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Häwiemeddl, nüscht im Scheddel? Dark Suns, Mainpoint, Killmenoc   25.02.2005   Leipzig, Moritzbastei
von ta

"Existence", Album Nummer zwei von Leipzigs Dark Suns, ist ein musikalisches Exklusivum. Schwermut und ihre verzweigten Pfade. Nichts von wegen leerer Schädel. Also: Fragezeichen unterstreichen. Dies nur als Propädeutikum.
Die Veranstaltungstonne der Moritzbastei war bereits gut gefüllt, als Killmenoc die Bühne betraten. Das änderte sich recht flugs. Alternative Rock mit Frauenstimme hatte wohl keiner erwartet. Hätte auch nicht sein müssen. Nichts übrigens gegen die Musik des Quartetts. Technisch war das Ganze sauber dargeboten, die Dame am Gesang hinterließ einen guten Eindruck, die Ansagen waren nett, die Songs leidlich originell, aber Deibel, wen hätte es gestört, wenn nicht mich aufgrund dieser zwei Punkte: Erstens war die Chose bei einer Scheddel-Party nicht gut aufgehoben (und die Gesichter vieler Anwesenden zeigten das auch an), zweitens muss der Trupp noch an seiner unsicheren Bühnenpräsenz feilen. Aber ein Abstand von mehreren Metern zwischen Bühne und erster Reihe verunsichert vermutlich auch etwas.
Mit dem mussten auch Mainpoint sich abfinden. Die heimsten ein wenig mehr Applaus ein. Gothic Rock/Metal passte eben besser. Der Sänger schoß gut zwei Meter in die Höhe und brüllte auch mal ordentlich herum. Das gab Applaus - viel mehr allerdings auch nicht. Alles wartet auf die Dark Suns. Wir auch. Ermüdende Situation. Nach ein paar Liedern verließen wir die Tonne und gönnten uns noch ein wenig Ruhe. Von draußen klangs dann sogar so, als ob doch noch richtig Stimmung aufgekommen wäre. Wer weiß, was da noch vor sich ging.
Die Dark Suns wählen mit dem neuen Song "A Slumbering Portrait" einen eigentlich denkbar hypnotischen Einstieg in ihr natürlich auf das unglaublich wunderbare "Existence"-Album konzentriertes Set. Leider kommen die Backing Vocals von Gitarrist Maik Knappe und viele Keyboardeinsätze von Thomas Brenner nicht mehr in den mittleren und hinteren Reihen des Publikums an, was sich auch im weiteren Verlauf des Gigs nicht ändert. Dadurch fehlen wichtige harmonische Fundierungen für Sänger Niko Knappe, so dass sein klarer Gesang oft etwas verloren wirkt. Das wäre eigentlich nicht allzu ärgerlich, ist es hier aber dann doch, denn erstens ist mit dem Liedmaterial von "Existence" kaum einer schon richtig vertraut (die Scheibe ist erst ein paar Tage vorher veröffentlicht worden), so dass die fehlenden Komponenten nicht hinzugedacht werden können, zweitens leben die neuen Songs gerade von ihrer anspruchsvollen Harmonieverteilung auf alle beteiligten Musiker. Bad luck. Nichtsdestotrotz sind "The Euphoric Sense", "Her And The Element" oder "Gently Bleeding" musikalische Kostbarkeiten, die auch an diesem Abend einen Genuß darstellen - beim Stillstehen und genauen Hinhören zumindest. So ist während der meisten Songs konzentrierte Stille, kaum Bewegung im Auditorium, aber der Applaus nach jedem Song spricht Bände. Die Band freut sich sichtlich über die positiven Reaktionen, gibt sich aber ebenfalls der Andächtigkeit der eigenen Stücke angemessen. Bis auf Gitarrist Torsten Wenzel zeigen sich die Musiker bewegt, aber introvertiert. Das schlaucht nun wiederum mit der Zeit, denn die Musik allein kann ich ja auch zuhause genießen. Vielleicht sind die neuen Songs auch nur bedingt live-tauglich. Zumindest sind sie an diesem Abend nicht ganz so mitreißend, wie sie es sein könnten. Und es ist schon symptomatisch, dass gerade bei einer älteren, härteren Schote wie eben "Swanlike" (zweite und letzte Zugabe) im Publikum das große Rappeln losgeht, sogar ganze Headbangerreihen entstehen, die vorher beim großartigen neuen Dreizehnminüter "One Endless Childish Day" noch in stoischer Bewegungslosigkeit verharrten. Aber solches ist eben das Schicksal komplexer und uneingängiger Kompositionen. Herr Knappe sorgt wieder einmal für offene Münder, weil er die Doppelbelastung Schlagzeug (krummtaktig) und Gesang (anspruchsvoll) souverän trägt. Auch mit Bassist Christoph Bormann ist eine todsichere Groove-Basis garantiert. Spieltechnisch kann es also nicht ernsthaft Beanstandungen geben. Aber eine durchweg unterhaltsame Live-Band sind die Dark Suns noch nicht. Nichtsdestotrotz hinterlassen sie nachts um halb zwei nur zufriedene Gesichter - mit Trägern, denen das gute Gewissen, eine besondere Band gesehen zu haben, nachhaltig eingepflanzt worden ist. Übrigens: In Bälde geht die Band mit Pain Of Salvation auf Tour. "Be" und "Existence". Die volle Ladung auf-der-Welt-Seins. Na wenn das nichts ist.



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