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Fed Zeppelin   25.10.2008   Tanna, Kuhstall
von rls

Als Deep Purple-Coverband steht man früher oder später vor einer nicht leichten Entscheidung: Fokussiert man seinen Set ausschließlich auf die Hauptband, oder nimmt man auch Material der kaum minder berühmten Abspaltungen, also in erster Linie Rainbow und Whitesnake, mit auf? Oder erfreut man einige wenige Spezialisten im Publikum gar noch mit Material der Ian Gillan Band bzw. deren nur noch unter Gillan laufender Inkarnation? Kaum einer dürfte aber auf die Idee kommen, Material von Roger Glovers oder gar Joe Lynn Turners Soloausflügen zu spielen. Als Led Zeppelin-Coverband allerdings steht man praktisch nur vor den letztgenannten beiden Fällen. John Bonham ist ja bekanntlich tot, und die Idee, Material der Jason Bonham Band oder deren nur Bonham genannter Variante zu verarbeiten, ist ähnlich abstrus wie die, John Paul Jones' drei Soloalben (das eine mit Diamanda Galas und die beiden anderen dann später noch mehr alleine) durchzuforsten. Robert Plant wiederum hat einen ganzen Sack Soloalben gemacht, von durchaus hörbaren ("Manic Nirvana") bis hin zu völlig ungenießbaren ("Shaken'n'Stirred"), aber die meisten liegen stilistisch weit genug entfernt, als daß man sie als Led Zeppelin-Coverband unbedingt spielen müßte (von "Manic Nirvana" mal abgesehen). Bleibt Jimmy Page, und der wäre in diesem Fall mit der Ian Gillan Band auf eine strukturelle Stufe zu stellen, denn er hat mit David Coverdale anno 1993 einen völlig unterschätzten Klassiker, der Einfachheit halber "Coverdale/Page" betitelt, eingespielt. Dessen Klasse hat man in Tschechien erkannt (Ales Brichta und Pavla Kapitanova coverten nicht umsonst "Take Me For A Little While" auf ihrer "Legendy 2"-CD und damit auf einem Level mit z.B. Alice Coopers "Poison"), im Set von Fed Zeppelin blieb dieses Material aber außen vor. Zep pur war also angesagt.
Der Beginn des Livesets zog sich wegen technischer Probleme allerdings hin, und so kam DJ Bunzel, der das Rahmenprogramm bestritt, zu einem sehr großen Zeitbudget, das er für ein Peter-Gläser-Gedächtnisset nutzte - selbiger Mann, bekannter unter dem Namen Cäsar als Blues- und Rocklegende, hatte zwei Tage zuvor im Alter von 59 Jahren den Kampf gegen den Krebs aufgeben müssen. Ergo erklang aus der Konserve viel Musik von Cäsar in seinen zahlreichen Bandkonstellationen über die Jahrzehnte hinweg, Highlights wie der unverwüstliche "Apfelbaum" also neben seltener ans Licht geholten Tracks etwa von der Amiga Blues Band, dazu eine ganze Anzahl direkter und indirekter Weggefährten wie Engerling oder Canned Heat (letztere mit einer Liveaufnahme aus Lüttewitz - Insider der DDR-Blues-Szene wissen Bescheid), überhaupt etliche mit zehn- oder fünfzehnminütigen erdigen Liveversionen (gute Strategie - da hat der DJ gar nicht so viel zu tun :-)). Fast 23.30 Uhr war es, als Fed Zeppelin dann endlich die Bühne betraten. Urlange Liveversionen war man ja von den Vorbildern auch gewöhnt, aber auf solche verzichtete das partiell noch recht junge Quartett weitestgehend und hielt sich stark an die Studioversionen. Zudem fiel auf, daß man sich instrumentenseitig komplett auf Gitarre, Baß und Drums beschränkte, Jones (im Review kann man in diesem Fall ja problemlos die Originalnamen verwenden ...) also nebenher nicht noch ein Keyboard bediente und man auch kein solches oder ein ganzes Orchester einsampelte, sondern sehr basisch an die Sache heranging. Trotzdem sorgte gerade Jones für die Soundprobleme des Abends, denn sein Baß war zu laut und verschmolz zu sehr mit Pages Gitarre zu einem vor allem im ersten der zwei Sets etwas zu undurchdringlichen Soundwall, aus dem sich die Gitarre nur in den Soli etwas befreite. Das war etwas schade - da hat man nun mal einen unter zwanzig Rockgigs, wo die Drums mal nicht zu laut sind (aber immer noch gut durchhörbar und eine solide Arbeit offenbarend), und dann tut sich ein anderer Problemfall auf. Als nicht problematisch, aber merkwürdig erwies sich Plants Stimme. Momentan wollen ja die originalen Page, Jones und Bonham jr. wieder touren, aber Original-Plant will nicht, und nach diesem Gig wurden schon Stimmen laut, daß man ja hier den perfekten Ersatz gehört hätte. Keine Kopie wohlgemerkt - die Stimmfärbung ist ähnlich, aber nicht identisch, liegt ungefähr auf halbem Wege zwischen dem Original-Plant und - Achtung! - Bon Scott, vermengt noch mit einem Spritzer des jugendlicheren Lou Gramm. Und eine beeindruckende Power steckte in dieser Stimme, auch am Ende noch zu diversen sauber gesetzten Schreien in der Lage - da verzieh man auch gern die fast etwas arrogant wirkenden Ansagen (trotz einiger gelungener Witze konnte man sich einer gewissen emotionalen Distanz nicht erwehren, was vom fast kommentarlosen Verlassen der Bühne nach dem zweiten Zugabensong noch unterstrichen wurde). Den Opener bildete natürlich "Rock'n'Roll", danach zog sich aber eine Art chronologischer roter Faden durch weite Teile des Gigs, nicht ganz konsequent verfolgt, aber schon deutlich erkennbar: Uraltmaterial wie "Living Loving Maid" weit am Anfang, diverse zentrale Klassiker in der Mitte (mit dem bewährten Doppelschlag "The Song Remains The Same"/"The Rain Song" etwa eröffnete man den zweiten Set) und mittelspäte Sachen wie den "Wanton Song" danach (war irgendwer überrascht, daß es z.B. nichts von "Coda" gab?), bevor das Finale des zweiten Sets wieder chronologisch durchmischt wurde und in "Stairway To Heaven" seinen krönenden Abschluß fand. Dazwischen dann, um ein paar Namen einzustreuen, "Black Dog", "Immigrant Song", "The Ocean", "Celebration Day", "The Rover", "Houses Of The Holy", "Heartbreaker", "Over The Hills And Far Away" - dem Kenner fällt an dieser Aufzählung allerdings schon etwas auf: Led Zeppelin waren bekanntlich eine Band, die sich chamäleonhaft zwischen Rock, Blues und Folk positionierte (mit noch ein paar anderen gelegentlich eingestreuten Zutaten), Fed Zeppelin hingegen fokussierten ihren Set nahezu ausschließlich auf den Rockaspekt. Der Blues blieb in seiner reinen Ausprägung (wohl durchaus zum Leidwesen mancher Anwesender) völlig außen vor (also nix "Since I've Been Loving You" beispielsweise - immerhin einer der besten Bluessongs aller Zeiten), auch der Folk kam nur in kurzen Momenten innerhalb einzelner Songs ("Over The Hills And Far Away", "Stairway To Heaven") blitzartig zum Vorschein, um schnell wieder in den Annalen zu verschwinden (also nix "Going To California" oder "The Battle Of Evermore"). Das drohte über die komplette vielleicht knapp zweistündige Nettospielzeit hinweg dann doch einen Tick zu einförmig zu werden (zumindest gemessen an den Erwartungen, die man im Vorfeld angesichts der erwähnten Chamäleonhaftigkeit des Originals gehegt hatte), und so gestaltete sich das geschickt zwischen folkigen Verharrungen und powernden Rockmomenten changierende "Babe I'm Gonna Leave You" zu einem unerwarteten, aber dankbar aufgenommenen und mit am stärksten beklatschten Sethöhepunkt. Einen stilistischen Ausreißer gab es dann doch noch, nämlich mit dem (O-Ton Plant) "Jimmy-Cliff-Verschnitt" "D'yer Mak'er", bevor "Whole Lotta Love" den Gig beschloß - auch das eine kaum verständliche Entscheidung, denn den Song hatte man im ersten Set schon mal gespielt, und so groß waren die arrangementösen Unterschiede nun nicht, als daß man ihn zwingend hätte zweimal spielen müssen, zumal wenn man bedenkt, was da alles nicht in der Setlist auftauchte. Gut, einiges funktioniert laut Plant in der Viererbesetzung ohne Samples halt nicht, z.B. "Kashmir", das sich ein Enthusiast im Publikum wünschte - aber es hätte sicher noch genügend Kandidaten gegeben, die man hätte ausgraben können, allen voran eben "Since I've Been Loving You" oder "Dazed And Confused", "Achilles Last Stand", selbst "Moby Dick" (man hätte Bonham ja nicht unbedingt 10 Minuten solieren lassen müssen :-)) wäre eine reizvolle Option gewesen. Vielleicht beim nächsten Mal - das Quartett ist ja noch jung und wird sicherlich noch häufig in Erscheinung treten. Kleines Detail am Rande: Bonham spielt auch bei Testimony - viereinhalb Jahre zuvor war der Rezensent das erste und bis zu besagtem Fed Zeppelin-Abend auch einzigen Mal im Kuhstall Tanna gewesen, als die legendären Ungarn Pokolgép spielten, mit ebenjenen Testimony als Support .... So klein ist die Welt. Weitere Beweise, wie klein die Welt ist, auf www.kuhstall-tanna.de - allmonatlich spielt in dieser Kultlokalität am Ende des Altenburger Landes, mittlerweile allerdings sogar auf asphaltierten Straßen erreichbar, alles, was im Blues und Rock einen zumindest regionalen Namen hat. Nur das Publikum muß partiell noch das Lesen lernen, um die Schilder "Nichtraucher" in der großen Halle richtig entziffern zu können ...



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