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Shinedown, Halestorm, Liberty Lies   02.02.2012   Berlin, Kesselhaus
von js

Das Kesselhaus ist eine sehr treffende Location für Konzerte mit einer sehr hohen Bühne. Daher spricht man hier von einer besucherfreundlichen Raumgestaltung und das Fabrikgebäude fügt sich in das Image.

Liberty Lies  Liberty Lies

Liberty Lies mit Josephine
Liberty Lies, bestehend aus Shaun Richards, Josh Pritchett, Adam Stevens, Matt Nickless und Adam Howell, erzeugen besten Hard-Rock und konnten bereits bei mehrfachen Bandwettbewerben in ihrer Heimat in UK punkten. Die Newcomer haben mit "New Addiction" (2010) ihre erste EP aufgenommen und uns 2011 die Single "Confessions Of An Effigy" um die Ohren geschmissen. Magnum und Towers of London sind bekannte Größen, mit denen sie sich Bühnen teilten. Kommen wir nun zum eigentlichen Auftritt. Vor diesem wurde noch einmal kurz am Schlüpfer gezupft, damit auch alles sitzt, wo es sitzen soll. Wir haben es hier mit einer sehr jungen Band zu tun. Am Anfang war die Akustik ziemlich leise. Teilweise übertönten die Instrumente den Gesang. Im Großen und Ganzen war der Sound jedoch sehr gut abgestimmt und der Gesang gut verständlich. Daher geht ein Lob an die hiesige, hausinterne Tontechnik. Die zarten Hard Rock-Gemüter dürften sich hier heimisch fühlen, da große Sympathie zum Ausdruck gebracht wurde. Der Sänger überzeugte vor allem mit seiner überaus rauchigen Stimme, obwohl er auf der Bühne anfänglich etwas unbeholfen wirkte. Die eingesetzten Growl-Parts sind noch etwas verbesserungswürdig, da sie qualitativ mit dem Cleargesang noch nicht ausreichend kombinierbar sind. Man sieht es allerdings immer wieder an jungem Frischfleisch: Die Musiker sind - wie der Gitarrist ausführlich zur Schau stellte - noch derart übereifrig, sie fiebern auf der Bühne mit, versuchten das Auditorium zu animieren und zu motivieren. Der Bassist übertrieb es jedoch ein klein wenig mit der Mimik. Der Sänger schaffte es zumindest, die Menge für ein paar Luftsprünge zu begeistern. Sie arbeiteten mit ungewöhnlich viel rotem Licht, sodass man bei den ersten drei Songs kaum gute Schnappschüsse zu Stande bekam. Als die zeitliche Frist der Fotografenabgelaufen war, kann man auf einmal ein anderes Lichtkonzept einsetzen, natürlich kein Problem. Die beiden Gitarristen überzeugten mit ihren schrägen Riffs und agierten sehr gut innerhalb der Band miteinander. Es kam unvermeidlicherweise auf der Bühne trotzdem ab und an zu kleinen Behinderungen zwischen den Bandmitgliedern. Das große Kompliment erhalten sie jedoch dafür, dass sie nicht ununterbrochen auf ihre Instrumente starren, um sich bloß nicht zu verspielen, was vielen Zuschauern beim Konzert wahrscheinlich sowieso nicht auffallen würde. Daran erkennt man ihre Professionalität in ihrer Spielsicherheit. Für ihren Humor können sie weiterhin Pluspunkte kassieren. Zwischendurch folgte ein längerer Jubelschrei der weiblichen Fans für Halestorm, die sehnlichst erwartet wurden. Beim letzten Song wurde die Technik noch mal auf ein Maximum aufgedreht. Nach Zuschauerumfragen harmoniert die Stimme des Sängers mit der vom Sänger von Black Stone Cherry. Nach dem Konzert erwiesen sie den neu erworbenen und bereits existierenden Fans eine elegante Freude und verteilten persönlich gewidmete Autogramme. Jeder erhielt die Möglichkeit, ein Foto mit ausschweifenden, lächelnden Hard Rock-Performern mit nach Hause zu nehmen (siehe oben). Man kann in Bezug auf Liberty Lies von einem ungeschliffenen Diamanten sprechen.

Halestorm  Halestorm

Halestorm  Halestorm
Bei Halestorm fiel zuerst das rosa glitzernde Schlagzeug ins Auge des Betrachters. Hierbei hatten die Techniker ewig Probleme beim Soundcheck. Das hat alles ersichtlich hinausgezögert. Der Schlagzeuger Arejay, der ein weiteres Schmuckstück der Band neben Lzzy Hale ist, trug eine Totenkopfmaske. Der Auftritt begann leicht kläglich, da Miss Hale kaum zu hören war. Dafür überzeugte sie mit ihrem Bühnenoutfit á la 80er als eine bunte Mischung der Bundy-Frauen: die Haare feurig rot und die Gesichtszüge eher a la Peggy Bundy, das Outfit sowie der astreine Körper Kelly zuzuordnen. Nach anfänglichen Problemen drehte Madame richtig auf. Rock im Blut durchströmt sie durch und durch. Aber neben dem Strapse tragenden Sternchen am Gesang müssen die anderen Mitglieder noch an ihrem Bühnenoutfit arbeiten, es sei denn, es ist gewollt, dass das Sternchen auch weiterhin unbehelligt glänzen kann. Aber dafür, dass der Soundcheck fast den Auftritt in Grund und Boden verlagert hat und die Leute schon fast am Grölen waren, gelang der Auftritt mit Bravour. Diese Band ist schließlich auch kein unbeschriebenes Blatt am Konzerthimmel - immerhin teilten sie die Bühnenbrettchen schon mit Größen wie Theory Of A Dead Man, Papa Roach und Disturbed vor einigen Jahren. Ebenfalls waren sie bereits zu Gast bei Rock Am Ring. Zwischendurch folgte eine Gesangseinlage in Form eines Solos, das das Vorstellungsvermögen über weibliche Stimmen neu zu definieren vermochte. Lzzy hat ein Stimmvolumen, dass einem schon die Gänsehaut auf der Gänsehaut hervorsticht. Diese melodische Ikone wird es noch weit bringen. Daraufhin hat auch der Drummer sein bestes Stück präsentiert und wieder einmal gezeigt, dass sich jahrelange Übung bezahlt macht. Virtuosen am Schlagzeug erfreuen sich immer größter Beliebtheit und das wird bei diesem jungen Mann auch immer anhalten. Er arbeitete sich systematisch vor, erst beanspruchte er das Schlagzeug mit seinen Sticks, dann waren diese passé. Es schloss sich die gute alte Blechscheibe, das Becken, an und ersetzte die Sticks und last but not least waren seine Hände die wahren magischen Drummer des Abends. Das hat schon etwas von einem artistischen Niveau.

Shinedown  Shinedown

Shinedown  Shinedown

Shinedown  Shinedown
Shinedown polarisierten das Publikum. Die Stimmung im Saal war fast statisch aufgeladen und man hatte das Gefühl in einer Glasflasche eingesperrt und ein Teil von etwas sehr Großem zu sein. Mehr als 8 Millionen verkaufte Tonträger der Musiker bestätigen das. Shinedown stehen international für grandiosen Live-Rock und einen unvergleichlichen Sound. Die Band hat es geschafft, dem guten alten Grunge durch vielfältige Elemente wie Hard Rock, Metal, Southern Rock und Pop neue Aussagefähigkeit zu verleihen. Daher keine Überraschung, dass sie im Kesselhaus mit beinahe elektrisierendem Selbstbewusstsein loslegten. Sänger Brent Smith war in gesanglicher Höchstform. Die Akustik, die Stimmung der Mitglieder, das Publikum, einfach alles hat gestimmt. Der Song "Sound Of Madness" eröffnete das Konzert. Schlagzeuger Barry Kerch flogen seine Dreadlocks um die Ohren, als Shinedown mit "Enemies" gleich danach einen Vorgeschmack von ihrem aktuellen Studiowerk auf die Bühne brachten. Auch bei "If You Only Knew", dem eigens für Sylvester Stallones Action-Film "The Expendables" geschriebenen Song "Diamond Eyes" und dem Lynyrd-Skynyrd-Cover "Simple Man" als Akustikversion tobte die Menge in der prall gefüllten Konzerthalle und die Münder standen sperrangelweit offen, so begeistert war das Publikum. Bei derartigen Konzerten bereut man fast, kein gebürtiger Amerikaner zu sein, weil hierzulande eine gemeinsame Tour von Shinedown und Art Of Dying noch auf sich warten lassen dürfte - insofern sie überhaupt ihr prachtvolles Hinterteil hierher schieben werden. Dafür kann man sich mit dem neuen Album "Amaryllis" trösten und mit voller Spannung auf das nächste Konzert warten. Denn hier lohnt sich jeder Cent!

Fotos: Peter Frommann



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