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Rock Hard-Jubiläums-Festival   07.-08.06.2003   Gelsenkirchen, Amphitheater
von dh und tk

Man mag über das "Megazine", dessen Mannschaft und polarisierende wie nicht immer ganz professionelle Berichterstattung denken, wie man will, das Rock Hard markiert für deutsche Metalfans neben dem Hammer immer noch die Nr. 1 unter den Musikgazetten. So verwundert es auch nicht, daß man sich zum 20. Geburtstag einen ganzen Haufen überdurchschnittlicher bis exzellenter Bands eingeladen hatte, um dieses Ereignis in einem würdigen Rahmen feiern zu können.

Das eigentlich angedachte Billing
Als Veranstaltungsort für die Geburtstagsparty hatten sich Kühnemosh & Co. das Amphitheater in Gelsenkirchen im grünen (!) Herzen des Ruhrpotts ausgesucht, was nach Ansicht der knapp 4000 anwesenden Besucher (unsereiner inkl.) eine exzellente Wahl darstellte. Wir wollen an dieser Stelle die ereignisreichen Pfingsttage Revue passieren lassen.

Samstag, 07.06.03
Nachdem wir uns, im Hotel eingetroffen, erstmal eine Verschnaufpause gegönnt haben, gings Richtung Amphitheater, wo wir recht pünktlich zu Einlaßbeginn eintrafen. So holten wir uns rasch unsere Presseausweise ab, inspizierten die Anlage und bummelten an einer Reihe von Info-, Merchandising- und Fressbuden vorbei, um dann rechtzeitig zur ersten Band vor der stage anwesend zu sein.
Die holländischen Deathmetaller God Dethroned eröffneten die Geburtstagsparty mit technisch anspruchsvollem Highspeed-Geknüppel, welches in sengender Mittagshitze aber nur die Hartgesottenen der Propeller-Bang-Fraktion frenetisch abfeierten. Ohne Zweifel, die Band sollte die extremste des gesamten Festivals sein und bleiben, als Opener hätte man allerdings erstmal eine weitaus weniger aggressiv agierende und musikalisch leichter zu verdauende Band auf die Bretter schicken können.
Da an diesem Tag parallel zu den Gigs auch noch ein Metalmarkt seine Pforten geöffnet hatte, begaben wir uns anschließend zu eben diesem, um uns in Bergen aus Vinyl und kleinen Silberscheibchen zu vergraben, so daß wir von der zweiten Band, Tribe After Tribe, so gut wie gar nichts mitbekamen.
Am Nachmittag gab's on stage bei Backofentemperaturen dann Savatage zu hören, allerdings unter dem Decknamen Circle II Circle. Sicherlich übt die Band um den Ex-Sava-Sänger Zak Stevens eine große Anziehungskraft auf die Fans aus, in spieltechnischer Hinsicht ist die Truppe aber allenfalls oberer Durchschnitt. Als dann "Edge Of Thorns" und "Gutter Ballet" intoniert wurden und Altmeister Jon Oliva die Massen dirigieren durfte, riskierten wir von unserem Stützpunkt aus (Rock Hard VIP- und Pressezelt) auch mal einen Blick auf die Bühne. Außerdem spielte man mit "Welcome Home (Sanitarium)" von Metallica einen weiteren Coversong.
Ein vorgezogener Höhepunkt des Samstags sollte aber schon am späten Nachmittag folgen: Die Reunion-Show der legendären Doom-Institution Trouble. Diese Band hat ganze Generationen von Metalbands geprägt, hier enterten also echte Pioniere die Bühne. Eric Wagner schlenderte lässig mit Glimmstengel in der Hand über die stage, war stimmlich absolut top und Bruce Franklin sowie Rick Wartell rockten und groovten an ihren Äxten wie in guten alten Zeiten. Ob nun "The Skull", "Pray For The Dead", "Revelation" oder "The Tempter", jeder Song wurde frenetisch abgefeiert und lauthals mitgesungen, Gänsehaut-Atmosphäre im Amphitheater.
Die darauffolgenden Nevermore konnten zu keinem Zeitpunkt ihres Gigs diese Klasse halten, was aber auch mit am grottenschlechten Sound lag, unter dem die Ami-Powermetaller zu leiden hatten. Das lieblose Hau-Drauf-Songmaterial wirkte zu zerfahren, war wenig eingängig und nur schwer verdaulich. Daran änderte auch nichts, daß wir im Beisein von Mountainking Jon Oliva zugesichert bekamen, daß er die Bandmitglieder von deren Kindesbeinen an kennt und schätzt.

Kreator im grünen Herzen des Ruhrpotts
Die deutsche Thrash-Legende Kreator ist da schon aus einem anderen Holz geschnitzt. Mille und seine Jungs zeigten mal wieder, wo der Thrash-Hammer hängt und konnten mit einem um 200% verbesserten Sound die Bangerhorden in Stimmung bringen. Ob nun Songs der neueren Scheiben ("Violent Revolution", "Phobia") oder älteres Material ("Flag Of Hate", "Extreme Aggressions"), die Band spielte ihre ganze Routine aus und präsentierte sich in Höchstform. Uns war natürlich bewußt, daß der Co-Headliner des Samstags, Anthrax, diese Show nicht würde toppen können, was sich im Nachhinein auch bestätigte. Die Amis boten modernen, groovigen, thrashig angehauchten Metal, der unsereins aber einen Tick zu modern erschien. Da half auch nicht das Faktum, daß man ein paar Klamotten aus der 80er Thrash-Kiste auspackte, die aber längst nicht so zündeten wie der Kreatorische Stoff.
Die Headliner Blind Guardian zogen dann bei mittlerweile einigermaßen erträglichen Temperaturen alle Register ihres Könnens und zelebrierten einen wahrhaft imposanten Auftritt, versehen mit dem besten Sound und den besten Lichteffekten des Abends. Zur Überraschung ihrer Fans packten die Krefelder auch ein paar Songs auf die Playlist, die wohl nur allzu selten in der Vergangenheit live gespielt wurden, u.a. "Majesty", "Lord Of The Rings" und "The Bard's Song - The Hobbit". Natürlich durften Kracher wie "Imaginations From The Other Side" und "Welcome To Dying" - aus tausenden Kehlen lauthals mitgesungen - nicht fehlen. Die zweistimmigen Leadgitarren der Herren Olbrich und Siepen sind schon eine Klasse für sich und untermauern das musikalische Können der Band. Lediglich Hansi Kürsch lag mit seinen Ansagen, die einem Antrittsappell bei der Bundeswehr ähnelten, oftmals daneben. Insgesamt aber ein absolut würdiger Headliner-Auftritt, den wohl die meisten der zahlenden Besucher in vollen Zügen genossen haben dürften.

Sonntag, 08.06.2003
Als wir morgens zu humaner Zeit aus unseren Hotelbetten krochen und mal eben die Nase aus dem Fenster hielten, war uns schon bewußt, dass es nicht bloß ein brütend heißer Tag werden würde.
Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns wieder auf die Socken Richtung Amphitheater und wurden des Wegs dorthin Zeugen einer opulenten Motorradschau.
Als erste Band des Sonntags durften die Nachwuchs-Thrasher Darkane aus Schweden auf die Bretter, die mit ihrem old-school-angehauchten Prügelstoff absolut im grünen Bereich lagen und sicherlich einige neue Fans hinzugewinnen konnten. Lustig war auch der hintergründige Anblick vorbeituckernder Kähne auf dem Rhein-Herne-Kanal, während vor uns gerade wild gemosht wurde. Wir zogen es angesichts der unerträglichen Hitze allerdings vor, im Zelt zu bleiben und uns mit erfrischendem Nass zu versorgen. Ich (tk) wagte mich trotz aufziehender wettertechnischer Katastrophe im Anschluß an Darkane dennoch direkt vor die Bühne, um mir die britischen Prog-Helden Threshold anzuschauen. Die Freude währte allerdings nur zwei Songs, denn bei Song Nr. 3 mußte die Show aufgrund sintflutartiger Regengüsse, Gewitter und Sturm abgebrochen werden. Das Publikum nahm's erstaunlich locker und machte sich auch noch einen Spaß aus diesem wahrhaft apokalyptischen Naturschauspiel. Nach rund eineinviertel Stunden war der Spuk vorbei und es konnte im Programm weitergehen. Da die für dieses Festival anberaumten Bolt Thrower und Death Angel kurzfristig abgesagt hatten *jammer, heul* folgte mit Arch Enemy die erste Umstellung in der Running Order. Da es aber immer wieder zu regnen begann, verzogen wir uns erneut ins VIP-Zelt, von wo aus wir deathmetallische Klänge vernahmen mit einer barbarischen Frauenstimme veredelt, welche bei den Herren der Schöpfung für einige offenstehende Münder sorgte. Die allseits so gelobten und gepriesenen Soilwork konnten im Anschluß mit ihrer modernen Mischung aus groovigem Thrash mit Deathmetal-Elementen bei unsereiner aber nicht den großen Wurf landen. Die Band hat zweifelsohne spieltechnisches Potential, konnte dieses aber nur bedingt auf der Bühne umsetzen. So begaben wir uns noch während des Gigs zwecks Nahrungsaufnahme auf einen Rundgang über die Freßbudenmeile, um rechtzeitig gestärkt zum Auftritt der schwedischen Power-Doom-Urgesteine Candlemass im Halbrund wieder anwesend zu sein. Der Fünfer zimmerte mit seinen lavamäßigen Songs eine recht ordentlich morbide Atmosphäre, die für die ein oder andere Gänsehaut sorgte. Der charismatische Ex-Memento Mori-Sänger Messiah Marcolin variierte zwischen aggressivem und glockenklarem Gesang und sorgte immer wieder mit humoristischen Ansagen wie "Ich bin ein Doomkopf" für kollektives Gelächter. Toller Gig der Schweden.
Nomen est Omen. Kaum hatten die für Bolt Thrower eingesprungen Thrash-Opas von Sodom die Bühne betreten, fing es wieder heftig an zu schütten (Merke: In Sodom fiel laut biblischer Schilderung Feuer und Schwefel vom Himmel und nicht etwa Gewitterregen - Anm. rls), so daß wir uns einmal mehr ins fast schon überfüllte Zelt zurückzogen. Sodom stellten zu keinem Zeitpunkt einen würdigen Ersatz für die britische Deathmetal-Institution dar und auch der "Bombenhagel" konnte daran nichts ändern.

In Flames
Um im Zeitplan zu bleiben, wurde der Sodom-Gig etwas zurechtgestutzt, damit der Co-Headliner des Sonntags In Flames auch sein volles Programm durchziehen konnte. Die Schweden machten ihrem Bandnamen alle Ehre und hatten eine Menge Pyrotechnik aufgefahren, auch wenn meterhohe Stichflammen und Dauergeböller über das phasenweise musikalische Mittelmaß nicht hinwegtäuschen konnten. Zwar haben die Göteborger mit ihrem melodischen Deathmetal, der hier und da Ohrwurmqualitäten offenlegt, schon mächtig abgeräumt und erfahren in der Szene eine Menge Zuspruch; das neue Songmaterial von "Cloud Connected" schien nach unserem Eindruck aber mit zu vielen modernen sounds und samples bzw. metalcorelastigen Anleihen garniert zu sein, so daß uns die zweifelsohne hochtalentierte Truppe nicht so recht vom Hocker reißen wollte.
Mittlerweile war es nicht nur recht frisch im Amphitheater geworden, sondern auch Zeit, um uns auf die wahren Headliner des Festivals, nämlich Saxon, einzustimmen.
Nach dem Bühnenumbau wurde aber noch ein Überraschungsgast auf die Bretter geschickt (für uns aber keine Überraschung mehr, da man aus gesicherten Quellen schon vorher davon erfahren hatte): Doro durfte beim Rock-Hard-Geburtstag mitjubeln und tat dies in Form eines etwa 20minütigen Auftritts, der aber auffällig künstlich inszeniert und arg theatralisch wirkte. Daran änderten auch die exzellenten Animateurfähigkeiten der Frau Pesch nichts. Die meisten Besucher warteten eh nur noch auf Saxon. Unter Donnergrollen, das diesmal aber aus den Lautsprechern kam, betraten die britischen Metal-Urgesteine die Bühne und feuerten als Opener gleich mal "Heavy Metal Thunder" unters Bangervolk. Jetzt wurden noch mal alle Kräfte mobilisiert, mitgeklatscht, mitgejubelt, der Kopf und die Haare geschüttelt. Die Briten präsentierten sich einmal mehr in Höchstform, zelebrierten die Songs, die die Fans auch erwarteten und hatten auch den besten Sound des Tages. Biff kommentierte die nachmittäglichen Wetterereignisse mit einem herzerfrischenden "Scheiße Mann!" und erwies sich einmal mehr als exzellenter Entertainer. Die Playlist glich in etwa der diesjährigen Tour mit Evidence One und Brainstorm. Neben Hits wie "747" oder "Wheels Of Steel" gab's natürlich auch die Alltime-Klassiker "Crusader" und "The Eagle Has Landed" zu hören. Bei der letzten Zugabe "Denim And Leather" durften die Geburtstagskinder Schrank Albrecht und Kühnemosh noch mal ran und sangen bzw. johlten mit Biff im Duett. Wir nahmen es schmunzelnd zur Kenntnis. Ein denkwürdiger Open Air-Auftritt, der in punkto Darbietung und old-school-metallischer Ohrgasmen keine Wünsche offen ließ!

Fazit: Lob für die Rock Hard-Mannschaft und deren engagierter, besucher- wie pressefreundlicher Organisation dieses Festivals. Auch für die Bandauswahl muß man den Veranstalter größtenteils loben. Tadel gibt's für die maßlos überhöhten Getränkepreise und den wieder einmal unkontrollierten Konsum der "Droge" Bier. Aber wer am frühen Nachmittag bei sengender Hitze schon stockbesoffen in der Ecke liegt, muß sich nicht wundern, daß er wenig später via Notarzt abtransportiert werden muß. Fragt sich nur, was diejenigen noch großartig vom musikalischen Programm mitgeschnitten haben, dessentwegen sie doch eigentlich angereist waren. Manche lernens eben nie ...

Setlist Blind Guardian (ohne Gewähr):
1. War Of Wrath
2. Into The Storm
3. Welcome To Dying
4. Nightfall
5. Script For My Requiem
6. Harvest Of Sorrow
7. Another Holy War
8. Bright Eyes
9. Majesty
10. The Last Candle
11. The Soulforged
12. And Then There Was Silence
13. The Bard's Song - In The Forest
14. The Bard's Song - The Hobbit
15. Imaginations From The Other Side

16. And The Story Ends
17. Lord Of The Rings

18. Mirror Mirror

Setlist Saxon (ohne Gewähr):
1. Heavy Metal Thunder
2. Motorcycle Man
3. Solid Ball Of Rock
4. Court Of The Crimson King
5. 20.000 Feet
6. Dragon's Lair
7. 747 (Strangers In The Night)
8. Battle Cry
9. Drum Solo (Warrior)
10. The Eagle Has Landed
11. Crusader
12. Dogs Of War
13. Forever Free (Power & The Glory?)
14. Princess Of The Night

15. Guitar Solo
16. Wheels Of Steel
17. Metalhead
18. Denim & Leather



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