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Maps & Atlases, Stuzzicadenti   14.02.2010   Leipzig, UT Connewitz
von kk

Dass die Bands an einem Konzertabend zuweilen so unterschiedlich sind, dass man sich fragt, was den Booker bei der Wahl des Supports geritten hat, ist nicht unbedingt neu. Es ist jedoch immer wieder schön festzustellen, in welcher Hinsicht sich die Bands am meisten voneinander unterscheiden. Beim Maps & Atlases-Konzert im UT Connewitz ist es die Haltung gegenüber dem Publikum.
Das experimentelle Duo Stuzzicadenti nämlich, das den Abend eröffnet, scheint mit seiner Anti-Musik gar nicht gefallen zu wollen. Der Auftritt wirkt vielmehr wie eine öffentliche Probe als wie ein Konzert, und so, nur für sich spielend, stückeln die jungen Männer, ohne dass sich ein dahinterstehendes Prinzip offenbart, tausend Mal gehörte Phrasen der Rockmusik zusammen. Dazu kann man hier und da wohlwollend nicken, würden die beiden das Patchwork nicht regelmäßig mit seinem Geschrei zerhacken. Anscheinend ist sich das Duo nicht sicher, ob seine Stimmen lustlos, blöd oder doch lieber irre klingen sollten, und entscheidet sich deshalb für alle drei Optionen. DŸSE in schlecht. Wenn hier kein Dadaismus im Spiel ist, stellt sich die Frage, ob Stuzzicadenti ihre Musik ernst meinen: Niemand ist wirklich so mies. Falls Dadaismus, warum dann die auf Gefälligkeit gebürsteten Passagen zum Abrocken? Stuzzicadenti sind entweder inkonsequent oder schreiben ihre Songs mit einer Liste möglicher Stilmittel und einem Würfel.

Maps & Atlases
Die Amerikaner Maps & Atlases stellen sich ihrem Publikum wohlwollend gegenüber, biedern sich zwar nicht an, freuen sich aber, dass die Anwesenden die Lieder zwischen Math Pop und Folk Rock positiv aufnehmen - obwohl diese das Phänomen "Tool" aufweisen: Ähnlich wie bei der Progressive Metal-Band könnte man sich das Konzert vier Mal anhören und jedes Mal auf ein anderes Instrument achten. Bei der Virtuosität und Vielfalt, die sich hinter den Maps & Atlases-Werken versteckt, ist es teilweise unmöglich, alle Aspekte zu erfassen. Komplex heißt aber bei den vier Amerikanern eben nicht verkopft: Möchte man sich auf die Details konzentrieren, kann man das machen. Es ist jedoch genauso gut möglich, sich einfach fallen zu lassen, die Lieder, wie ein Bild, von Weitem zu betrachten und etwas Übergeordnetes zu erkennen. Auf dieser Ebene nuschelt auch Dave Davison in seinen Bart und klingt, so nasal, wie er singt, noch kauziger als auf dem aktuellen Album "Perch Patchwork". Dass er sich mit dieser Gesangstechnik relativ zielsicher durch die Lieder bewegt, ist ein Wunder. Alle Töne trifft er dabei nicht, aber den Großteil, so wie ein Alkoholiker nach dem zehnten Bier nach Hause wankt, im Grunde gerade gehen kann, aber doch ab und an ein Schritt danebengeht. Das macht Maps & Atlases so hörenswert: Sie spielen Folk mit Liebe zur Komplexität, klingen aber wegen Davison nie zweimal gleich und, verglichen mit anderen Bands, einzigartig. Wer nach der intimen Akustiksession nach dem Konzert - vor der Bühne - noch immer keinen Draht zu Maps & Atlases gefunden hat, wird ihn auch nicht mehr finden.

Links
www.myspace.com/stuzzicadenti
www.mapsandatlases.org
www.myspace.com/mapsandatlases



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