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Anam Cora   29.07.2005   Altenburg, Schloßkirche
von rls

Diese Truppe hatte bereits anno 2004 beim Altenburger Musikfestival das Publikum begeistert und war deshalb anno 2005 noch einmal eingeladen worden. Der im Vorjahr nicht dabeigewesene Rezensent kann die Theorie, daß man dieses Jahr ein neues Programm vorstellte, nur anhand der entsprechenden Ansagen zum Entstehungsdatum der Stücke, nicht aber anhand eines eigenen vergleichenden Höreindrucks verifizieren. Das feierliche Ambiente der Schloßkirche sollte eigentlich einen passenden Rahmen für das "Von Bach bis New Celtic Romantic Music" überschriebene 2005er Angebot des Trios bilden - eine Aussage, deren Konjunktiv im Laufe des Konzertes leider eine teilweise Bestätigung erfuhr. Denn im Prinzip erzeugte ausschließlich die Beteiligung der Orgel die richtigen Gänsehautmomente des Gigs, dessen stilistischer Schwerpunkt eindeutig im keltischen Bereich (oder was man dafür hielt) lag, während der alte Bach ob seiner Nennung in diesem Zusammenhang eher im Grabe rotiert haben mag (und das nicht vor Begeisterung). Orgel und Dudelsack ist prinzipiell eine hochgradig interessante Kombination, und genau dort lagen die eindeutigen Stärken Anam Coras: War beispielsweise der "Kanon" (eine Eigenkomposition, kein Pachelbel-Cover) zwar auch nicht allzu kompliziert aufgebaut, so erzeugten die beiden Instrumente im Zusammenklang einige Harmonien der Kategorie "Wohliger Schauer über dem Rücken". Und mit der einen oder anderen flotten Dudelsack-Soloweise zwischendurch machten Anam Cora im positiven Sinne auch keine Gefangenen.
Leider sollte es das aber auch schon gewesen sein mit der Herrlichkeit, denn der Rest des Programms überzeugte bedeutend weniger. Das hatte zunächst konzeptuelle Gründe: Eine von der Grundanlage her "erdverbundene" Musik (was auch die per Projektor eingeworfenen stimmungsvollen Landschaftsbilder als Ziel verdeutlichten) mit schwülstigen Synthieflächen und (noch schlimmer) hilflos tröpfelnden oder pseudoböse hämmernden, im Gesamtbild einfach nur nervenden elektronischen Percussions (denen man ihre künstliche Herkunft nur zu deutlich anhörte) zu unterlegen grenzt an den Versuch, Himbeereis mit Sauerkraut zum Frühstück verspeisen zu wollen. Selbst Simones live eingespielte Trommel schepperte derart blechern, daß sie nur während der marschartigen Passagen (die sich bisweilen in die Dudelsack-Soloweisen mischten) wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge paßte, aber ansonsten mehr Atmosphäre zerstörte als aufbaute. Gesang gab's übrigens in manchen Stücken auch, allerdings wollte sich zwischen den Stimmen Simones und Ingos keine richtige Harmonie einstellen (so daß emotional offensichtliche Vorbilder wie etwa Skyclads "Ring Stone Round" mit weitem Abstand verfehlt wurden), und wenn Simone orgelbegleitet sang, hörte man ihre Stimme aufgrund sich überschneidender Klangspektren schlicht und einfach überhaupt nicht mehr. An der Kunst des unterhaltsamen Moderierens sollte sie auch noch feilen - wenn man schon witzige Anekdötchen erzählt, muß man sich auch sicher sein, daß das Publikum den entsprechenden Background besitzt, um darüber tatsächlich lachen zu können; so wirkte auch dieser Part des Gigs eher hilflos. Auf diese Weise zog sich der über einstündige Gig bisweilen quälend in die Länge, waren die wirklichen Lichtblicke zu patchworkartig eingeflochten, offenbarten sich nur selten die wirklichen Stärken, das große Potential, das eigentlich in der vorhandenen Instrumentenkombination liegt. Und paradoxerweise erwies sich das Altenburger Publikum in diesem Zusammenhang als äußerst unkritisch - man feierte das Trio gar relativ enthusiastisch ab und erklatschte sich diverse Zugaben, während der Rezensent nach dem Gig die Kirche in Richtung des anschließenden Stern-Combo Meißen-Gigs mit der Erkenntnis verließ, trotz völlig anderen Musikgenres eine Parallele zu einem Phänomen der späten 90er Jahre gefunden zu haben: Wer die Versuche von Rage, Klassik-Rock zu spielen, mochte, könnte auch an der Herangehensweise Anam Coras Gefallen finden. Im negativierten Umkehrschluß wird freilich auch ein Schuh draus.



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