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Metal Up Your Heart - Part I   13.02.2009   Chemnitz, Bunker
von rls

Unter dieses Motto stellten die Chemnitzer Hardrocker Flesh Gordon den ersten von zwei Gigs in ihrer Heimatregion, unterstützt jeweils von einigen Kollegen und Freunden (der zweite Gig fand am Folgeabend in Annaberg-Buchholz statt). Da der Metal-Underground ja ein unberechenbares Phänomen darstellt, schwankten die Prognosen bezüglich der Besucherzahl zwischen 15 und 110 - letzten Endes wollten sich aber über 120 Zahlende das Billing im Bunker (zum günstigen Tarif von 5 Euro) nicht entgehen lassen und bekamen mit der bunkertypischen Stunde Verspätung zunächst Mental Disease vorgesetzt. Das Quartett war als "Death/Thrash Metal" angekündigt, aber erstgenannter Bestandteil entpuppte sich in der Livesituation als komplett abwesend, selbst der rauhe Leadgesang konnte nicht unter diesen Begriff gefaßt werden. Statt dessen frönten Mental Disease einer relativ melodischen und nicht übermäßig tempoorientierten Variante des Thrash Metals mit Neigung zum Power Metal, während der Rhythmusgitarrist ein Dream Theater-Shirt trug, das den nicht sonderlich offenkundigen, aber doch latenten Hang des Materials in Richtung Prog Metal zaunpfahlwinkend offenbarte. Spielfreude war offenbar im Übermaß da, Abwechslungsreichtum in den Songs sowieso, auch Bassistin Elly durfte mal Leadfunktionen ausüben, nur beim Kreieren mitreißender und bandtypischer Songs liegt noch etwas Arbeit vor Mental Disease - schlecht war das Gebotene nicht, in der Livesituation auch durchaus unterhaltsam, aber noch nichts, was sich auf ewig im Großhirn festfressen würde. Zudem offenbarte der Gesang deutliches Verbesserungspotential - die rauhe Artikulation des auch Leadgitarre spielenden Sängers (der im übrigen aussah wie eine Mixtur aus Dave Mustaine und Herbie Langhans) funktionierte schon gut und hielt sich in so gemäßigten Arealen, daß sie den melodischen Grundgestus der Songs nicht konterkarierte, aber der Cleangesang sowohl des Sängers als auch von Elly wirkte deutlich zu hilflos, und bei besseren Soundbedingungen (der Sound war insgesamt gut, nur der Gesang stand zu weit im Hintergrund) wäre dieses Manko wohl noch deutlicher zutagegetreten. Die Band stellte ihr Licht mit dem Abschlußstatement "Ihr wart geil - wir nicht" etwas zu weit unter den Scheffel - der Gig war gut, und einige Enthusiasten forderten eine Zugabe, welche durch Wiederholung eines Songs aus dem regulären Set dann auch gewährt wurde.
Narph ließen sich mit der Stilbezeichnung "Narph-Metal" vorher nicht in die Karten schauen, und in der Tat konnte man sie nicht so ganz leicht einordnen. Der Rhythmusgitarrist-Shirtindikator wies diesmal Black Sabbath aus, und auch die konnte man kaum direkt, aber des öfteren latent durchhören. Sicherlich mögen die Bandmitglieder sowohl Sepultura als auch Soulfly, ohne aber deswegen die alte Biopantura-Variante des Thrash wieder auszugraben. Lange atmosphärische Passagen innerhalb der Songs setzten immer wieder Kontrapunkte zum mal midtempoorientierten, mal auch etwas schnelleren Metal (nennen wir es mal ganz neutral so), so daß eine Stimmungswandelmentalität entstand, die man in ähnlicher Form auch von The Ocean oder Tephra, um mal deutsche Vergleichsbeispiele zu nennen, geboten bekommt, ohne daß Narph freilich dieses Niveau schon ankratzen können. Der recht vielfältige Gesang paßte sich der musikalischen Vielfalt durchaus an (vor allem das Geschrei des Rhythmusgitarristen sorgte für manch intensiven Moment), und auch dieser Gig hatte bei ordentlichem Sound einen nicht zu verkennenden Unterhaltungswert, der leider durch das pseudowitzige Gehabe auf der Bühne zwischen den Songs deutlich gesenkt wurde. Mitunter verging minutenlang kostbare Zeit zwischen den Songs mit mehr oder weniger sinnfreiem Gelaber, so daß sich am Setende ein Potential an ungenutzter Spielzeit angesammelt hatte, in dem man fast noch eine komplette frühe Napalm Death-LP-Hälfte hätte covern können.
Unter letztgenanntem Problem litten leider auch Flesh Gordon, wenn auch in nicht ganz so starker Ausprägung - aber auch hier hat der Sänger noch viel Arbeit vor sich, bis er verbal über richtige Entertainerqualitäten verfügt. Davon mal abgesehen machte aber auch ihr Gig durchaus Spaß, speziell natürlich den Freunden richtig altertümlichen Hardrocks bis Power Metals. Der Rhythmusgitarrist-Shirtindikator schlug diesmal gen Null aus, denn der etatmäßige Rhythmusgitarrist war nicht anwesend, und der Sänger mühte sich einige Songs lang mit einem Zweitjob als Rhythmusgitarrist ab, bis er beschloß, diesen an den Nagel zu hängen, so daß man nur noch mit einer Gitarre weiterspielte und dafür einen Sänger hatte, der seine Freiheiten nutzte und wie ein Flummi über die Bühne sprang, wie es bei regulärer Besetzungsstärke vermutlich der Normalfall sein wird. Ein besonderes Kapitel war sein Gesang: Wenn man einen hohen, silbenunterbringungsseitig diversen Rappern ernsthafte Konkurrenz machenden und nervös wirkenden Gesang als Stilmittel einsetzt, der gerade in den Zeilenenden eine starke Neigung zeigt, sich in einem psychotisch quiekenden Schrei nach oben aufzulösen (diverse japanische Sänger kamen einem als Vergleich in den Sinn), dann sollte man dieses Stilmittel auch durchziehen und nicht im Verlaufe des Sets immer mehr abbauen und dann nicht mehr stilsicher, sondern hilflos klingen. Ein exzellenter Gitarrist holte einige der Kastanien aber wieder aus dem Feuer. Der Flesh Gordon-Set endete im bunten Chaos, indem der letzte Song (offenbar ein Mini-Hit namens "Power Rangers") von einer mehrköpfigen Meute auf der Bühne mitgegrölt wurde, und komischerweise forderte niemand eine Zugabe ein ...



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