www.Crossover-agm.de
Alias Eye   13.12.2003   Mannheim, Forum
von gl

Eingeladen zur Record-Release-Party anlässlich ihrer zweiten Platte "A Different Point Of You" hatte die Mannheimer Band in eine passend schöne Location, die dem Rahmen bei ca. 300 Anwesenden mit glasklar austaxiertem Klang gerecht wurde. (Hier an der Neckarpromenade sollten öfters kleine bis mittlere Konzerte stattfinden.) Alle Instrumente waren offensichtlich sorgfältig justiert worden und die Umsetzung des komplizierten Materials, das im Studio durch diverse Gastmusiker angereichert wurde (die aber zum Großteil nicht konnten, da die Profimusiker selbst Konzerte hatten), wurde von der Band äußerst routiniert und professionell mit leichten Abwandlungen vorgetragen. So wurde, wenn ich mich nicht täusche (da ich das Album erst an diesem Tag gekauft hatte) das komplette brandneue Album sowie ein Großteil des 2001er Albums "Field Of Names" mit spürbarer Spielfreude dargeboten.

Matthias Richter  Phil Griffiths  Frank Fischer

Frontman Philip Griffiths führte mit seiner unnachahmlichen Art durch den Abend, schon dreimal sah ich die Band nun live und er hat ein ganz eigenes Stageacting ohne Poserei oder Showgehabe. Keyboarder Vytas Lemke saß auf der rechten Bühnenseite hinter diversen Keyboards und hatte gleich 3 Mikrofone, eines für seine beeindruckenden Einlagen am Akkordeon, die er so neben dem Singen und den Keyboards auch noch absolvierte. (Das steckt im Blut, denn wie wir erfuhren, ist sein Großvater einer der virtuosesten Akkordeonspieler in seiner Heimat.) Und da die Band bereits Resonanz bekam, dass "Your Other Way" an ein französisches Chanson erinnerte, nahm sie dies auf und verstärkte live den Eindruck. Gitarrist Matthias Richter auf der linken Bühnenseite brillierte durch fantastisch-verträumte Soli, wie bei dem vertrackten "Fake The Right" oder dem wirklich phänomenalen "The Great Open" - wunderschön. Matthias Richter müsste eigentlich in der Abteilung "Bester Deutscher Gitarrist" so langsam mal mit dabei sein, meiner bescheidenen Meinung nach ... Er überraschte beim genialen "Icarus Unworded" mit einem neuen Instrument, einer Slide-Gitarre, die er im Sitzen spielte und die er eigens für dieses Stück gekauft hat!! Das nenne ich mal Engagement im Sinne der Musik!!

Der Akkordeonkünstler: Vytas Lemke  Nanu, Jeff Healey?  Welche Gitarre nehm' ich denn nun?

Die Rhythmus-Sektion Frank Fischer am Bass und Ludwig Benedek am Schlagzeug legte ein solides Fundament zu dem komplexen Songmaterial hin. Und auch Gastmusiker Timo Wagner am Saxophon bei zwei Songs konnte den Sound veredeln. Wie bereits vor 2 Jahren bei Rock im Quadrat (eine in Mannheim jährliche Veranstaltung mit 4 lokalen Bands) wurde als Gast auch Philips Vater Martin Griffiths auf die Bühne gebeten und die beiden sangen miteinander den Song der ex-Band des Vaters BEGGARS OPERA, "Time Machine" - immer ein toller bewegender Moment.

Wenn der Vater mit dem Sohne: Martin und Phil Griffiths  Judas Priest?

Auch eine weitere kleine Fremdeinlage, diesmal in Form von ABBAs "Mamma Mia" - wirklich passend und taktlich auch geschickt eingebaut, verursachte wieder Schmunzeln, wurde aber gleich erklärt: Die Band hatte dies in Schweden ausprobiert und das dortige Publikum war ganz begeistert gewesen. "Zu Recht" ruft einer ganz laut rein! Das Didgeridoo zu Beginn des Songs "On The Fringe" taucht jedoch heute abend nicht auf der Bühne auf, aber Philip plauderte ein wenig aus dem Nähkästchen, dass sie ursprünglich sogar noch mehr Ideen auf dem Album verwirklichen wollten. Was angesichts der Komplexität und Vielschichtigkeit, die auf "A Different Point Of You" ohnehin schon vorherrscht, doch überrascht. Es sind aber eben hauptsächlich die schönen Songs selbst, die nie aufgrund Gefrickel untergehen, es herrscht keine Progressivität um derer selbst willen vor. (Na, jetzt ist das Wort mit P halt doch gefallen!) Konkret gesagt, die Strukturen sind trotz des Anspruchs bei ALIAS EYE immer noch nachvollziehbar - im Gegensatz zu einem disharmonischen Ton- und Instrumenten-Mischmasch wie bei z.B. bei ZERO HOUR, womit der Schreiber dieser Zeilen überhaupt nichts anfangen kann (die redaktionsinterne Progfraktion dafür umso mehr - Anm. rls). An dem Konzert, welches über 2 Stunden ging, habe ich überhaupt nichts auszusetzen, im Gegenteil - jeder Ton war ein Genuss!
Mit dem Album (zum Konzert!) haben sich die Lokalmatadoren noch in meine Top 10 der Jahres-CDs 2003 eingeschlichen, ja man sollte immer bis zum Schluss warten. Im Ausland scheint man ähnlich zu denken:
- Es ist eine Tatsache, dass sich ein Ehepaar aus Helsinki, Finnland (!!) ins Flugzeug nach Frankfurt gesetzt hat, sich von dort mit dem Taxi nach Mannheim kutschieren ließ, um dieses fantastische Konzert miterleben zu dürfen!!!
- Im italienischen Rock Hard wurden sie im Dezember mit der "Platte des Monats" gekürt!
- Am 30. Mai 2004 spielen sie auf einem Festival in Bordeaux, Frankreich mit den FLOWER KINGS!
- Weitere Auftritte in Holland und in der Schweiz sind in Vorbereitung.
- Und zu guter letzt - in den USA aufzutreten, das ist wohl der Traum jedes Rockmusikers: Am 24. April 2004 spielt die Band auf einem Festival in Philadelphia!! "Kaum zu glauben", berichtet Frank, als er die Einladung erhielt. Wie war das noch mal mit dem Propheten im eigenen Lande?!?

Fotos: Georg Lögler



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver