www.Crossover-agm.de
Party.San Open Air 2009   06.-08.08.2009   Bad Berka
von ta

Vorrede

Das Übliche: Tollstes Festival der Welt, tolle Bands, tolle Preise, toller Sound, tolles Camping-Gelände, tolles Publikum usf. Ich grüße Maika und Linda von der Kasse, zwei ganz hervorragende, freundliche Menschen, die mich mit vielen guten Worten und einer sehr dezent unter dem T-Shirt gehaltenen Beretta zu diesem Gruß einluden. (Nur einer? Nicht vier? - Anm. rls) Und Glückwunsch an die Veranstalter.

Donnerstag, 06.08.2009

Als wir unser Zelt auspacken, pinkeln unsere lustigen, peniszentrierten Nachbarn bereits neben das ihre, stammeln nur noch Dünnes und knipsen begeistert ihre Lümmel für das Familienalbum. Klar, es ist ja auch schon 18.00 Uhr. Postmortem verpasse ich anschließend wegen einer unglücklichen Kombination aus Bekanntegesichtervollsabbeln und Zulangeinderschlangestehen, pünktlich zu Azarath finde ich mich aber vor der Bühne wieder. Die haben sich angeblich Inferno von Behemoth für das Kesselgeprügel geliehen und ähneln der Bühnenaufsteller wegen auch optisch etwas ihren hervorragenden Landmännern, spielen aber konventionellen, schnellen Brutalo-Death a la alte Krisiun und alte Morbid Angel, der links rein und rechts raus geht. Sei's drum, zumindest Gitarrist Bart befleißigt sich in eifrigem Matteschütteln, und die ersten Feuerfontänen des Abends gibt's obendrauf.
Psycroptic spielen ihren Techno-Death wieder mal mit der Präzision einer Laser-OP und schneiden unverzüglich die Ohrläppchen aller Anwesenden in feine Scheibchen. Heute stiehlt Gitarrist Joe Haley mit seinen flüssigen Riffabfahrten und Highspeedlicks sogar Drumtier David Haley die Show - zum Zungeschnalzen, welchen Wiedererkennungswert die Band auf dieser Ebene inzwischen entwickelt hat! Besonders die rasanten Stakkati kenne ich in der konsequenten Form nur von Keep Of Kalessin, die dagegen stilistisch in einer ganz anderen Ecke beheimatet sind. Als Ausgleich zu dem komplexen Breakgewitter hampelt Sänger Jason Peppiatt wie ein Hardcore-Hüpfer über die Bühne und Bassist Cameron Grant bangt den ganzen Gig durch. Die Auswahl der Songs erstreckt sich von neuem Stoff ("Ob(Servant)", "Immortal Army Of One", "Initiate") über das leicht in Grind getünchte "Colour Of Sleep" bis hin zu den Debüt-Krachern "The Isle Of Disenchantment" und "The Sword Of Uncreation" und lässt sich bei glasklarem Sound umso mehr genießen.
Deströyer666 sind einfach Deströyer666. Die Band wird nie mein Fall sein, aber ihr Black-Death-Thrash-Mix ist zugegebenermaßen sehr eigenständig, sie spielen tight, die Show geht in Ordnung (ein wenig mehr Bewegung hätte schon sein dürfen), der Sound ist gut und gut ankommen tun sie auch. Songtitel? "I Am The Wargod", "I Am Not Deceived", "Genesis To Genocide", "Black City - Black Fire", "Trialed By Fire", die absolute Metal-Mischpoke also.
Anschließend heißt es den Feldspaten aus dem Gepäck und den Panzer aus der Garage zu holen, denn es heißt, für Marduk gerüstet zu sein. Die Schweden feiern heute 10-jähriges Jubiläum des primitiven Kloppers "Panzer Division Marduk", starten mit dem Opener und Titeltrack des Albums, "Panzer Division Marduk", und spielen anschließend zur Feier des Tages das Geburtstagskind komplett durch. Meine Fresse, was für ein heilloses Geballer! Kommt das Original bereits nur auf eine halbe Stunde Laufzeit, sind es heute noch mal locker 5 Minuten weniger, da Marduk inzwischen ein Tempo jenseits von gut und böse fahren und die Songs nur durch kurze Kriegsintros unterbrochen werden. Besonders das auf dem Album eher unauffällige "502" bricht alle Blastrekorde des Festivals. Außerdem feiern Marduk aber auch ihr eigenes 20-jähriges Jubiläum, so dass noch einige weitere Überraschungen aufgefahren werden: Neben den eher neuen Unvermeidlichkeiten "With Satan And Victorious Weapons", "Azrael" und "Throne Of Rats" erklingen heute etliche 90er-Classics, nämlich "Sulphur Souls" vom Debüt, "Materialized In Stone" von "Opus Nocturne", "Beyond The Grace Of God" von "Heaven Shall Burn", "Still Fucking Dead" von der "Here's No Peace"-EP, "Burn My Coffin", "On Darkened Wings" und natürlich "Wolves" von "Those Of The Unlight" sowie "Of Hells Fire" von "Nightwing". Absolut breite Auswahl also. "The Hangman Of Prague" von meinem persönlichen Marduk-Liebling bzw. der einzigen Marduk-Scheibe, die ich wirklich mag, "Plague Angel", wird mit klassischer Musik eingeleitet und dann in einer originellen Doom-Variante kredenzt - coole Idee! "The Levelling Dust" von "Rom 5:12" war das jüngste Stück des Sets, die neue Scheibe wurde komplett ausgespart. Auch coole Idee! Die Show ist dem Anlass angemessen: Feuersäulen allerorts, viel Spielerei mit dem Licht und ein wie immer energischer Mortuus hinterm Mikro, der tadellos das im Original fast vollständig von seinem Vorgänger Legion eingekreischte Set in die Nacht kotzt und am Ende natürlich komplett mit Kunstblut besudelt ist. Die Saitenfraktion wirkt zumindest etwas agiler, als man es von Marduk sonst kennt. Seltsamerweise dünnt das Publikum im Laufe der Show immer mehr aus und in den hinteren Reihen herrscht eine eher kühle Stimmung. Nach der dritten Zugabe können Marduk dennoch mit dem Wissen von der Bühne gehen, das Doppeljubiläum anständig über dieselbe gebracht zu haben.
Als ich nach dem Gig erleichtert die schwere Panzerschürze abschraube, fällt mir wieder ein, dass ich Krieg doch nicht toll finde und Marduk einfach nur scheißplakativ sind und was einem nicht alles einfällt, damit man ruhigen Gewissens in Bett fallen kann. Aber vorher noch ein Bierchen.

Freitag, 07.08.2009
Der Freitag beginnt mit Summers Dying.
Nein, er beginnt nicht mit Summers Dying. Er beginnt mit einem Zelt, das bereits um 9.00 Uhr in der Früh so hohe Temperaturen aufweist, dass meine wohlpolierte Glatze zum Braten von Spiegeleiern geeignet wäre, wenn ich denn eine hätte. Meine Fresse, ist dieses Party.San heiß. Ich prophezeie in aller Feierlichkeit, dass es Samstag etwas abkühlen wird.
Die Weimarer Summers Dying haben heute Heimspiel. Ich kenne sie nur von Myspace und warte auf den Song "Deliverance". Der kommt dann auch gleich als Opener. Der midtempolastige Melo-Death der Recken ist ganz OK, sie sind nicht nur musikalisch, sondern auch optisch von den Schweden Unanimated beeinflusst - die Musiker tragen Corpsepaint - und Sänger Lars aka "Dotze" hat zwar einen arg deutschen Akzent, den man auch beim Herumgrunzen nicht überhört, entpuppt sich aber als souveräner Mucker mit viel Power. Seine Begleitband spielt solide und ist gut in Bewegung, leistet sich aber auch ein paar lustige Schnitzer. Ein Einstiegsriff irgendwann in der Mitte des Sets wird mehrmals angespielt und wieder abgebrochen und der letzte Song muss gleich viermal von neuem begonnen werden. Der Sound ist übrigens - ich sage es in jedem neuen Party.San-Rückblick aufs Neue, aber es ist einfach bemerkenswert - der beste Sound, den mal als erste Band des Tages auf einem Festival wo auch immer auf der Welt bekommen kann. Ernsthaft.
Grabak ersetzen die Franzosen Glorior Belli, die gerüchteweise entweder arge Line-Up-Probleme oder sich ein paar Tage vor dem Festival spontan aufgelöst haben. Die Leipziger haben sich in den zehn Jahren vom grandiosen Langeweiler "Der Prophet des Chaos" bis zur "Agash Daeva"-Scheibe hörenswert zum Besseren entwickelt, wozu maßgeblich Sebastian Schmidt beigetragen hat, der auf letztgenannter Scheibe das Schlagzeug eingeholzt und dabei das Tempo der Band um locker 50% gesteigert hat. Eine tolle Live-Band sind Grabak aber weiterhin nicht. Bis auf Sänger Jan Klepel, der sich immerhin etwas anstrengt, stehen die Musiker hauptsächlich unbeteiligt in der Gegend herum und scheinen sowohl mit der großen Bühne überfordert als auch vom Spielen ihrer Musik gelangweilt zu sein. Da bleibt nur der Blick auf den begabten Drummer, der mit der Kombination aus Basecap, Kopfhörern und Corpsepaint den optischen Effekt des Gesamtpakets erheblich steigert und erst durch Kollege Svart von Hellsaw tags darauf übertroffen wird. Aber das ist eine andere Geschichte.
Gegen Grabak sind die Niederländer Inhume ein ganz anderes Kaliber. Die spielen zwar sehr gewöhnlichen und detailarmen Death/Grind, haben aber tierisch Bock aufs Party.San und gehen ab wie Zäpfchen, besonders das sympathische Brülldoppel aus Joost und Dorus, deren Performance u.a. ansehnliche Kickbox-Sprünge beinhaltet. Das Publikum dankt es mit wildem Gemoshe und den ersten Zugaberufen des Tages.
Jetzt ist es Zeit für etwas Heiligenschändung. Solstafir aus Island sind für etliche Leute die Offenbarung des Festivals, aber ich finde sie größtenteils einfach nur todlangweilig. Der Sleaze/Post-Rock-Sound mit ganz leichten Schwarzmetalleinflüssen klingt zwar auf dem Papier interessant, erschöpft sich aber live in endlos minimalistischen ausgewalzten Shoegazer-Riffs, einer extrem mit Hall belegten Stimme und immer gleichen Songaufbauten. Wenn man derart minimalistische Musik spielt, müssen die Musiker die Stücke schon tragen können, doch dafür sind die Riffs nicht stark, ist die Stimme nicht charismatisch genug, zumal sich die in den Himmel gerufenen Melodien nach dem zweiten Song nur noch wiederholen. Und welchen Sinn das übertriebene Rockstargehabe genau hatte (4/5 der Band treten mit großen Sonnenbrillen und schrillen Klamotten auf; kaum Kommunikation mit dem Publikum; lange Pausen zwischen den Songs, ewiges Instrumentenstimmen), erschließt sich mir auch nicht. Songtitel: "Nattfari", "Köld", "Pale Rider", "Ritual Of Fire". Fazit: Für Leute mit langem Atem.
Den Saakaldte wären ohne Kvarforth von Shining eine Live-Band, die nur aus Langeweilern besteht und ihre Musik ist auch nur mittelmäßig. "Mesias" ist ein guter Song, aber in die Setlist haben sich auch viele Weghörer wie "Samma Skrot Samma Korn" eingeschlichen. Weil Kvarforth, mit Irokese und einer Flasche Jim Beam bewaffnet, aber einen guten Tag hat, wird es eine doch noch unterhaltsame Show, zumindest für dumme sensationsgeile Kiddies wie den Rezensenten und seine Begleitung. Der Sänger torkelt und rotzt herum, beschimpft das Publikum, säuft ein paar Schlucke Whiskey und reihert die ganze Bescherung dann wieder auf die Bretter. Wir lächeln verschämt, weil wir's ganz unterhaltsam finden. Und was für eine geile Stimme aber auch!
Die Finnen von Swallow The Sun tauschen ihren Platz mit Evocation, performen ihren leicht kitschigen Death/Doom tadellos und geben sich sichtbar Mühe, spielen andererseits aber eine Form von Musik, die im Publikum nur für ein Minimum an Bewegung sorgt. Die homogene Setlist reicht vom uralten "Swallow" bis zum brandneuen, noch unveröffentlichten "These Woods Breathe Evil" und mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Keine Offenbarung, keine Überband, aber solider Grunzdoom mit schönen Melodien.
Zu Evocation brauche ich dann erstmal eine Pause, um anschließend den gesamten Auftritt von Hate Eternal durchzuschädeln. Die sind inzwischen wieder zum Trio geschrumpft und wirken auf der großen Bühne deshalb etwas verloren. Aber ihr ICE-Frickeldeath bildet eine undurchdringliche Soundwand, bei der man nach wie vor weder einzelne Riffs noch einzelne Songs auseinanderhalten kann. Na gut, "King Of All Kings", "Victorious Reign", "Behold Judas", "Whom The Gods Will Destroy", "Bringer Of Storms" und "Tombeau" habe ich der Ansagen wegen erkannt. Mehr aber wirklich nicht.
Thyrfing haben sich vor geraumer Zeit Ex-Naglfar-Sänger Jens Rydén geklaut, der ein ziemlich sympathischer Typ ist, heute aber definitiv zu viel quatscht. Außerdem wirkt er nicht so mächtig und dominant wie sein Vorgänger Thomas Väänänen, mit dem ich die Band zuletzt gesehen habe. Das wiederum sorgt dafür, dass mir der Kitsch-Anteil an dem Viking Metal von Thyrfing heute mehr auffällt als sonst. Aber da bin ich offenbar der einzige.
Misery Index donnern wieder mal wie Schwein. Die Band hat alles, was es für ein solches Festival braucht: Groove, Tempo, anständige Songs und eine gute Liveshow. Sparky Voyles an der linken Gitarre sieht mit grauem Bart zwar aus, als wäre er seit 2008 um 15 Jahre gealtert, ist aber nicht weniger zappelig als sonst, während Adam Jarvis hinter ihm sein Schlagzeug kompetent in alle Einzelteile zerlegt. Gekrönt wird das Spektakel von einer ausgewogenen Setlist und einem Sound, der die pure Macht ist. Fett, einfach nur fett.
Die Viking-Death-Urväter Unleashed haben Spaß an der Sache, mit Johnny Hedlund einen ursympathischen, energischen Bären hinter Bass und Mikro, spielen tight wie der Anbau von Pamela Anderson und werden von den Old-Schoolern, aus denen sich das Publikum plötzlich komplett zusammensetzt, abgefeiert und bejubelt. Kurz: Alles wie immer. Bei bestem Sound folgt Schwedentod-Hit auf Schwedentod-Hit, heiße er nun "Winterland", "In Victory And Defeat", "Into Glory Ride", "Midvinterblot", "To Asgaard We Fly" oder "Death Metal Victory", welches den unvermeidlichen Ausklang liefert. Beide Daumen hoch.
Für Satyricon anno 2009 bin ich der falsche Zuschauer, weil zu intolerant. Kein Song von "Rebel Extravaganza", nichts von der "Intermezzo"-EP und nichts von "Dark Medieval Times", da sinkt bei mir schon merklich die Laune. Lediglich zum ausgeleierten, m.E. inzwischen todlangweiligen und stets vorhersehbar als letzte Zugabe kommenden "Mother North" lässt sich der wie immer schön dominante Satyr herab, darüber hinaus gibt es den endlosen eher einfachen Midtempo-Stoff der letzen drei Alben mit den immer austauschbaren Gesangsrhythmen: "Commando", "Black Crow On A Tombstone", "The Pentagram Burns", "K.I.N.G.", "The Wolfpack", "Fuel For Hatred" etc. Außerdem nervt es mich, wenn die Musiker - selbst wenn sie sich sehr anstrengen - wie Anhängsel wirken, die nur für Live-Auftritte mal gemietet werden und kein eigenes Gefühl für die Musik entwickelt haben, die sie spielen. Und im Falle Satyricon sind sogar alle Musiker außer Satyr und Frost - auch wenn sie sich sehr anstrengen - lediglich Anhängsel, die nur für Live-Auftritte mal gemietet werden. Indes, das Festivalgelände ist bevölkert mit Leuten, die es ganz toll finden. Einigen wir uns also auf die richtige Band vor dem falschen Rezensenten.

Samstag, 08.08.2009

Samstag, 10.00 Uhr, Bad Berka, südliches Weimarer Land. Die Frisur sitzt nicht. Meiner Prophezeiung entsprechend ist es etwas kühler geworden. Unsere lustigen, penisorientierten Nachbarn haben sich gestern Abend einen exklusiven Schwertkampf geliefert und geben sich peinlich berührt, als wir ihnen auf dem Weg in den Ort begegnen. Wenn da mal nur nichts auf Youtube landet, meine Herren! Ein paar Zelte weiter wacht ein Kerl vor seinem Zelt auf, hat keine Ärmel mehr am Pullover und kann sich partout nicht erinnern, wo und wie er sie genau losgeworden ist. Man muss ihn einfach lieben, diesen versoffenen, gutgelaunten Metal-Wahnsinn einmal im Jahr. Und wo bekommt man ihn schon so schön serviert wie hier?
Von Hellsaw hatte ich nicht viel erwartet, aber weit gefehlt! Die Österreicher sind für mich die Überraschung des Festivals, hauen ihren abwechslungsreichen Black Metal kraftvoll und engagiert raus und verzichten auf dummes Gepose. Kein böses Gefasel, keine Stage-Gimmicks außer ein paar Feuersäulen, einfach nur eine sehr bewegungsfreudige und spielstarke Band, die anständige Songs kredenzt. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf dem aktuellen Album "Cold", von dem mit "I Saw Hell" (als Opener), den Rumpeltracks "The Black Death" und "Moonrites Diabolicum", dem melancholischen "Ache" und dem trve betitelten "Der Harzwald" als Abschluss gleich fünf Tracks kredenzt werden. Daneben macht aber auch älterer Stoff wie "The Inner Revenge Of Nature" und "The Ember Of Your Own" eine gute Figur. Die teils sehr rhythmusbetonten Stücke von Hellsaw sind hier und da etwas zu lang, aber das ändert an der Klasse des Auftritts nichts. Erwähnenswert ist außerdem das Corpsepaint der Musiker: Während Bassist Desderoth eine in aller Breite schwarzbeschmierte Schnute hat, die einfach nur scheiße aussieht, hat Drummer Svart seine Fleischmütze komplett in einen Eimer weiße Farbe getaucht. Top!
Die Kanadier von Beneath The Massacre haben nur ein Ziel: Möglichst schweinebrutal rüberzukommen. Der Math-Death/Grind des Quartetts ist kompliziert und wird mit Dutzenden Blasts garniert. Die hier und da eingestreuten langsamen Passagen bestehen immer nur aus einem dissonanten, abgehackten und ultratiefen Akkord, der Rest ist einfach nur übles Griffbrettgewichse mit Verstand, aber ohne Sinn. Dazu post die Band wie ein Rudel Bekloppter, besonders Basser Dennis Bradley zappelt dermaßen herum, dass man ihm höchstpersönlich den Aal aus dem Arsch ziehen möchte, während man dem monoton rumröchelnden Anabolikapaket hinterm Mikro besser nicht im Dunkeln begegnet. "Wenn ihr eurem besten Freund so richtig eins in die Fresse hauen wollte, ist der nächste Song der richtige dafür", yeah, blabla, gib's mir, bro. Das Circle Pit rotiert, ich bin dagegen ganz undankbar gegenüber der vielen Mühe, die sich die Band gibt, und find's sterbenslangweilig. Die "Songs" sind willkürliche Aneinanderreihungen von "Riffs" und die "Melodien" merkt man sich ebenso wenig wie die Rhythmen des "Gesangs". Songtitel habe ich mir auch nicht gemerkt. Irgendwas mit "Terror".
Die schwedischen Paganizer spielen ihren ersten Auftritt in Deutschland und präsentieren sich in Bestform: Spielfreudig, tight, wuchtig - und den gesamten Elchtod zwischen Grave und Edge Of Sanity mitgenommen. Zum Abschluss gibt es Sepulturas "Troops Of Doom" in einer mäßig interessanten Fassung, aber das schmälert das überzeugende Gesamtpaket nur marginal. Top Auftritt! Randproblem: Es interessiert kaum einen.
Rotten Sound machen das, was man kennt und liebt. Sie zelebrieren ihre filigranen Folk-Hymnen mit viel Liebe zum Detail und der Flötensound ist wieder mal richtig zärtlich. Pustekuchen! Die Finnen hacken ein affenschnelles Lärmgewitter nach dem anderen und nach 45 Minuten sind alle mausetot. Wenn Grindcore, dann bitte so. Danke.
Anschließend Kurswechsel und gebannt auf Shining gestarrt. Von denen erwarte ich Großes und werde nicht komplett, aber doch etwas enttäuscht. Da wäre zum einen Kvarforths Begleitband. Lauter sonnenbebrillte, arschcoole Typen, die sich bis auf den Basser keinen Schritt von der Stelle bewegen, in etwa so sehr nach Metal aussehen wie Tankards Gerre nach Unterwäschemodel und einfach nur wie Mucker vom Dienst wirken. Tiefpunkt: Gitarrist Fredric Gråby, die personifizierte Langeweile. Da wäre zum zweiten die Songauswahl. Wie ich solche Festival-Setlists doch scheiße finde! Die Neulinge "Vilseledda Barnasjälars Hemvist" und "Plågoande O'Helga Plågoande" sind mir beide zu rockig, wobei zweiterer aber noch geht. Von "Halmstad" kommt die nervige Thrash-Nummer "Besvikelsens Of The Condition". Von "The Eerie Cold" der tolle Opener "I Och Insikt Skall Du Förgå" und das fast ebenso tolle "Någonting Är Jävligt Fel". Immerhin. Aber nach der mittelprächtigen "Halmstad"-Single "Låt Oss Ta Allt Från Varandra" ist Schluss. Kein Song der ersten drei Alben, kaum richtig fiese Nummern. Quo vadis, Kvarforth? Wenn schon Bock auf Rock, dann bitte abrocken. Stattdessen langweilt die Band (s.o.) und Kvarforth - der übrigens eine ordentliche Wampe bekommen hat - zieht halt die Show ab, die er bereits am Vortag bei Den Saakaldte geliefert hat, mit etwas mehr Gekrieche auf dem Boden und Knutscherei mit dem Bassisten, die das Kotzen ersetzt. Technische Probleme gab es übrigens auch noch. Mit einem zackigen "Viel Spaß mit all den anderen Idioten-Bands" verabschiedet sich Kvarforth und hinterlässt ein Publikum, in dem ich nicht der einzige bin, der ein angesäuertes Gesicht zieht. Nicht dass pubertäres Geritze toll gewesen wäre, aber irgendwie hat man doch mehr erwartet.
Von den folgenden vier Bands sind drei nur äußerst selten in europäischen Gefilden zu sehen. Die erste davon ist Brutal Truth, zu denen wir prompt aussetzen. Unseren lustigen Nachbarn zufolge soll es aber ganz toll gewesen sein.
Die zweite ist Sadus. Bassmonster Steve DiGiorgio mal live zu sehen, hat natürlich was. Ansonsten bleiben aber ein paar Fragezeichen. Jeder Track ist gleich aufgebaut: Midtempo-Einstieg und dann hektisches Gepolter mit Meckergesang bis zum Ende. Etwas technischer als gewöhnlicher 80er-Thrash, aber immer noch gewöhnlicher 80er-Thrash, selbst wenn er teilweise in den 90ern oder sogar noch später komponiert wurde. Dazu kommt eine gute Portion 80er-Optik: Windmaschine, Arschlangmatte, Flying-V-Gepose. Und schon lebt das Ganze hauptsächlich vom Nostalgiefaktor. Den kann ich persönlich nicht nachvollziehen, aber Teile des Publikums können es.
Anschließend Moonsorrow. Bei denen regnet es etwas, aber das passt gut. Sie gehören zu den wenigen Bands, die eine Pagan-/Viking-Kreuzung spielen, die ich erträglich finde, sind episch, ausladend, natürlich auch etwas cheesy, aber immer anspruchsvoll genug, um nicht zu nerven. Ergänzt wird das musikalische Paket um eine energische Liveshow, gewohnt blutbeschmierte Gesichter und einen tadellosen Sound. Macht ein begeistertes Publikum.
Brujeria sind nach Brutal Truth und Sadus die dritte Band mit Seltenheitswert auf einer europäischen Bühne und bringen mit ihrer Guerilla-Attitüde einen interessanten Farbtupfer auf die Festivalleinwand. Die gesamte Band steht mit Tuch vor Mund und Nase auf die Bühne. Shane Embury von Napalm Death, der als erster die Bühne erklimmt, erkennt man natürlich trotzdem sofort an dem Zottelkopf mit Halbglatze. Bei dem Bassisten handelt es sich um Jeff Walker von Carcass, am Schlagzeug nimmt Adrian Erlandsson (ehem. At The Gates/Cradle Of Filth) Platz. Die Sänger haben Macheten am Gürtel. Die Ansagen kommen wie die Songs durchweg auf Spanisch und scheinen nur von Drogen zu handeln. Gespielt wird Grindcore. Alles freut sich. Der Auftritt ist zuende.
Die Schweizer Folk-Metaller Eluveitie haben kürzlich ein reines Akustik-Album rausgebracht, das wirklich hörenswert ist. Auf dem PartySan spielen sie aber nur ihre Bretter-Songs. Ein Bretter-Song von Eluveitie würde nun aber bei den meisten anderen Bands hier zu den Balladen zählen. Das ganze fröhliche Geflöte, Gefiedel, Drehgeleier und Maulgetrommel geht deshalb etlichen Leuten sichtbar auf die Klöten und spaltet das Publikum. Während vorne trotz Regen ordentlich gefeiert wird, schauen die Leute hinten genervt oder gelangweilt. Ich gehöre irgendwo in die Mitte, würde mir zwar vermutlich nie eine Eluveitie-Platte zuhause anhören, freue mich aber über die Abwechslung durch die keltischen Melodien. Songtitel: "For Whom The Shalm Blows", "In The Sign Of Fiedel" und "Sackpfeife statt Backpfeife".
Dark Funeral sind echt die unböseste Clownstruppe, die es im Black Metal gibt. Das Corpsepaint von Caligula sieht aus wie ein Hundegesicht (und damit meine ich nicht einen Boxer oder eine Bulldogge, eher so was Dackel-mäßiges) und die Rüstung wirkt etwas übertrieben. Lord Ahriman, ebenfalls in Rüstung, zieht locker mit. Die satanistischen Texte sind dermaßen überdreht, dass sie ins Karikaturhafte gleiten. Und die Bühnenaufsteller mit den teuflischen Bildern sowieso. Die Live-Show hat sich nach 16 Jahren immer noch nicht merklich zum Besseren gewendet: Rumstehen, böse gucken, hier und da kurzes, sehr harmloses Pflichtbangen, mehr ist nicht drin. Musikalisch indes sind die Schweden über jeden Zweifel erhaben, die Setlist ist exzellent und ausgewogen: Das rasende "King Antichrist" als Opener ist der musikgewordene Mähdrescher, mit "Secrets Of The Black Arts" folgt gleich der erste Klassiker hinterher. Die Menge geht steil und wird mit "The Arrival Of Satan's Empire", dem Opener der "Diabolis Interium"-Scheibe belohnt. Was für eine Riffwand! Und was für ein kranker Drummer! Nils Fjellström aka Dominator hat die Aufwärmphase überstanden ("King Antichrist" klang noch etwas holprig), blastet jetzt auf dem Niveau seines Vorgängers Matte Modin, also ziemlich over the top, und hält die Band in dem ganzen Gesäge exzellent zusammen. Danach folgt mit "Goddess Of Sodomy" die erste von zwei langsamen Nummern des Abends. Nett, aber nicht essenziell. Anschließend gleich wieder in die Vollen: Zu "Vobiscum Satanas" schraube ich mir versehentlich den Kopf ab, pünktlich zum Start von "Open The Gates" habe ich ihn gottlob wieder gefunden. Keine Ahnung, warum der Song so vergöttert wird, der hat doch fast keine Blastbeats. Egal, denn erst "Hail Murder" mit seinem geilen Leitriff beendet das offizielle Set. Wat? Kann das, darf das? Wo sind "Atrum Regina" und "An Apprentice Of Satan"? Im Zugabenblock. "Atrum Regina", die herzallerliebste Black-Metal-Ballade dieses Planeten, kommt live fett wie Black Metal live selten kommt und "An Apprentice Of Satan" ist schon irgendwie verständlicherweise die Dark-Funeral-Hymne des neuen Jahrtausends geworden: Abwechslungsreich, melodiös, schwedisch. So wollen wir das und so wird es bei allen sonstigen Schwächen doch noch ein sehens- bzw. hörenswerter Auftritt.
Zu Six Feet Under weiß ich gar nicht, was ich schreiben soll, ohne mich zu wiederholen. Ich sehe die Band nun zum gefühlten 50sten Mal, sie grooven wie Hölle, die Stimme von Chris Barnes ist einfach nur krank und sie werden ihrem Headliner-Status vollauf gerecht. Besonders Barnes habe ich noch nie derart agil erlebt, was aber auch daran liegen kann, dass seine inzwischen locker einen Meter langen Rastas beim Bangen einfach mal cooler denn je aussehen. Schwer zu glauben, dass das noch echte Haare sein sollen. Seine Kompagnons stehen nur in der Gegend herum, aber das kennt man ja auch nicht anders. Die Songs? Ein austauschbarer Primitivo-Groover jagt den nächsten. "No Warning Shot", "The Day The Dead Walked", "Enemy Inside", "Ghosts Of The Undead", "Silent Violence", "Human Target", "Suffering In Ecstasy", "Victim Of The Paranoid" und als Abschluss das obligatorische "T.N.T."-Cover. Highlight: "Feasting On The Blood Of The Insane", aus Prinzip.
Und damit wieder zurück ins bürgerliche Leben.



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver