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S!NGEN aus dem BAUCH


 Gesang und Gesangsausbildung in der Rock- und Popmusik

von Wolfgang Haubold

Zum Vorwort geht's hier.

Vom Selbst-Finden des Talents bis zum ersten Auftritt

Talentfindung und -erprobung mit Playbacks bis zum Auftritt mit Technikanlage
Mich verwundert immer wieder, daß gesangsinteressierten jungen Leuten zu wenig bekannt ist, wie sie ihr Gesangstalent ohne fremde Hilfe, sozusagen vorab erst einmal im ‘stillen Kämmerlein’, selbst wirkungsvoll und stressfrei testen können. Und zwar nicht mittels irgendwelcher abstrakter Gesangsübungen, sondern sehr praxisnah unter Verwendung der technischen Medien, mit denen junge Leute ohnehin umgehen: Ich meine hier vor allem den CD-Player und auch den - zwar in die Jahre gekommenen analogen - Kassettenrecorder mit eingebautem Mikrofon, der aber noch immer sehr gute Dienste beim Talenttest zu leisten vermag, weiterhin den Computer (mit Soundkarte, Sequen-zer, Wave-Editor, CD-Player und – neuerdings - MP3-Recorder/Player). Wer darüber hinaus stolzer Besitzer eines midifähigen Keyboards mit Diskettenlaufwerk ist - oder einen Freund hat, der selbiges besitzt -, verfügt ja fast schon über ein eigenes Studio im Miniformat. Und mancher besitzt einen CD-Brenner - aber dieser wird erst dann benötigt, wenn Sie Ihren Gesang auch auf CD verewigen möchten wie in Variante 3 “Mini-Tonstudio” vorgeschlagen.
Doch gehen wir der Reihe nach vor, von einfach bis anspruchsvoll, vom ersten Stimmtest bis zur Gestaltung eigener Auftritte als angehender Gesangssolist.

Variante 1 / “Erster Schritt”:
Die simpelste Methode besteht darin, die Songs der Stars zum Radio, zur CD oder zur Tonbandkassette einfach mitzusingen und mittels eines zweiten Gerätes, Kassetten-Tonbandgerät mit eingebautem Mikro oder anzuschließendem Mikrofon, aufzunehmen.
Ganz sicher werden Sie Singeweise und bestimmte Eigenheiten Ihrer Lieblingsinterpreten so gut es geht imitieren. Dies ist ganz natürlich (dem Thema ‘Imitation’ widme ich ein gesondertes Kapitel). Hier nur soviel: Jedes Lernen beginnt mit Imitation. Seien Sie aber kritisch, schärfen Sie Ihr Ohr und übernehmen Sie nur das, was zu Ihrer eigenen Stimme und vor allem zu Ihrer Wesensart paßt.
Da Sie hier auf die Originalaufnahmen Ihrer Idole draufsingen, wird das Ergebnis zwar noch etwas geschönt ausfallen, da sich hierbei ja die Original-Stimme noch mit Ihrer Stimme mixt (regeln Sie bei der Aufnahme am Klangfarbenregler des Abspielgerätes evtl. die Höhen etwas herunter). Aber dies war eben ein erster Schritt. Ihr erstes Erfolgserlebnis hat Sie nur ein klein wenig Mühe, aber noch keinen Pfennig gekostet.
In den gehobenen Taschengeldbereich fallen jedoch die folgenden Varianten, auf die ich Sie jetzt vorbereiten möchte und zu denen ein paar Vorbemerkungen nötig sind.
Haben Sie also Mut bekommen, Ihre Stimme nun pur zu den Sounds Ihrer Stars hören zu wollen, sollten Sie Ihre Schritte zu einem Mediamarkt oder in ein Musikfachgeschäft  lenken, wo die im folgenden genannten Tonträger mit Playbacks (richtig eigentlich ‘Halbplaybacks’) geführt werden. Mehr und mehr werden Sie auch im Internet diesbezüglich fündig (z.B. für KARAOKE-Songs “http://www.pocketsongs.com” u.a.m.).
Diese Playback-Songs gibt es in den 2 verschiedenen Kategorien AUDIO und MIDI:
A. als KARAOKE-Song (Audio-Titel auf CD oder MC), gelegentlich auch als “Pocketsong”,” Sing along” oder schlicht als “Playbacks zum Mitsingen” bezeichnet, zum Abspiel im CD-Player (wegen besserer Qualität zu bevorzugen) bzw. im Tonband-Kassettengerät
B. als MIDI-File (Midi-Songdatei auf 3,5-Zoll-Diskette) zum Abspiel in einem Midi-Keyboard mit Diskettenlaufwerk bzw. im Computer mit einer Soundkarte gehobenen Levels (mit qualitativ guten Sounds) zuzüglich Software-Sequenzer (zur Titelbearbeitung).

Kurz zum Unterschied  AUDIO  - MIDI:
AUDIO = Aufnahme der originalen Klangdaten von Instrumenten, Gesang und evtl. Geräuschen als Wave(Wellenform)-Datei. Bearbeitungsmöglichkeiten sind eingeschränkt, da mit klanglichen Veränderungen verbunden.
MIDI = Aufzeichnung und Wiedergabe von Instrumenten und Klängen mittels Computer-Steuersignalen nach internationalem Midi-Standard. Abspiel erfolgt durch ein midifähiges Keyboard/Soundmodul oder durch Sounds einer Computer-Soundkarte. Alles kann (in einem Sequenzer) verändert werden: Einzeltöne, Sounds, Tonhöhen und -längen, Lautstärken, Tempi, Parts, sogar das gesamte Arrangement u.u.u. Veränderte Klänge bleiben authentisch. Die Soundqualität ist jedoch vom verwendeten Instrument/Modul oder der Soundkarte abhängig.

Variante  2  /  “KARAOKE-Playbacks”:
Hier gehen Sie vor wie bei Variante 1, nur daß Sie anstelle der Originalaufnahme (mit der Stimme Ihres Lieblingsinterpreten) jetzt auf dessen Playback (auf CD oder MC) zurückgreifen.
Ihre Stimme wird jetzt in den gleichen Background wie den Ihrer Stars eingebettet, da diesen Aufnahmen zumeist die originalen Studioaufnahmen der Stars zugrunde liegen - nur ohne die Solostimme der Stars. Eine bessere Vergleichsmöglichkeit gibt es nicht. Lassen Sie sich vom Fee-ling der Aufnahmen Ihrer Lieblingstitel anregen, probieren Sie vieles aus, feilen Sie an Ihrer Interpretation und testen Sie, was Ihnen besonders liegt! Schneiden Sie die Aufnahmen also mit wie unter  Variante 1. Sie werden feststellen, daß es ein großartiges Gefühl ist, Ihre eigene Stimme nun pur zu den Sounds der Stars zu hören.
Auf CDs oder MCs bekommen Sie so gut wie alle Hits Ihrer Lieblingsinterpreten international wie national, von Oldies bis aktuell, von Pop, Rock, Country, Liedermacher, Volkstümlich, Musical, u.u.u. zu kaufen. Sortiert sind diese Tonträger/Sampler weiterhin nach Interpreten (“Hits of ...”) oder nach begriffen wie “Sommerhits”, “Partyhits”, “Country Classics”, “Christmas Album”, “Gospel”, “Rock and Metal”, “Love Songs”, “Broadway Musical”, “Rock Hits Now”  und viele hunderte Titel mehr.
Die Liedtexte werden oftmals im CD-Booklet (bei Midifiles als Textdatei) mit geliefert. Die CDs gibt es in verschiedenen Versionen: nur mit Playbacks, mit Playbacks und zuzüglich den Komplettversionen mit Gesang - allerdings mit No-Name-Sängerinnen oder -Sängern, sowie in einer Mix-Variante, bei der Playback und originaler Gesangspart (mit No-Name-Sängern) auf gegenüberliegenden Stereospuren aufgespielt sind. Das heißt, daß Sie mittels des Panoramareglers Ihrer Stereo-Anlage stufenlos zwischen Playback und Gesangsversion wählen können.
Vor dem Abhören Ihrer ersten Aufnahme möchte ich vorsichtshalber darauf hinweisen, vor der Realität Ihrer eigenen Stimme nicht zu erschrecken! So werden Sie von Ihren Mitmenschen gehört. Nach wiederholten Aufnahmen werden Sie aber allmählich eine realistische Beziehung zur eigenen Stimme finden und können diese dann auch mehr und mehr unbefangen einschätzen und an Verbesserungen arbeiten. Jetzt erst kennen Sie Ihre eigene Stimme wirklich. Seien Sie darüber glücklich.
Kann man sich mit Gitarre, Klavier oder Keyboard selbst begleiten, was ja z.B. auf Liedermacher zutrifft, benötigt man nur das Aufnahmegerät, also einen Tonband-Kassettenrecorder mit eingebautem oder anzuschließendem Mikrofon.
Stellen Sie bei Ihrer Aufnahme-Session fest, daß Sie nicht ganz so hoch oder tief wie Ihr Lieblingssänger singen können, bleibt Ihnen nur der Weg über den Computer, um die Tonhöhe des betreffenden Songs zu transponieren. Der Playback-Song wird dabei vom internen CD-Rom-Laufwerk aus in den Wave-Editor (Bestandteil einer etwas hochwertigeren Soundkarte) überspielt und mittels der Funktion Pitch-Shifting in eine etwas tiefere oder höhere Tonart gebracht. Allerdings sollten Sie möglichst nicht über einen Ganzton nach oben (+2 Halbtöne) oder unten (-2) gehen, da der Klangcharakter verändert wird, je weiter Sie sich von der Originaltonart wegbewegen. Tiefer wird ein Titel immer bassig-mulmiger, höher immer dünner und spitzer, und bei vorhandenem Backgroundgesang verstärkt sich der Mickymaus-Effekt. Diese transponierte neue Aufnahme muß natürlich wieder aus dem Computer heraus. Geeignet zum Überspiel sind die Tonbandkassette, besser aber eine selbstgebrannte CD-Aufnahme oder aber eine Aufnahme auf Minidisc.
Wenn Ihnen Song-Transposition und das Verfahren zum Überspielen als zu kompliziert erscheinen, ist es auch nicht weiter schlimm. Sie suchen sich dann eben einen Titel aus, der Ihrer Stimmlage besser entspricht - es gibt ja genug davon. Ich wollte den Computerfreaks unter Ihnen nur mal meine Verfahrensweise in solcher Situation zur Nachahmung empfehlen. Vielleicht haben Sie aber Freund, Freundin oder einen guten Bekannten mit solcher Technik?

Variante  3  /  “Mini-Tonstudio”:
Kommen Sie nach Auswertung Ihrer ersten Aufnahmen zu dem Schluß, daß Ihre Stimme ausbaufähig ist, daß Sie demnächst öffentlich solo auftreten möchten und zu letzterem Zweck in eine entsprechende - zunächst kleine - Technikausstattung investieren würden, brauchen Sie zusätzlich zu Ihrer Home-Stereoanlage
- einen kleinen Mixer (mit Hall für den Gesang),
- ein Mikro,
- CD-Player oder Kassettenplayer (zum Playbackeinspiel) und
- Kassetten-Recorder (für Mitschnitte).
Anstelle der Home-Stereoanlage benötigen Sie dann bei Auftritten 2 Aktivboxen (mit eingebautem Verstärker) bzw. eine Verstärker-Endstufe sowie Boxen. das Playbackeinspiel funktioniert bei Auftritten anstelle des CD-Players jedoch auch sehr komfortabel mit einem Minidisc-Deck (mit dem daran befindlichen JOG-Rad springen Sie in Null-Komma-nichts zwischen verschiedenen Titeln hin und her). Ihre Playbacks überspielen Sie in diesem Fall von CD auf eine Minidisc, was kein Problem darstellt.
Mittels letzterer Technik plus Computer und plus vorhandenem CD-Brenner könnten Sie jetzt bereits Ihre erste eigene CD aufnehmen! Ist das nicht toll? Und das alles, ohne ein teures Profi-Tonstudio zu bemühen!  Erkundigen Sie sich aber bitte vorher bei der GEMA nach den Urheberrechten der verwendeten Cover-Titel, falls Sie die CD verkaufen möchten. (Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß sich bitte nicht JEDER, der bis hierher vorgedrungen ist, jetzt an die Herstellung der ersten eigenen CD mit was für Songs auch immer machen sollte. Der bereits erhältliche Fundus an “Liedern bzw. Tonträgern, die die Welt nicht braucht” ist schon groß genug. Danke. – rls)
Die obengenannte Technik läßt sich übrigens auch in größeren Musikfachgeschäften ausleihen.
Da die Erweiterung Ihrer Technikausstattung ab jetzt allerdings richtig Geld kostet, sollten Sie überlegen, sich mit Gleichgesinnten zu verbünden, wo Tontechnik bereits vorhanden ist und/oder wo sich die Kosten auf mehrere Schultern verteilen: In Frage kommen hier Musikanten vom Alleinunterhalter (oder auch Liedermacher) bis zur Band, die vielleicht gerade eine Frontfrau oder einen Frontmann für Gesang suchen. Denkbar ist möglicherweise auch die Mitwirkung in einem Pop- oder Gospelchor oder womöglich sogar in einer Girlie- oder Boygroup. Gelegentlich gibt es auch an Gymnasien oder privat Musical-Studios mit Auftrittsgruppen. Vielleicht ergibt sich auch die Zusammenarbeit mit einem DJ.

Variante  4  / “MIDI-File-Songs”:
Falls Sie Ihre Kreativität zu umfangreicheren Bearbeitungsmöglichkeiten drängt oder wenn Sie mit einem Keyboarder gemeinsam auftreten, sollten Sie als Playback auf MIDI-Files zurückgreifen. Und wie schon gesagt, bedingt diese Technik als Grundvoraussetzung ein Keyboard mit 3,5 Zoll-Diskettenlaufwerk und integriertem Sequenzer  bzw. einen Computer mit einer Soundkarte zuzüglich Software-Sequenzer zur Bearbeitung der Songs. Ideal ist es natürlich, sowohl ein Keyboard mit guten Sounds (auch zum Einspielen der Instrumentalparts) als auch einen Computer (zum Bearbeiten von Midi und Audio) zu besitzen. Gekaufte Midifiles lassen sich nach allen Richtungen hin bearbeiten (Editieren genannt) und somit sozusagen hauteng an Ihre Stimme oder an Ihre speziellen Auftrittsbedingungen anpassen.
Noch wichtiger wird diese Technik, wenn Sie sich auch als Songwriter betätigen (oder mit solch kreativen Leuten zusammenwirken) und sich also Ihr eigenes Repertoire in Form von Kompositionen, Arrangements und Texten schaffen. Dies bildet natürlich das Nonplusultra im Schaffen einer aufstrebenden Sängerin oder eines aufstrebenden Sängers.

Variante  5 / “Homestudio und kleine Auftritte”:
Zur Ausübung meiner beruflichen Tätigkeit als Gesangslehrer für Pop/Rock, Liedermacher u.a. sowie als Arrangeur/Musikproduzent mittels Computersequenzing (und Lehrender sowie Dienstleistender diesbezüglich) habe ich mir nach und nach die folgende Technikausstattung zusammengestellt:
- Mikrofone
- Power-Mixer
- Minidisc-Recorder/Player
- Doppelkassetten-Recorder/Player
- CD-Player
- Studio-Monitorboxen
- Roland-Keyboard
- Computer mit Soundkarte EWS64/XL incl. Wave-Editor zur Audioauf-nahme und -bearbeitung und Sampler (für zusätzliche Sounds)
- Sequenzer Cubase Score zur Midiaufnahme und -bearbeitung
Diese Technik versetzt mich in die Lage, meine beruflichen Tätigkeiten mit einem Höchstmaß an Praxisnähe und Komplexität auszuüben. Mit den auszubildenden Sängerinnen und Sängern arbeite ich unmittelbar an den Titeln (mittels Einspiel von Audio- oder Midi-Playbacks bzw. selbstbegleitet) ihres einzustudierenden Repertoires und kann durch Unterrichtsmitschnitte ständig die sängerische Leistungssteigerung dokumentieren und fördern. Verwendete Playbacks werden interpretengerecht bearbeitet. Für speziell Interessierte kann ich Arrangieren/Computersequenzing (einschl. der Erarbeitung selbstkomponierter Songs) auch lehren. Darüberhinaus produziere ich selbst Playbacks. Und schließlich ermöglicht mir meine Anlage (Powermixer, Minidisc-Deck und Kassetten-Recorder/Player im Rack + Boxen + Mikro) selbst die Realisierung von Sängerauftritten in kleineren bis mittleren Veranstaltungsräumen. Die erforderlichen Karaoke- oder Midifile-Playbacks überspiele ich mir vorher auf eine Minidisc.
Übrigens: Die Auftrittsform Live-Gesang + Playback-Begleitung hat sich vor allem im Veranstaltungsalltag der sogenannten ‘Kleinen Form’ längst etabliert und wird vom Publikum akzeptiert. Total-Live ist natürlich immer besser, aber Sängerinnen und Sänger, die hoffnungsfroh ihre ersten Schritte ins Rampenlicht wagen, sind damit unabhängig von einer Band, und es ergibt sich vielleicht öfter eine Gelegenheit (im Freundeskreis, in einer Disco oder anderswo) zum Auftreten – das ist ja schließlich der Zweck ihres Tuns.



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