www.Crossover-agm.de
10. Promikon-Künstlermesse    02.02.2002    Gießen, Audimax/Uni
von tk

Promikon, das bedeutet: über 70 Kurzauftritte, Seminare, Promikon-Award, vier Live-Bühnen, ERF-Talkbühne, Infostände von Künstlern, Bands, Tontechnikanbietern, Verlagen, etc. und persönliche Begegnung mit Künstlern und solchen, die die christliche Musik- und Kulturszene unterstützen.
In diesem Jahr ging die 10. Promikon über die Bühne, noch dazu mit zwei angekündigten Reunions, die uns „alte Hasen“ schon im Vorfeld nervös werden ließen: Damaris Joy und Arno&Andreas, quasi die „Helden“ unserer Jugend.
Etwas verspätet trafen wir im Audimax ein, so daß ich nur noch den Schluß des Pressefrühstücks mitbekam. Jedenfalls war im Audimax eine breite Basis der schreibenden und sendenden Zunft anwesend, was den Stellenwert dieser Veranstaltung unterstrich. Sicherlich wird und wurde von den meisten Redakteuren und Mitarbeitern der Presse rundum positiv von der Promikon berichtet; ich möchte aber auch eine kritische Perspektive in Anspruch nehmen, denn nicht nur der Rummel um Normal Generation? und deren Auftritt bei der deutschen Grand Prix-Endausscheidung (ihr dritter Platz bei eben dieser sei ihnen gegönnt!) schien mir zu dick aufgetragen und lediglich eine Marktstrategie zu sein (da sind solche Slogans wie „Mit Gott zum Grand Prix“ einfach nur peinlich!), auch die Tatsache, wie hinter den Kulissen mit Künstlern umgegangen wird (gecancelte Auftritte, ohne die Bands vorher informiert zu haben) werfen auch Schatten auf die - von außen betrachtet -  harmonisch wirkende Veranstaltung.
Auf zwei Stockwerken gab es reichlich Gedränge an den Ständen, man versuchte irgendwie mit der Masse mit zu schwimmen und informierte sich, mal mehr, mal weniger interessiert, bei den Ausstellern und Künstlern über deren Angebote.
Überraschenderweise landeten Dirk und ich nach einiger Zeit am Stand der Band Logos, die, das muß man leider sagen, neben all den mainstreamlastigen Angeboten auf der Promikon, der einzige Lichtblick in punkto innovativer Musik war. Die vier jungen Musiker spielen progressiven Rock mit jazzigen und funkigen Elementen und zeigten auch bei ihrer kurzen Unplugged-Session, daß sie ihr Handwerk aus dem EffEff beherrschen. Nach einem angeregten Plausch mit den Musikern begab ich mich ein Stockwerk tiefer, wo Trust auf Bühne 2 ihren Auftritt hatten. Es war, ungelogen, der geilste Auftritt, den ich von den Jungs je miterlebt habe. Der Sound war grandios, was sicher auch an der monströsen PA lag, aber die Stimmung im Publikum kochte geradezu über (hätten nur noch Stagediver gefehlt, was in bestuhlten Hörsälen dieser Art aber nicht ratsam ist), während unsereiner zum ersten und einzigen Mal an diesem Tag die Matte „andeutungsweise“ kreisen ließ. Bei „Hell on earth“ schien Marc geradezu über sich hinaus zu wachsen, habe ihn selten so exzessiv auf der Bühne rumhüpfen sehen. Trust entfachen in mir immer das Gefühl, nach Hause zu kommen bzw. daheim zu sein. So, genug der Sentimentalitäten.
Arno Backhaus war das nächste „My Home“-Erlebnis, diesmal auf Bühne drei. Es gibt ja mittlerweile genug komische, nachdenkliche, aktions- und musiktechnisch hochbegabte Evangelisten in deutschen Landen, Arno ist und bleibt aber unschlagbar und DIE Kultfigur in diesem Metier. Seine Gags, bei denen man auf die Pointe schon mal fünf Minuten warten muß, strapazieren das Zwerchfell jedenfalls gehörig. Die Vorfreude auf den Auftritt am Abend mit Andreas war nach dieser Solo-Einlage groß.
Es dauerte eine ganze Weile, bis wir endlich den Stand von den Jesus Freaks und Pleitegeier Records ausfindig gemacht hatten, hier sollten wir uns in der Folgezeit des öfteren aufhalten, da sich ein nicht vermeidbarer Leerlauf eingestellt hatte, denn diverse Chöre und Deutsch-Pop-Formationen konnten nun wirklich nicht unsere Aufmerksamkeit gewinnen.
Der Höhepunkt folgte um 22 Uhr mit dem Promikon-Festival, zu dem zuerst Damaris Joy auf die Bretter durften. Meine Güte, es muß fast 14 Jahre her sein, als ich die Gospelrocker das letzte Mal live gesehen hab. Den einzigen Neuzugang gibt es mit Sebastian Cuthbert an den Drums zu vermelden. Wir bekamen Gassenhauer wie „Who’s gonna lead you“ zu hören, aber auch zwei neue Songs gaben die Recken um Helmut „Hemi“ Jost zum besten, der trotz Bewegungsarmut auf der Bühne schon nach dem ersten Song gut ins Schwitzen geriet. Die Band präsentierte sich auch nach der langen Bühnenabstinenz in hervorragender Verfassung und konnte selbst das junge Publikum begeistern.
Nach diesem viel zu kurzen Gig sollte Siegfried Fietz mit seinen Animateur-Qualitäten zum Zuge kommen. Ich ziehe wirklich den Hut vor diesem Songschreiber, der aus dem deutschen Liedgut nicht mehr wegzudenken ist, aber seine auf jugendlich getrimmten Mitmach-Einlagen trugen doch eher zur Belustigung bei, als daß man hier andächtig einem großen Liederdichter lauschen wollte.
Nur wenig später wurde es laut, denn das beliebteste Liedermacher-Duo Deutschlands enterte die Bühne, es lebe der Kult! Arno, ohne Gitarre und etwas heiser vom zurückliegenden Tagesgeschäft und Andreas, der bis dato moderat durch den Abend führte, heizten uns mit DEM Hit unserer Jugend, dem „Gammler“ ordentlich ein. „Thunfisch“ war einfach nur geil, ein paar Gags, die wieder unsere Lachmuskeln strapazierten, noch ein Mitmach-Song ... und dann, ja was war das denn? Dann verließen die beiden schon wieder die Bühne, was wir einfach nicht glauben wollten. Da freuten wir uns Wochen vorher auf die Reunion zweier Künstler, die ganze Musikergenerationen geprägt haben und wurden mit drei Songs abgespeist. Hier muß man dem Veranstalter ein „Ungenügend“ ausstellen, denn die folgenden Normal Generation? hatten genug Gelegenheit, sich zu präsentieren und waren zu diesem Zeitpunkt fehl am Platze. Teenie-Girlies, die kreischend „Simon, willst Du mich heiraten?“ nach vorne schmetterten, Dance-Musik aus der Konserve und Purzelbäume auf der Bühne ... nein danke, das wurde uns zu bunt, so daß wir den Ort des kommerziellen Schreckens in Richtung Getränkestand verließen. Tut mir aufrichtig leid, aber für diesen Ablauf im Programm habe ich kein Verständnis, macht aber ein weiteres Mal deutlich, daß auch die christliche Botschaft immer mehr dem kommerziellen und trendabhängigen Druck unterworfen wird.
Ferner ist mir aufgefallen, daß wieder einmal bei einer derartigen Veranstaltung das Spektrum der harten Musik komplett ausgeblendet wurde. Die massiven Vorbehalte gegenüber Metalbands ist in christlichen Kreisen nach wie vor spürbar, eine bittere Erkenntnis, die den Gesamteindruck eines recht durchwachsenen Promikon-Tages abrunden.
 
 


 



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver