern mit dem damals nicht gespielten Klassiker "Workin' For MCA", neben Gitarrist Mark Matejka auch Keyboarder Peter Keys (sic!) Gelegenheit zum ausgiebigen Solieren bietend, bevor der Soundmensch geruht, die Tasteninstrumente für den Rest der ersten Sethälfte ins klangliche Abseits zu stellen. Überhaupt mutet die neu zusammengestellte Reihenfolge der ersten Hälfte etwas merkwürdig an: Zu viele Songs mit prinzipiell ähnlichem Grundbeat werden aneinandergereiht und auch leider nur mit mäßigem Enthusiasmus dargeboten - das ändert sich erst mit dem coolen "Saturday Night Special" und dem epischen "Simple Man", wenngleich der Eskapismusfaktor des letztgenannten diesmal nicht ganz so hoch ausfällt wie auf der 2010er Tour, aber immer noch für zentimeterdicke Gänsehaut gut ist. Von den Songs der neuen Scheibe bleibt nur "Skynyrd Nation" im Set, die beiden anderen fliegen raus, wofür u.a. das genannte "Workin' For MCA" in den Ablauf zurückkehrt - einen akustischen Blick in das im August 2012 erscheinende neue Studioalbum "Last Of A Dyin' Breed" gewährt das amerikanische Nonett aber noch nicht, obwohl das eigentlich eine prima Gelegenheit gewesen wäre, das neue Material auf seine Livetauglichkeit zu prüfen. Macht aber nichts - die Qualität der zweiten Sethälfte stimmt auch so, zumal man den zylindertragenden Keyboarder jetzt endlich auch wieder häufiger hört, was freilich auf die beiden Backgroundsängerinnen nach wie vor nur in begrenztem Maße zutrifft (scheint so eine Art Running Gag bei der Band zu sein). Dafür präsentieren sich die drei Gitarristen in blendender Spiellaune, und auch Johnny van Zant ist bestens bei Stimme und findet sogar die richtige Dosierung bei der Publikumsanimation - er ist aktiv, aber nicht penetrant, und er wird vom Publikum immer wieder mit reichlich Applaus und guter Stimmung belohnt, zumal sich die nachmittäglichen Regenschauer verzogen haben und seit Konzertbeginn angenehmes Frühlingsabendwetter herrscht. Für den größten Gänsehautfaktor sorgt an diesem Abend allerdings nicht "Simple Man", sondern das JJ-Cale-Cover "Call Me The Breeze", das dem Hörer einen Schauer nach dem anderen über den Rücken schickt. Zumindest auf den Rezensenten wirkt das überstrapazierte "Sweet Home Alabama" danach wie eine gesunde Erdung, der übergroße Rest des Publikums aber feiert den Song natürlich ab, weil man froh ist, ihn mal von den Originalen geboten zu bekommen. Die Zugabe besteht in traditioneller Weise aus "Free Bird", das sich sowohl von der Lautstärke als auch generell vom Spielfaktor her an diesem Abend in einen wahren Klangrausch steigert, nach dem eigentlich nichts mehr kommen kann und folglich auch nichts mehr kommt. So endet ein Konzert mit einer merkwürdigen Dreiteilung - ein starker Support, ein mäßiger Start des Headliners und ein furioses Finale desselben.

Setlist Lynyrd Skynyrd
Workin' For MCA
I Ain't The One
Skynyrd Nation
What's Your Name
Down South Jukin'
That Smell
I Know A Little
Saturday Night Special
Simple Man
Gimme Back My Bullets
Whiskey Rock-A-Roller
The Needle And The Spoon
Tuesday's Gone
Gimme Three Steps
Call Me The Breeze
Sweet Home Alabama
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Free Bird



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