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Noisegate Festival: W.A.S.P., Kamelot, Leaves' Eyes, Sister Sin, Fairyland, Chased Crime   08.04.2007   Langen, Festhalle
von gl

Ostersonntag ist nicht gerade der optimale Tag für ein Metal-Festival, aber nachdem ich am 1. Weihnachtsfeiertag - auch so ein unglücklicher Termin - bereits eine Veranstaltung mit Benedictum und Doro geskippt hatte, hab' ich's diesmal geschafft. Jedoch nicht pünktlich, und deswegen "Sorr"' an Fairyland und Chased Crime, denn sonst sehe ich mir auch gerne die Opener an. Es war aber bis ca. 18:30h wirklich sehr leer in der "Metal-Hochburg" Langen, wo fast alle namhaften Tourneen Station machen.

Die Sündenschwester auf der Bühne  Sister Sin - die Sängerin

Und nochmal: Fotomagnet Sister Sin  Ach so, Sister Sin haben auch noch andere Bandmitglieder, fast nicht bemerkt!
Als dritte Band gingen die Schweden SISTER SIN auf die Bühne und konnten einen Achtungserfolg erzielen. Der draufgängerische rotzige Rock'n'Roll des Quartetts machte die nun wenigstens dreistellige kleine Meute vor der Bühne locker für die weiteren Bands. Hauptaugenmerk lag - natürlich - auf Sängerin Liv, die sich als sexy Krankenschwester verkleidet gekonnt in Szene setzte. Auch wenn ehrlicherweise konstatiert werden muss, dass es an einigen Stellen schon etwas kreischig war. Wie die Faust aufs Auge passte die zum Abschluss von der Band gespielte Coverversion von MÖTLEY CRÜEs "Live Wire" (sehr schwer zu covern, fragt mal Musiker!), welche die Truppe gekonnt nachspielte und damit einen satten Applaus erntete.

Dann der krasse Unterschied: Die nächste Liv, die von Leaves' Eyes!  Schönes Kleid: Liv Kristine von LEAVES EYES

Haare bis zum Arsch: Alexander Krull  Viel Pathos und Eleganz: Liv Kristine Espenaes-Krull

Liv Kristine
Dann kam die nächste Liv - und zwar Liv Kristine aus Norwegen mit LEAVES' EYES und der optische Eindruck hätte kaum unterschiedlicher ausfallen können. Während sich zuvor die Schwedin schlampenhaft präsentierte, erschien die ehemalige THEATRE OF TRAGEDY-Sängerin in einem extravaganten hellblauen Kostüm und ihre erhabene Mimik und Gestik strahlen auch irgendwie etwas Besonderes aus im Verbund mit ihrem elfenhaften Gesang. So, das ist der Part an LEAVES' EYES, der mir gefällt (kann man eine Band auch zur Hälfte mögen?). Denn da ist natürlich noch ihr Ehemann Alexander Krull und dessen Cookie-Monster-Gebelle ist halt absolut nicht mein Ding, sorry. Die ATROCITY-Musiker spalteten auch das Publikum, mittlerweile ca. 300 Personen, in zwei Teile, vorne wurde der Band zugejubelt, im hinteren Teil gewartet, bis es fertig war. Einer meinte danach im Hinblick auf das Kleid: "Wenn man Schalke-Fan ist!"

Die schönen Background-Vocals von KAMELOT  Macht wie immer einen leicht grimmigen Eindruck: Thomas Youngblood

Kamelot-Basser Glenn Barry  ... und Drummer Casey Grillo. (Die Mineralwasserflasche stört mein Ästhetikempfinden bei dem schönen Custom-Made Drum Kit!)

Macht wie immer einen leicht leidenden Eindruck: Roy Khan  Simone Simons (von EPICA) und Khan im Duett
In den letzten Jahren ist vermehrt festzustellen, dass Bands auf Tournee gehen ohne ein neues Produkt auf dem Markt zu haben, oder die Tour endet und dann erst kommt die neue Platte raus. Das war bei den beiden Headlinern heute wieder der Fall, wobei es bei KAMELOT fast 2 Monate dauerte, bis "Ghost Opera" erscheinen sollte, schon komisch.
KAMELOT waren vor genau zwei Jahren am Karfreitag in Speyer (kann mich deswegen so genau erinnern, weil ich noch extra nachforschte, ob der Gig tatsächlich stattfindet, da es auch schon mal Absagen an diesem Tag gab) und da waren über 550 Leute in der Halle, heute beim Festival waren es nicht einmal 500, was nicht gerade für WASP spricht.
Dennoch "mussten" (?) KAMELOT natürlich als vorletzte raus und begannen ca. 20 Minuten zu spät, hörten dann aber doch pünktlich auf, d.h. konkret, ihr Set wurde recht drastisch verkürzt.

Die Setlist von KAMELOT
Die Band muss man ja mittlerweile als amerikanisch-norwegisch-deutsche Truppe bezeichnen, nachdem ex-BLAZE- und DORO-Keyboarder Oliver Palotai fest aufgenommen wurde. Sie begannen nach einem Intro mit total schlechtem Sound, der zwar später etwas besser wurde, aber weit davon entfernt war, als "gut" bezeichnet zu werden. Dauernd knisterte irgendwas ganz ominös im Sound während des Auftrittes von KAMELOT, Mitgrund, dass das heutige Konzert nicht an o.e. oder den Auftritt beim Bang Your Head 2005 herankam. Es soll hier mal die Gelegenheit genutzt werden, Bassist Glenn Barry zu loben: der Mann hat eine fantastische Bühnenpräsenz, macht stets Alarm und sieht einfach klasse aus. Ebenso wie Drummer Casey Grillo hinter seinem spezial angefertigten "Ghost Opera"-Drum Kit. Nach "When The Lights Are Down" und "Soul Society" vom gerade noch aktuellen Studio-Meisterwerk "The Black Halo" bekamen wir den ersten brandneuen Song serviert. "Mourning Star", beginnend mit Hintergrund-Mönchsgesängen leicht mystisch und dann übergehend in gewohnt rifflastige an Film-Score erinnernde Parts bei zunächst verfremdetem Gesang von Khan, der wie immer seine Lederkluft anhatte und wieder diesen leidenden Gesichtsausdruck zu Tage trug. Also ganz gesund war er heute wohl nicht. Nicht erwartet kam der Gastauftritt von Simone Simons (die bekanntlich ihre Band EPICA nach einem alten KAMELOT-Album benannte) und natürlich der nächste Hingucker war nach der genauso hübschen Background-Sängerin zuvor, die aber kaum zu vernehmen war.
Simone ergänzte "The Haunting" mit ihrem Part wie auf der Studio-Version. Also ich bin ja wirklich sehr großer KAMELOT-Fan, habe die Band mitunter in Diskussionen schon verteidigen müssen gegen Playback-Vorwürfe, aber mit so einem schlecht geschauspielerten Geigen-Part der Background-Sängerin, das überhaupt nicht zu der vom Band kommenden Musik synchron passte, gibt man solchen Spekulationen natürlich erst recht Nahrung. Spielt die Musik, das Intro zum 2. neuen Song "Ghost Opera", doch gleich vom Band ein, aber gaukelt nicht vor, der Geigenpart sei live gespielt. Das Album "Karma" wurde mit dem Titelstück und "Forever" abgedeckt und zum Schluss gab's noch "March Of Mephisto". KAMELOT, die wesentlich mehr Platten als WASP verkaufen und seit Jahren präsent sind und nonstop am Touren, hätten diese Veranstaltung eigentlich headlinen müssen.

Hoppe hoppe Reiter: Ein Musiker schaukelt auf seinem Mikrofonständer  Ein Mikrofonständer und der dazugehörige Musiker

Das Gleiche von unten  Du da, stell dich auch mal vor das Geschoss! :-) Bassist Mike Duda hat sichtlich Spaß an dem kurzen Auftritt

Der aktuelle Gitarrist von WASP machte seinen Job gut, aber wurde namentlich leider nicht vorgestellt.
Das hätte Blackie Lawless aber natürlich nie zugelassen, der einen Monat vor Veröffentlichung von "Dominator" den zweiten Gig dieser Tour mit seiner Band WASP in Europa hinlegte. Hinter dem eigentlichen "Star" (?), dem opulenten 400 kg schweren Mikrofonständer, der jetzt auch schon 5 Jahre durch die Gegend gekarrt wird, begannen WASP absolut furios und mit Vollgas, dass es eine wahre Pracht war, das muss man wirklich konstatieren. Bassist Mike Duda bewegte sich wie ein Berserker, der neue Gitarrist (wurde nicht vorgestellt, Name unbekannt) und in der Mitte Blackie machten ordentlich Action und waren stets in Bewegung. Es trägt eine gewisse Komik in sich, wenn ein über 50-jähriger Musiker in oberschenkelhohen "Fuck me"-Stiefeln mit einem kess zusammengebundenen WASP-T-Shirt (als sei er ein junges schlankes Mädchen!) über dem sich deutlich abzeichnenden Bierbauch umherstolziert. Mit Lackstulpen und Sägeblättern an beiden Ärmeln dann was erzählt von beschränkten Bürgerrechten, das wirkt dann geradezu skurril. Und leichenblass dazu war er auch noch (oder war da ein bisschen Corpsepaint mit bei? ;-) Auch hier wurden wir wieder Zeugen einer Uraufführung, nämlich des starken "Take Me Up" - Hammersong des zu dem Zeitpunkt unbekannten neuen Albums, welches ja zwischenzeitlich überall sehr gute Kritiken bekam. Hier war ein satter voller Sound mit voluminösem Background-Gesang zu vernehmen, der nie und nimmer live erzeugt wurde.
Der Gipfel ist aber, sich nach sage und schreibe 48 Minuten mit "Good Night" zu verabschieden, dann 5 Minuten Pause zu machen, noch einen Song zu spielen, noch mal zu verschwinden, um dann noch 2 Abschluss-Songs zu spielen, so dass dann die geplanten 75 Minuten genau eingehalten wurden. Man hat damit den guten Anfangseindruck und die Erneuerung der Band (auch zum Drummer kann nichts berichtet werden, er war nicht zu sehen vor Nebel) geschwächt und ist besser auf Festivals aufgehoben, wo man sich dann 45 Minuten auf die Stärken konzentrieren kann und nicht einen Teil der Anwesenden verprellt, auch wenn sich die geringe Spielzeit schon herumgesprochen hat.

Summa summarum irgendwie ein Tag der angezogenen Handbremsen.

Fotos: gl






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