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KEEP OF KALESSIN: Kolossus
von ta
(Nuclear Blast)
Die Trondheimer von Keep Of Kalessin haben mit "Armada" ein kleines Referenzwerk vorgelegt: Schneller, verspielter und vielfältiger Black Metal war zu hören, der ebenso mit Anspruch wie Eingängigkeit punktete. Der Anspruch ist auch auf dem knapp einstündigen "Kolossus" geblieben, die Eingängigkeit ist aber ein Stück zurückgenommen worden. Das bekommt man schon mit, wenn man "Crown Of The Kings", den "Armada"-Opener, und "A New Empire's Birth", das Eröffnungsstück von "Kolossus", direkt gegeneinander hält: Dort - auf "Armada" - ein klar in drei Teilen strukturiertes, in einem melodisch ausufernden Riff nach dem anderen kulminierendes Stück Dauerblast, hier nun ein von vielen Rhythmuswechseln durchzogenes Monstrum, das nach einem furiosen Beginn erstmal ein paar Gänge zurückschaltet, ehe es gegen Ende der 2. Minute das erste richtig klirrende Schwarzmetallriff zu hören gibt. Die Produktion ist etwas weniger kraftvoll als noch auf "Armada", die Gitarren sind höher frequentiert und beim Schlagzeug ist nur noch die Bassdrum getriggert. Da hat man jetzt ein recht natürliches, hohes Klackern auf der Snare, das mir gut gefällt.
Die ersten zweieinhalb Minuten von "Against The Gods" bestehen nur aus Blastgeprügel, allerdings mit dem typischen Riffing von Bandleitwolf Obsidian C. durchzogen: Hier ein Thrash-Einfluss, da chromatische Abstürze, alles hat trotz des hohen Grundtempos etwas Stampfendes, wozu auch der 3/4-Takt sowie der zurückhaltene Sprechgesang von Thebon ihr Scherflein beitragen. Genial dann die Verwandlung typischer Schwarzmetallelemente nach dem ersten Prügelteil: Das flotte, mit Thrash-Beats unterlegte Riff ab min2:27 wartet einerseits mit einem typischen breiten Black Metal-Riff auf, das aus aneinandergepappten Moll-Akkorden besteht, allerdings wird dieses Riff im Pferdegaloppelrhythmus angeschlagen. Unwiderstehlich! Dieser Songs ist wirklich groß.
"The Rising Sun" fährt ebenfalls zu Beginn ein beachtliches Tempo und endlich kreischt sich Thebon ordentlich die Bronchien wund. Der unscheinbare Blondschopf, der schon auf "Armada" einen extravaganten Stil pflegte, hat sich noch einmal gesteigert: Kreischen, Grunzen, Sprechen, Krächzen, alles ist drin. Manchmal singt er sogar, wie etwa im hymnischen Refrain von "The Rising Sun" - eine gewisse Grundrauheit, die an Würstchenbude erinnert, bleibt aber stets erhalten. Der Mittelteil reizt die stilistischen Möglichkeiten von Keep Of Kalessin weitestmöglich aus: Auf die Akustische legt sich ein klimperndes Klavier, während im Hintergrund Gitarrenmelodien aufgetürmt werden. Nach 7 1/2 Minuten endet das Ganze und man fragt sich als Hörer, was das alles noch mit Black Metal zu tun hat. Sehr viel, sagt der schlaue Rezensent! Denn Keep Of Kalessin arbeiten durchaus mit typischen Gattungsmerkmalen: Klassischen Akkordfolgen, Blastbeats, Kreischgesang. Diese Elemente werden eben nur sehr extravagant verwandelt und um vieles andere ergänzt. Natürlich bekommt die sehr wahrhaftige Fraktion unter den Schwarzkitteln da Kopfschmerzen, aber für die ist dieses Album, dieses Black Metal-Album, dann vermutlich auch nicht gemacht.
"Warmonger" ist etwas schwächer und teilweise vom Riffing her lupenreiner Thrash Metal, rhythmisch klingen sogar Iron Maiden durch. Just gibt es auch einen ausufernden Soloteil in der Mitte. Ganz nett. Ehe man jedoch zu verschnaufen beginnt, liefert "Escape The Union" wieder astreines Sperrfeuer. Im krassen Gegensatz zu Vyls Geholze am Schlagzeug steht das melodiöse, fast meditative Leitriff. Die Kombination aus flotten Blastbeats und sehr eigenen, irgendwie zurückhaltend wirkenden Gitarren ist typisch für "Kolossus" und war auf "Armada" in dieser Form noch nicht so dominant. Einen Nachbarn etwa zur puren Lebensfreude wie dem flirrenden, nach vorne preschenden Riff des "Armada"-Titeltracks sucht man auf "Kolossus" vergeblich. Das macht "Kolossus" im Ganzen sperriger als "Armada" und verlangt dem geneigten Hörer einige Durchläufe ab, bevor er warm mit diesem Album wird.
Aber es lohnt sich! Was würde man auch verpassen, wenn einem "The Mark Of Power" entginge. In den Strophen wird tiefer Singsang von einem düsteren, unverzerrten Gitarrenthema unterlegt und selbst vor Flamenco-artigen Einsprengseln macht Obsidian C. nicht Halt. Zusammen mit dem druckvollen Refrain führt das selbst unwahrhaftige Schwarzkittel wie den Rezensenten unweigerlich zu der Frage: Black Metal, quo vadis? Da hilft auch das Emperor-artige Intermezzo nichts.
Das Titelstück "Kolossus" hätte noch am ehesten auf "Armada" stehen können und macht im Dark Funeral-Tempo und mit seinem verspielten Riffgewitter absolut keine Gefangenen. Dass in einem langen, mäßig interessanten Mittelteil dann nicht nur das Gas, sondern auch die verzerrten Gitarren kräftig zurückgenommen werden, stattdessen Tribaltrommeln im Background klackern, ist dann aber wieder typisch für dieses Album. Mit dem überaus flotten, Thrash-lastigen "Ascendant", zu dem es auch einen (gewohnt beknackten) Videoclip gibt, liefern Keep Of Kalessin einen eingängigen, versöhnlichen Abschluss inkl. langem, recht coolem Soloteil.
Zum Abschluss dieser Besprechung sei auch erwähnt, dass die Bassarbeit auf "Kolossus" weit über den üblichen monotonen Grundtonteppich hinausgeht, der einem im Metal, besonders im Black Metal meist geboten wird. Die verspielten Bassläufe von Wizziac erinnern besonders in den hymnischen Refrains das eine oder andere Mal an Shining, auch wenn Keep Of Kalessin mit denen ansonsten nichts zu tun haben. Apropos "nichts zu tun": Keep Of Kalessin und Dimmu Borgir sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Lasst euch von einigen beleidigten Underground-Magazinen, die hier Vergleiche ziehen, ja keinen Bären aufbinden.
Summa summarum: Ein wirklich gutes Album, nicht so mitreißend wie "Armada" freilich, aber dennoch überdurchschnittlich und Zeichen einer echten Weiterentwicklung. Ans Ende bleiben mir nur zwei Fragezeichen zu setzen: Wann wird das Niveau der Texte mal dem der Musik angepasst? Dieses götterstürzende Pathos ist wirklich affig. Zweitens: Warum gibt sich die Band mit Kajal-Stiften und traurigen Blicken eine Emocore-Optik? Anbiederung bei dieser Klientel haben Keep Of Kalessin nun wirklich nicht nötig.
Kontakt: www.keepofkalessin.no
Tracklist:
1. Origin
2. A New Empire's Birth
3. Against The Gods
4. The Rising Sun
5. Warmonger
6. Escape The Union
7. The Mark Of Power
8. Kolossus
9. Ascendant
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