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Undignified   27.08.2005   Chemnitz, Stadtfest
von rls

Undignified hatten mit dem gleichnamigen Song eines der absoluten Highlights auf der 2005er "Frisch gepresst"-Werkschau des Landesjugendpfarramtes Dresden abgeliefert, und obwohl die Band so oft in den heimatlichen Gefilden des "Arche"-Zentrums Chemnitz spielt, daß manche ihnen schon den Beinamen "Beatles von Chemnitz" verleihen, war es mir irgendwie noch nie vergönnt gewesen, sie live zu erleben. Nun ergab sich die Möglichkeit für mich, beim Stadtfest in Chemnitz auf einer kleinen Bühne am Roten Turm einen Open Air-Gig der Band in Augenschein zu nehmen. Drei oder vier Minuten nach der verbrieften Anstoßzeit 21 Uhr eingetroffen, stellte ich fest, daß die Band schon im vollen Gange war, so daß sie entweder superpünktlich oder früher als geplant angefangen haben müssen. Zeit zum Drübernachdenken blieb allerdings vorerst nicht, denn erstmal mußten die Erwartungen radikal korrigiert werden. Undignified spielten nämlich nicht etwa einem rockenden oder metallischen Set (der Song "Undignified" ist eine großartige Komposition melodischen Power-/Speed Metals), sondern einen halbakustischen, bei dem sie den Zweitgitarristen und den Drummer gar nicht erst mit auf die Bühne gestellt hatten. Diese Positionierung zielte offensichtlich darauf ab, das "gesetztere" Stadtfestpublikum nicht von vornherein zu verscheuchen und eine breitere Masse anzusprechen - ein Vorhaben, das als gescheitert gewertet werden muß, da bis auf einen kleinen Menschenkeil halbrechts in gehörigem Abstand von der Bühne das die ganze oder wenigstens längere Zeit des Gigs am Ort verharrende Publikum mehr oder weniger ausschließlich aus Arche-Stammauditorium zu bestehen schien. Statt dessen vergab man die Chance, mit einem konsequenten Powergig die reichlich in unmittelbarer Nähe vorbeiströmenden und die Nachbarbühnen frequentierenden Jugendlichen anzusprechen, von denen sich kaum einer für die agierende Besetzung interessierte. Schade drum.
Klammert man die strukturellen Überlegungen mal aus, war der Undignified-Gig trotz einiger soundtechnischer Probleme mit Tilos A-Gitarre nicht schlecht, wenngleich er an manchen Stellen erstaunlich blutarm wirkte (das wurde besonders bei den beiden in recht lahmen Versionen gespielten Zugaben "Mercy Is Falling" und "Oh Happy Day" deutlich) und auch die beiden Sängerinnen offensichtlich nicht ihren besten Tag erwischt hatten, sondern so sangen, als hätte man ihnen mit einer Wäscheklammer die Nase zugedrückt. Daß Tilo ein zwar engagierter, aber kein großer Sänger ist, ist bekannt, aber sein eingeschränktes Stimmvolumen störte in den abgespeckten Versionen der Songs im Set (der sich übrigens zum großen Teil aus Eigenkompositionen rekrutierte) nicht so sehr, da er nicht angestrengt gegen eine "wall of instruments" ankämpfen mußte. Der neue Keyboarder Dirk setzte in den wenigen Songs, wo er zum Einsatz kam, wenig Akzente, wohingegen Tabea am linken Bühnenrand nicht nur durch grundsolides Spiel, sondern auch durch ihren rosa (!) karierten (!!) Kontrabaß (!!!) auffiel. Der mittlerweile komplett kahlköpfige Tilo konzentrierte seine evangelisierenden Ansagen mehr im ersten Setteil (über das Bild der Wunderkerze als Symbol für den Christen als "leuchtendes Vorbild" sollte er trotzdem nochmal nachdenken, denn eine Wunderkerze ist nach kürzester Zeit abgebrannt, bemerkt der Spötter hierzu) und ließ im zweiten Teil dann mehr die Musik und die (über weiteste Strecken deutschen) Texte für sich sprechen. Highlights des stilistisch nicht so richtig einzuordnenden Gigs (der übrigens um 22 Uhr bereits wieder beendet war) waren das überraschende Westernhagen-Cover "Freiheit" (hier mal mit wirklich schönem mehrstimmigem Gesang) und das seinem Titel nicht entsprechende "Egal wie schräg ich bin", wohingegen man zwischendurch bisweilen auch zum Gähnen animiert worden war - und das hatte nichts mit meiner gehegten Erwartungshaltung zu tun. Jedenfalls machte ich mich irgendwie nicht so ganz befriedigt auf dem Weg zum Auto (einen Abstecher zu den anderen Bühnen ersparte ich mir - die monoton von dort herüberquellenden Beats und damit die zu erwartende "Hammermusik für Behämmerte", um mal ein Spiegel-Verdikt über den Heavy Metal an die richtigen Adressaten umzuleiten, reichten mir schon völlig), aber damit ist die Geschichte des Abends noch nicht zu Ende, denn da kamen noch Sapid Steel ins Spiel, und die Fortsetzung lese man dort im Review nach.



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