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IconClan, Strange Ahead
03.05.2002 Chemnitz, ZV-Bunker
von
rls
Wiedersehen macht Freude -
dieser alte Slogan bewahrheitete sich an diesem Abend gleich im mehrfachen
Sinne. Das ging schon damit los, daß sich eine weibliche Person im
Auditorium befand, die ich fünf Jahre lang nicht gesehen und mit der
ich die letzten zwei auch keinen mailtechnischen Kontakt mehr hatte, was
logischerweise einen intensiven Gedankenaustausch erforderte. Die Aufmerksamkeit
gehörte während der Sets aber selbstredend ganz dem Geschehen
auf der Bühne, und dort machten sich mit der üblichen Verspätung
erst einmal Strange Ahead breit, auch eine dieser Combos, die mit
einem Sticker "featuring ex-members of Pious Chaotz" hausieren gehen könnten.
Der Vierer bestritt seinen ersten Song ungewollt ausschließlich mit
Baß, Drums und Mikro, da Gitarrist Martin überhaupt nicht zu
hören war. Die Soundverhältnisse besserten sich während
der restlichen ca. fünf Tracks aber entscheidend, wenn man auch den
Sänger nur verstand, wenn er herzhaft ins Mikro brüllte, wohingegen
sein Cleangesang etwas unterging. Stilistisch gingen Strange Ahead etwas
geradliniger zu Werke als die Chaotz, aber auch wieder nicht so einförmig
wie Acid vor einem Dreivierteljahr, und obwohl noch nicht jedes Break richtig
saß, konnten die mit viel Liebe durcharrangierten, aber alles andere
als progressiven neometallischen bis neuschulcorigen Tracks durchaus überzeugen,
speziell der eine (Namen sind Schall und Rauch) mit supertiefem Riffing
in kurzen Stakkatosequenzen. Strange Ahead sind eine Band mit Zukunft,
wenn man bedenkt, daß dies erst ihr zweiter Gig überhaupt war
(deshalb auch die Kürze - mehr Songs sind schlicht und einfach noch
nicht fertig gewesen). Allerdings war die Message nach dem letzten Song
etwas deplaziert und hätte vor dem letzten Song vielleicht einen günstigeren
Platz gehabt. Daß diverse "intelligente" Zwischenrufe kamen und einige
Mitglieder der "Haste ma 'n Euro?"-Fraktion angewidert die Lokalität
verließen, war klar - denen hätte man mit einem absoluten Reißer
als Setcloser vielleicht eher etwas Nachdenkepotential einflößen
können. Sei's drum.
Große Teile des IconClan-Reviews
vom 3. August 2001 könnte ich hier eigentlich zweitverwerten,
womit der nächste Wiedersehens-Aspekt zum Tragen kommt. Der finnische
Dreier punkrock'n'rollte sich durch einen nicht ganz einstündigen
Set, der sich vom damaligen nur dadurch unterschied, daß Mick &
Co. in der Zwischenzeit ein paar neue Songs geschrieben und dafür
einige ältere von der "Drive-In Religion"-CD
aus der Setlist gekickt haben, was stilistisch allerdings überhaupt
nicht ins Gewicht fiel, obwohl doch tatsächlich mancher der neuen
Tracks geringfügig langsamer zum Ziele kam als das alte Material (dafür
knüppelte Skinnie Dee aber den neuen Track "Still Alive", der als
erste Zugabe gespielt wurde, gnadenlos nach vorne). Bassist Fat Flasher
sprang wie ein Wilder auf der kleinen Bühne umher, und Mick hätte
dies sicher auch gerne getan, wenn er nicht noch den Job am Mikro hätte
erfüllen müssen. Daß ein Sänger in einem Refrain Leadvocals
singt und die Backing-"Ohoho"-Bridges zwischen den einzelnen Choruszeilen
gleich mit übernimmt, hört man auch relativ selten, und was passiert,
wenn Finnen deutsch singen, weiß man spätestens seit Timo Rautiainen
& Trio Niskalaukaus: Mick & Co. intonierten nämlich wie im
August "Hier kommt Alex", setzten ebenfalls wie damals "Pet Cemetary" und
den One Bad Pig-Track dazu, griffen diesmal aber noch tiefer in die Klamottenkiste
und bretterten als Closer des regulären Sets "Johnny B. Goode" vom
ollen Chuck Berry runter. Iconclan gehören nach wie vor zu den Bands
der New Wave of Scandinavian Dirty Rock'n'Roll, die am meisten Lebensfreude
versprühen, und davon legte dieser Gig erneut beredtes Zeugnis ab,
wovon sich auch der größte Teil der 125 Zahlenden gern überzeugen
ließ. Zwei größere Unterschiede gab's im Direktvergleich
mit dem August-Gig allerdings zu konstatieren, der eine positiv (der Sound
war bedeutend ausbalancierter und leiser), der andere negativ (das grandiose
epische Monstrum "Waiting For The Dawn" tauchte nicht in der Setlist auf).
Mick versprach mir hinterher allerdings, daß man "Waiting For The
Dawn" beim nächsten Mal sicher wieder spielen werde (ich war wohl
nicht der einzige, der danach gefragt hatte ...).
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