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Rock Hard-Festival   13.-15.05.2005   Gelsenkirchen, Amphitheater
von tk und Gaby Joerges

Bereits zum dritten Mal ging das einzige Metal-Open Air im Pott über die Bühne und versprach aufgrund seines interessanten Billings wieder ein Leckerbissen für jeden Headbanger zu werden. Das Amphitheater im Gelsenkirchener Nordsternpark ist seit dem RH-Jubiläumsfestival im Jahre 2003 aufgrund seines Flairs und seiner imposanten Kulisse vor dem Rhein-Herne-Kanal zu einem Geheimtipp für Open Air-Hungrige geworden, wo man auch schon mal vorbeischippernde Schifffahrtskapitäne ihre Matte schütteln sieht.

Der Veranstaltungsflyer
Samstag, 14.05.05
Bereits am Freitagabend ging im Amphitheater ein Warm Up-Programm über die Bühne, das ich mir aufgrund anderweitiger Präferenzen aber schenkte, um am Samstag zu mittäglicher Stunde erstmals Festivalluft zu schnuppern. Von den Norwegern COMMUNIC bekam ich nur die letzten beiden Songs mit, so daß ich über den Auftritt der (angeblich) jungen NEVERMORE-Ausgabe wenig berichten kann.
Die deutschen Metalcorler HEAVEN SHALL BURN bestiegen als zweite Band die Bretter, hatten sich krankheitsbedingt den Frontbrüller von MAROON ausgeliehen, der aber seine Sache recht ordentlich bewerkstelligte. Mir ging der 0815-Metalcore allerdings zum einen Ohr rein und zum anderen gleich wieder raus, so dass ich meine Aufmerksamkeit dem benachbarten Metalmarkt widmete, um pünktlich zum Gig der Wikinger ENSIFERUM wieder vor der Stage Position zu beziehen. Die jungen Finnen legten eine imposante Show mit besten Essenzen aus traditionellem Metal, symphonischem Death/Black und nordischer Folklore hin. Erstmals war auch die Bangerschar so richtig aus dem Häuschen und feierte die Nordmänner ab, die den Ball dankbar aufnahmen und mit jedem Song lockerer und entspannter ihre Setlist abarbeiteten.
Die Schweden THE HAUNTED, in der Presse ziemlich hochgelobt, konnten meine hohen Erwartungen allerdings nicht ganz erfüllen. Der wütende Mix aus progressivem Thrash, modernem Metalcore und zeitweiligen Ausflügen ins Death Metal-Genre wirkte nicht immer schlüssig und nicht selten banginkompatibel, obwohl die Musiker alles gaben und sicherlich zu den begabteren Acts in dieser Sparte zählen.
Den absoluten Tiefpunkt des Festivals markierten dann die Schweizer SAMAEL mit ihrem grauenhaften Elektro-Düstergedudel der Marke "dauernervend bis unverdaulich". Warum der Veranstalter solch eine Band überhaupt einlädt, ist mir ein Rätsel. (Weil immer noch alle Black Metaller darauf warten, irgendwann mal wieder Songs von "Worship Him" und "Blood Ritual" aufgetischt zu bekommen - Anm. rls) So hielt sich denn auch die Begeisterung des Publikums in Grenzen. (tk)
SONATA ARCTICA legten einen engagierten, energiegeladenen Auftritt hin, der an Spielfreude nichts vermissen ließ. Auch die Songauswahl ließ abgesehen von der vorgegebenen Kürze des Sets keine Wünsche offen. Gute Laune versprühend und bestens bei Stimme konnte Tony Kakko mit seinen Jungs einmal mehr zeigen, daß sie keinesfalls die x-te Stratovarius-Kopie sind, sondern einiges an Eigenständigkeit zu bieten haben. (Gaby Joerges)
Nach soviel zuckersüßen Mädchenmetal-Melodien wurde endlich mal richtig auf den Putz gehauen. AMON AMARTH zelebrierten Schweden-Death der allerbesten Sorte, der mit folkigen Elementen angereichert und in ein bombastisches Soundkleid gehüllt für eine Mörderstimmung im Rund sorgte. Selbst in den obersten Reihen des Amphitheaters wurde noch mit dauerkreisenden Matten den Elchtod-Melodien anerkennend Tribut gezollt. Klasse Gig der Schweden.
CHILDREN OF BODOM dürften an diesem ersten Festivaltag wohl die meisten Fans angelockt haben, was auch an den frenetischen Publikumsreaktionen deutlich zu erkennen war. Die Finnen brillierten mit technischen Kabinettstückchen, duellierenden Gitarrenläufen und Keyboardgewittern ohne dabei originell zu wirken und dem Ruf als Überband, der ihnen vorauseilte, gerecht zu werden. Als härtere STRATOVARIUS/SONATA ARCTICA-Variante geht das sicher in Ordnung, "Melodic-Death meets Malmsteen" war das aber beileibe nicht. Vor allem die grenzdebilen wie hyperpotenzierten "Fucking"-comments von Frontkreischer Alexi Laiho langweilten mit zunehmender Spieldauer doch sichtlich.
Während der Umbaupause hatte BLIND GUARDIAN-Sänger Hansi Kürsch die Ehre, das fast fertig gestellte neue DEMONS & WIZARDS-Album vorzustellen, von dem einige Songs via CD eingespielt wurden.

Madness reigns ...
Welcome to the hall of the mountain king! JON OLIVA, SAVATAGE-Mitbegründer und als solcher vom Rock Hard längst heilig gesprochen, ließ es sich nicht nehmen, als erster Headliner das komplette Showprogramm durchzuziehen und sich und seine drei Zentner Lebendgewicht theatralisch in Szene zu setzen. Was der Mann an diesem Abend gesanglich zeigte, war durchweg superb. Aber nicht nur der Gesang, sondern vor allem das entfesselte Riffing der beiden Saitenhexer machte deutlich, wie limitiert das Duo Caffery/Pitrelli in der jüngeren SAVA-Vergangenheit doch agierte. Oliva und seine Mannschaft spielten sich förmlich in einen Rausch und ließ das Publikum komplett ausrasten. Die Schaffensphase mit Zak Stevens als Sänger wurde nahezu komplett ausgeblendet, gut so. Auch die Songs seines Soloalbums "Tage Mahal" kamen verdammt 80s-like rüber.
Vor oder nach der ewigen Glückseligkeit: Moderator und Rock Hard-Chefredakteur Götz Kühne'mosh'
Nicht nur Kühnemosh schien an diesem Abend in der ewigen Glückseligkeit angekommen zu sein. Und wer den Fans nach "Sirens" als erste Zugabe "Power Of The Night" (The best SAVA-Track ever!) kredenzt, dem gebührt Respekt und Anerkennung! Danke, Jon Oliva, für diese grandiose Show!

Sonntag, 15.05.05
Vom pfingstsonntäglichen Opener HELLFUELED bekamen wir nicht mehr allzu viel mit; was soundtechnisch von den Schweden in Richtung Metalmarkt-Zelt herüber schallte, klang verdächtig nach OZZY und BLACK SABBATH.
Die nachfolgenden Landsleute von WOLF boten Truemetal von der Stange, der zwar phasenweise ein richtig old-schooliges NWoBHM-Feeling erzeugte, ansonsten durch die arg in Mitleidenschaft gezogene Stimme des Sängers ziemlich verblasste und austauschbar wirkte. Auf Tonkonserve sollen sie um Längen besser sein. (Sind sie. - Anm. rls) Nun gut.
Mit einem kritischen Blick gen Himmel gerichtet wurde es erstmals spannend vor der Bühne, denn die britische Prog-Institution THRESHOLD enterte die Stage, um diesmal ohne Gewittersturm und Überschwemmung ihren Gig voll durch zu ziehen. Dem hohen Erwartungsdruck konnten sie denn auch souverän standhalten und zelebrierten Prog-Metal vom Feinsten, der sich überwiegend aus Songs der letzten Scheibe "Subsurface" und der wohl besten THRESHOLD-Produktion "Hypothetical" zusammensetzte.
Die schwedischen Deathmetal-Veteranen UNLEASHED dürften wohl die heftigsten Akteure des Festivals gewesen sein und boten eine schweißtreibende Bühnenshow aus technisch anspruchsvollem Old-School-Stoff, der wechselweise mal mächtig groovend, mal hyperblast-lastig in guter Soundqualität durch das Amphitheater fegte und optisch einen breiten Teppich aus fliegenden Haaren knüpfte. Beide Daumen hoch für die Elchtöter.
Es folgte ein rapider Stilwechsel. Die PRETTY MAIDS machten es den Melodic-Jüngern nicht gerade einfach, spielten sich die Dänen erstmal rund 20 Minuten durch hardrockende Songs von eher mittelprächtiger Qualität, um dann mit alten Klassikern wie "Love Games", "Yellow Rain" und den Paradestücken "Future World" und "Back To Back" die fast schon eingeschlafenen Fans noch mal wach zu küssen. Einzige richtige Konstante: Sänger Ronnie Atkins, der eine durchweg gute gesangliche Performance zeigte.
Während der Umbaupause durfte dann Ex-BLIND GUARDIAN-Trommler Thomen Stauch seine neue Band SAVAGE CIRCUS vorstellen, von der via Festival-PA erste akustische Studioergebnisse durch die Boxen gejagt wurden. (tk)
MASTERPLAN - mit Spannung erwartet, ließen ein gut gelaunter Jorn Lande und seine Mitstreiter denn auch kaum Wünsche offen, die Songauswahl war gelungen. Dennoch ließen zwei Dinge zu wünschen übrig, zum einen der Sound, der leider mit MASTERPLAN gleich zwei Klassen schlechter wurde und zum anderen präsentierte sich die Truppe für mich nicht wirklich als Band, sondern man sah ihnen an, daß sie halt ein erfolgreiches Projekt fähiger Musiker und nicht wirklich eine gewachsene Band im klassischen Sinn sind. (Gaby Joerges)
Dass OVERKILL nach wie vor den Ruf als eine der besten Live-Bands dieses Planeten genießen, sollte sich auch an diesem Abend bestätigen. Zum 20jährigen Bandjubiläum gabs das volle Old-School-Speedmetal-Brett, gespickt mit halsbrecherischen Licks, garniert mit der Frontsirene von Bobby Blitz. Die New Yorker ließen nix anbrennen und holzten sich mit Maximaleinsatz durch ihre Setlist. Der Mix aus neueren Songs und älterem Material erwies sich als gelungen, auch wenn die Amis auf ihre Hymne "In Union We Stand" aufgrund des eng gesteckten Zeitplanes verzichten mussten. Well done!
Der Beginn vom Ende der Finnen SENTENCED endete auf der Bühne so, wie er begann: durchschnittlich bis langweilig dargebotener, melancholisch angehauchter Melody-Metal mit einigen wenigen Lichtblicken; vor allem dann, wenn auch mal etwas schneller gespielt wurde. Ansonsten belanglos und dem Ranking im Billing absolut unwürdig. Derartige Farewellshows braucht kein Metalhead!

Reunion auf Zeit: Udo Dirkschneider und Wolf Hoffmann
Veni, vidi, vici! Die erste der ACCEPT-Reunion-Shows wurde zu einem einzigen Triumphzug der deutschen Metal-Urgesteine und sorgte zwei Stunden lang für ein wahres Festival der Sinne - optisch und akustisch sowieso. Udo Dirkschneider begrenzte seine Ansagen auf ein Minimum und gab auf der Bühne alles, ebenso wie seine Bandkollegen, die mal wieder eindrücklich unter Beweis stellten, dass alt und erfahren eben doch am besten rocken. Vom ersten Song an gabs ausschließlich Klassiker der Bandgeschichte zu hören, zu "Metal Heart" auch jede Menge Pyrokunst und Stichflammen sowie ein Klassik-Medley von Wolf Hoffmann, in dem er u.a. den "Bolero" und "Pomp And Circumstance" intonierte. Überaus lecker und für Frickel-Fetischisten ein wahrer Ohrenschmaus. Die Besucher, sonst immer in mehrere Lager gespalten, verschmolzen bei diesem Gig förmlich zu einer Einheit, sangen nahezu einstimmig aus voller Kehle mit und feierten ihre Helden nach allen Regeln der Kunst ab.
Nicht In Flames, sondern Accept
Ein ausgiebiger Zugabenteil offerierte noch mal Ohrgasmen am Fließband, u.a. "I'm A Rebel", "Balls To The Wall" und natürlich "Princess Of The Dawn". Nach zwei Stunden verließen Udo und Co. unter Dauer-Pyro-Gewitter die Bühne und mich resümierend zum Schluß kommen, eine der größten Heavy Metal-Bands aller Zeiten endlich mal live gesehen zu haben!

Fazit: Ein ordentliches, von zwei Totalausfällen (SAMAEL, SENTENCED) mal abgesehen, wirkliches sehenswertes Programm mit musikalisch überdurchschnittlichen bis hochkarätigen Bands, die sich auf der Bühne mal mehr, mal weniger gut verkauften, aber stets Unterstützung von ihren Fans erhielten.
Allerdings lasse ich es mir als Vertreter des Jugend- und Kulturnetzwerkes CrossOver UND Metalfan nicht nehmen, abermalig und nachdrücklich auf den zügellosen Umgang mit der Volksdroge Alkohol hinzuweisen - das betrifft im Grunde alle Rock- und Metalfestivals. Wenn 17jährige nachmittags um fünf sturzbetrunken über das Festivalgelände torkeln, darf sich die Metalszene (das schließt sowohl Musiker als auch Veranstalter und natürlich die Besucher mit ein) nicht wundern, dass ihr Bild in der Öffentlichkeit weder glaubwürdig noch mit der gewünschten Akzeptanz wahrgenommen wird, auch wenn das kollektive Gehirnzellen-Abtöten bei zukünftigen Festivals wohl weitergehen wird. (Solange es Menschen wie Herrn Mühlmann gibt, deren Tankard-Tourstories zur Hälfte aus verniedlichten Beschreibungen übermäßiger Alkoholgenußsituationen bestehen, wird es das tatsächlich. - Anm. rls) Leider! (tk)

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