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Pain Of Salvation   01.03.2007   Pratteln (CH), Z7
von CSB

Mit ihrem neuesten Werk "Scarsick" haben die Schwedenprogger von Pain Of Salvation ihre Fanschar in zwei Lager geteilt. Die Einen loben eine konsequente Weiterentwicklung, die Vermischung aller denkbaren und undenkbaren Stile und die beißend-zynische Gesellschaftskritik, den Anderen ist das Album viel zu weit weg von alten Großtaten, unschlüssig und in seiner dumpfen Amerikaverdammung viel zu einseitig und banal. Tja, wie auch immer, livehaftig sah man sich Gildenlöw und Co. aber dann doch gern zusammen an und so versammelten sich für einen Donnerstagabend respektable 300 Nasen im Z7, die sich in dem weitläufigen Spitzenclub vor den Toren Basels aber natürlich trotzdem einigermaßen verliefen. Nichtsdestotrotz herrschte gespannte Erwartung, als gegen 21 Uhr die Lichter erloschen. Anstatt der Band ertönte jedoch erstmal die holde Stimme der Tourmanagerin, die darauf hinwies, dass am folgenden Tag eine DVD-Aufzeichnung anstünde und die Jungs ziemlich angeschlagen seien, weswegen das Rauchen in den ersten Reihen möglichst zu unterbleiben habe. Trotz einigem Gelächter wurde dem, freundlich wie Progmetalheads nun mal sind, voller Rücksicht Folge geleistet. Ein paar Minuten später betraten völlig effektlos fünf Typen die Bühne, Frontmann Gildenlöw fragte rhetorisch: "Are you ready?" und legte damit den Startschuss für eines der besten Progkonzerte der letzten Jahre.

Das Duo Gildenlöw/Hallgren  Der angeschlagene Frontmann und sein Trommler
Wenngleich das etwas verstörende "Scarsick" nicht unbedingte die allerbeste Auftaktwahl gewesen sein dürfte, präsentierte sich die Band topfit, höchst agil und stimmlich entgegen aller Befürchtungen absolut auf der Höhe. Spätestens mit der bitter-ironischen Mitsinghymne "America", die tatsächlich ein wenig an die "West Side Story" erinnert, hatten die Schweden dann aber auch den letzten Zweifler im Sack. So zwiespältig das neue Material auch aufgenommen wurde, live sind Pain Of Salvation zweifellos eine Macht. Und dabei wirkten die auf Platte häufig ein wenig überambitioniert agierenden Progger zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt oder verspannt pseudointellektuell, sondern präsentierten sich höchst sympathisch und publikumsnah. Schon beim Uralt-Bombastdoppelschlag "!"/"Nightmist" vom Debüt "Entropia" war Neu-Bassist Simon Andersson zum ersten Mal im Fotograben unterwegs, und Johan Hallgren, seines Zeichens Gitarrengott, Bodybuilder, Eunuchenbackgroundchor und Gartenzwerg in Personalunion, hätte auch als Frontposer bei Manowar eine gute Figur gemacht. Den Vogel aber schoss definitiv Herr Gildenlöw ab, der sein Publikum unaufhörlich mit Sprüchen bestens unterhielt. ("Jetzt kommt ein Song, den wir schon sehr lange nicht mehr gespielt haben. Wir hatten gestern nämlich einen Day Off" ...)
Auch die Setlist ließ kaum Wünsche offen und spannte den Bogen sehr weit. Nicht nur, dass man alle Alben der Bandgeschichte berücksichtigte, auch emotional stimmte die Dramatik bis ins Detail. So folgte auf die verschachtelten Epen "New Years Eve" und "Handful Of Nothing" eine höchst intensive Balladensession, bestehend aus "Ashes", "Untertow" und einem Medley aus "This Heart Of Mine" und "Song For The Innocent", bei welcher selbst dem abgebrühtesten Metalprogger die Nackenhärchen strammgestanden haben dürften. Und dieselben kamen auch beim unfassbar genialen "Chainsling" kaum zur Ruhe. Fett bratende Gitarren wechselten sich ab mit einer locker leichten Folkmelodie und klasse intoniertem Wechselgesang von Gildenlöw und Hallgren, bei denen von Erkältung nicht die geringste Spur zu hören war. Mit dem bitterbösen "Diffidentia" von "Be", dem neuen Song "Flame Of The Moth" und der herrlich ironischen und völlig schrägen Tanztempelhymne "Disco Queen" bog man dann schließlich auf die Zielgerade ein. So richtig Schluss war aber natürlich noch lange nicht, allerdings dauerte es einige Zeit, bevor ich die erste Zugabe erkannte, obwohl es sich um einen der wohl am meisten gecoverten Songs aller Zeiten handelte. Diese innovative Version des alten Leonard Cohen-Klassikers "Halleluja" dürfte allerdings zu den besten überhaupt gehören. In ruhigeren Fahrwassern blieb zunächst auch "Cripcaged", der wohl stärkste Song der neuen Scheibe, der erst zum Ende hin so richtig explodierte.

Entertainerqualitäten: Daniel Gildenlöw  Pain Of Salvation
Und ohne "Used", DEN Bandklassiker überhaupt, wurden Pain Of Salvation ohnehin nicht von der Bühne gelassen und so beschloss man diesen außergewöhnlichen Gig in einem ekstatischen und vollständig begeisternden Prog-Overkill. Zurück ließ man ausnahmslos müde aber glückliche Gesichter und zumindest beim Rezensenten die unbedingte Gewissheit, an diesem Abend in jeder Hinsicht bestens unterhalten worden zu sein. Und das ganz ohne Vorbands, großes Lichtshow-Kino, Hörspielchen, Pyrogewitter, In- und Outros, Videoscreenings usw. Manchmal reichen richtig gute Musik, großes Können und sympathisches Auftreten vollkommen zum perfekten Entertainment ...
Bandkontakt: http://www.painofsalvation.com

Setlist:
Scarsick
America
!
Nightmist
Handful Of Nothing
New Years Eve
Ashes
Undertow
This Heart Of Mine/Song For The Innocent
Chain Sling
Diffidentia
Flame Of The Moth
Disco Queen
-----------------------
Halleluja
Cripcaged
Used



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