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A Sickness Unto Death
von tk anno 2015

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A Sickness Unto Death
Nach gut zweieinhalb Jahren Schaffens-, Produktions- und Fertigstellungszeit hat die norddeutsche Doom-Metal-Combo A SICKNESS UNTO DEATH gerade ihr Zweitwerk "The Great Escape" veröffentlicht, welches wiederum in Eigenregie entstanden ist und via TWS/Source Of Deluge vertrieben wird. Inzwischen ist aus dem Duo ein stabiles fünfköpfiges Line-Up geworden. Die Band hat ihren atmosphärischen Epik-Doom in einem professionellen Arbeitsumfeld weiterentwickelt, so dass es natürlich geboten war, den beiden Hauptprotagonisten Michael Maas (Gitarren) und Tim Ziegeler (Vocals, Soundscapes) einige Background-Infos zu entlocken.

A Sickness Unto Death

Hallo Michael, hallo Tim, ich beglückwünsche Euch zum gelungenen Zweitwerk "The Great Escape", das in der Doom-Community bisher gut aufgenommen wurde und bei einigen Kollegen der schreibenden Zunft wohl so etwas wie einen "Aha"-Effekt ausgelöst hat. Wie zufrieden seid Ihr als Musiker mit der neuen Scheibe?

MM: Naja, da ich in allen Aspekten der Produktion der CD drinsteckte, brauchte ich erstmal einen gewissen Abstand um mich aus der Perfektionismus-Falle zu lösen. Wenn ich die CD jetzt höre, bin ich schon stolz, ein paar Sachen fallen mir aber auch immer sofort auf, an denen ich gerne noch etwas mehr herumgeschraubt hätte ...

Dabei gab es doch gerade in der Endphase der Fertigstellung einige Probleme, auf die man als Künstler nicht unbedingt direkten Einfluss hat, oder?
MM: Nicht wirklich, wir hätten uns nur noch großzügigere Deadlines setzen müssen. Dann wäre die CD aber auch immer noch nicht veröffentlicht!
TZ: Als Künstler ist man natürlich immer etwas ungeduldig. Die Songs sind ja teilweise schon über ein Jahr fertig, aber Produktion, Herstellung und Promotion braucht eben auch seine Zeit! Letztendlich ist November auch ein toller Monat für ein Doom-Release!

Mich begeistert vor allem das stimmige Gesamtkonzept von "The Great Escape", angefangen vom Artwork über die lyrische Umsetzung bis hin zur musikalischen Gestaltung. Wie entwickelt Ihr eure Ideen und führt sie dann zusammen?
MM: Danke! Tim und ich haben zu Beginn der Produktion ein kurzes Brainstorming unternommen, bei dem das grundlegende Konzept herausgekommen ist. Letztendlich kann ich aber nicht wirklich Konzeptalben komponieren. Ich habe normalerweise musikalische Ideen, die eine aktuelle Stimmung ausdrücken oder Dinge in meinem Leben verarbeiten. Diese sind dann zu Songs mit viel Platz für Gesang geworden, die wir in das Konzept mehr oder weniger eingeordnet haben. Tim schreibt dann die Gesangslinien und die Lyrics dazu. Mit der gesamten Band haben wir die Arrangements geprobt und verfeinert, vor allem bezüglich der Rhythmus-Sektion. Giordano hat dann noch ein paar tolle Solos beigesteuert.

"Despair" war schon ein recht beachtliches Werk für ein Debüt, hat aber trotzdem nicht so viele Abnehmer gefunden wie erhofft. Braucht es vielleicht doch erst zwei, drei Alben, bis man bei der Zielgruppe als eine junge aufstrebende Band richtig "angekommen" ist?
MM: Naja, unsere Musik ist ja schon Nischenmusik und grenzwertiges Entertainment und daher haben wir eigentlich keinerlei Illusionen bezüglich kommerziellen Erfolgs. ;-) Ich aber bin froh über die Anerkennung, die wir für unsere Musik bekommen, und wie man den Streaming-Daten und YouTube-Clicks entnehmen kann, wird die Musik auch gehört!

Die neue Scheibe wird aber hoffentlich bessere Verkaufszahlen erzielen. Leider werden immer weniger Tonträger verkauft und Bands wie Konsumenten setzen verstärkt auf Streaming-Dienste. Gleichwohl gibt es aber einen gegenläufigen Trend, der die gute alte LP wieder attraktiver werden lässt. Habt Ihr auch mal überlegt, Eure Tonträger additiv als Vinyl herauszubringen (ich würde sie kaufen ;-))?
TZ: Darüber habe ich tatsächlich nachgedacht, allerdings sind die Produktionskosten bei einer kleinen Auflage viel zu hoch. Und da wir mit 62 Minuten ja ein relativ langes Album geschaffen haben, hätte es auch gleich eine Doppel-LP sein müssen. Mal ganz davon abgesehen, dass es schon im Produktionsprozess ein erheblicher Zusatzaufwand ist. Es bringt ja nichts, den Inhalt einer CD einfach auf Vinyl zu pressen, sondern man muss separat dafür produzieren und mastern, sonst kann man es auch gleich bleiben lassen.

Mir gefällt der Gesamtsound diesmal richtig gut. Obschon er auch moderne Elemente, Samples und experimentelle Spielereien enthält, bleibt der basische Doomsound erhalten. Die musikalischen Vergleiche mit MY DYING BRIDE, PARADISE LOST und TYPE O NEGATIVE drängen sich nach wie vor auf, dennoch ist eine eigene Duftmarke erkennbar. Wird ASUD irgendwann sogar stilprägend sein?
MM: Mir gefällt er auch ;-) Als promovierter Chemiker muss ich natürlich die Gegenfrage stellen, ob es auch sauren Metal-Sound gibt?

Den gibt es in der Tat. Jedwede Art von "Core" (den oldschooligen Hardcore mal ausgenommen) oder trendiger Post-Metal verursacht bei mir höllisches Sodbrennen. ;-)
MM: Paradise Lost und Type-O-Negative sind natürlich zwei ganz große Vorbilder (My Dying Bride habe ich nie viel gehört)! Beide Bands haben sich sehr viel von anderen Genres inspirieren lassen, was sicher stark zu ihrem eigenen Sound beigetragen hat. Das tun wir auch und wir werden unsere Palette auch in Zukunft erweitern und mit unserem Grundsound verschmelzen.
TZ: Um stilprägend zu sein, muss man auch immer stark polarisieren - ob das so unser Ding ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber auch gar nicht, ob man heute überhaupt noch einen Stil prägen kann. Im Metal-Bereich fallen mir in den letzten 10 Jahren kaum stilprägende Bands ein. Unser Ziel ist es, gute, anspruchsvolle Musik zu machen. Alles Weitere liegt ja nicht in unserer Hand.

Gehen wir mal ins Detail: Die Songs tönen diesmal wesentlich epischer, wuchtiger, phasenweise auch melancholischer als noch auf dem Debüt. Exemplarisch fällt mir da "Intoxicated" ein - auditives Wehklagen auf höchstem Niveau; für einen grauen tristen Spätnovemberabend die perfekte musikalische Untermalung, oder?!
MM: Ich persönlich finde "The Great Escape" weniger melancholisch als "Despair", aber der emotionale Impact ist durch die bessere Produktion vielleicht größer. Ab und zu gibt es auf "The Great Escape" sogar Dur-Akkorde! Der Herbst ist meine absolute Lieblingsjahreszeit, aber er ist natürlich nicht nur trist sondern vor allem wunderschön!
TZ: "Intoxicated" war auch der erste Song, den wir für das Album fertiggestellt haben. Du hast recht, er handelt von Sturm und Regen und der Frage, ob der Tod etwas Gutes ist! Klingt nach einem passenden Track für den Totensonntag!

Der Epik-Doom-Rocker "The Concrete Lake" hat es mir besonders angetan. Mit zehneinhalb Minuten ist er auch der längste Track, der sehr eindrücklich mit wuchtigen Salven, fantastischen Melodiebögen und einem ruhigen akustischen Mittelteil überzeugen kann. Erzählt doch einfach mal, wie Ihr an die Umsetzung dieses Stückes herangegangen seid (zu diesem Song gibt es auch ein stimmungsvolles Video, welches unter der URL https://www.youtube.com/watch?v=fGm2uEKn1r0 abrufbar ist).
MM: Ich habe den Song als letztes geschrieben. Ich habe den Band-Kollegen am Anfang der Produktion versprochen (oder damit angegeben), dass ich superlange und progressivere Stücke schreiben werde. Nachdem die anderen Songs im Kasten waren, war ich das Versprechen noch schuldig. ;-) Der Ablauf des Songs wurde von "Arriving Somewhere But Not Here" von Porcupine Tree inspiriert. Dieser Song hat einen tollen ruhigen Mittelpart, an dessen Ende ganz toll die volle Band zum letzten Teil des Songs ansetzt ... Meine Idee für den Song war, den zweiten Teil von "Ghost Light Dawn" zu schreiben. Das Hauptriff am Anfang ist die komplexe Version des simplen Hauptriffs von "Ghost Light Dawn". Der Chorus ist auch ähnlich aufgebaut, allerdings klingt er schwermütiger. Am Ende gibt es dann eine Reprise des Chorus von "Ghost Light Dawn", der aber natürlich umarrangiert ist. Das Solo am Ende ist von Giordano und ist meiner Meinung nach das beste Solo auf dem Album. Die Schwermütigkeit des Songs ist einfach die Stimmung, die ich beim Schreiben hatte. Wie oben gesagt, ich kann gar keine Konzept-Songs schreiben, am Ende kommt das raus, was ich gerade fühle. ;-)

Tim, Du hast am Gesang hörbar gearbeitet und setzt Deine Stimme viel variabler ein als früher. Der Clean-Gesang scheint Dir doch mehr zu liegen als grimmiges Geröchel?!
TZ: Wie heißt es so schön: "Wenn alles hart ist, ist nichts mehr hart." Auf "Despair" war ja der Anteil der gesungenen Parts auch schon sehr hoch, auf "The Great Escape" habe ich mir die Growls für die wirklich düsteren Stellen aufgehoben. Was die Intensität angeht, war es ein Vorteil, die Songs diesmal mit einer kompletten Band zu spielen, bevor ich sie im Studio aufgenommen habe - so konnte ich ein viel besseres Feeling für die Songs bekommen und die Gesangslinien an der einen oder anderen Stelle noch verbessern.

A Sickness Unto Death

Euer Basser Michael ist ja auch großer Thrash-Fan. Welche Sparten des Metal hört Ihr denn sonst noch und gibt es andere Stilarten, die Ihr ins Songwriting einfließen lasst?
MM: Das willst Du gar nicht wissen ;-) Ich höre eigentlich fast gar keinen Metal. Das Zupfmuster des Akustik-Parts von "Remains Of Misery" ist z.B. ein klassischer Ragtime, nur in ca. einem Viertel des normalen Tempos ...
TZ: Ich glaube, dass es wichtig ist, Einflüsse außerhalb des eigenen Genres zu haben. Ich mag intelligente und interessante Musik, die gibt es in jedem Genre und ich höre lieber einen guten Chanson als einen schlechten Metal-Song, haha! Der Metal-Anteil wird aber auch in meinem Musikkonsum immer geringer. Musik hören und Musik machen sind für mich auch zwei unterschiedliche Sachen!

Tim Ziegeler

Ihr habt inzwischen schon einige Live-Auftritte verbuchen und Eure Songs auf der Bühne präsentieren können. Dennoch ist es sehr schwierig selbst bei renommierten nationalen Festivals wie dem "Hammer Of Doom" oder "Doom Over Leipzig" aufs Billing zu kommen. Wie erklärt Ihr Euch diese Schwerfälligkeit der Veranstalter, zumal es gute deutsche Doom-Bands nicht unbedingt wie Sand am Meer gibt?
MM: Doom scheint zwar zur Zeit in Mode zu sein, aber damit scheint eher Stoner, Drone, Sludge etc. gemeint zu sein. Da passen wir natürlich nicht rein. Aber mal schauen, was die nächsten Jahre bringen!
TZ: Stimmt, Doom wird heute leider oft mit Stoner-Rock oder Hippie-Mucke gleichgesetzt und scheint gut Besucher zu ziehen. Und auch wenn die Szene klein ist, für einen Veranstalter ist sie auch unübersichtlich. Es ist ja nicht so, dass händeringend nach Bands gesucht werden muss. Selbst kleine Festivals bekommen oft schon mehrere Hundert Online-Bewerbungen. Wer soll diesen Wust an Musik dann hören und bewerten? Hier ist die Gefahr, in der Masse unterzugehen, natürlich groß. Ich würde da niemanden einen Vorwurf machen, wir stehen ja erst am Anfang unserer Bandgeschichte und versuchen langfristig etwas aufzubauen.

In diesem Punkt muss ich Dir beipflichten. Dafür bieten die kleineren Festivals häufig mehr Abwechslung und interessante Underground-Acts, während die großen Musikevents in einer routinemäßigen Bandrotation festhängend an Attraktivität verloren haben.
Im Januar 2016 wollt Ihr ein Live-Konzert professionell aufzeichnen, um damit Veranstalter und Promoter zu überzeugen, Euch für Live-Gigs zu buchen. An welcher geweihten Stätte findet denn der Dreh statt?

MM: Nicht nur dafür, es ist auch eine tolle Chance, einige der alten Lieder mit der kompletten Bandbesetzung vorzustellen. Außerdem ist YouTube fast das wichtigste Medium ...
TZ: Wir haben das Feedback erhalten, dass unsere Songs live nochmal ein ganz anderes Flair haben. Das wollten wir natürlich auch gern Fans sowie Veranstaltern präsentieren.
Wir bekamen dann die Möglichkeit, ein Konzert in einem Nostalgie-Kino hier im Norden zu spielen und die Location hat uns gefallen!

Vielen Dank für das interessante Gespräch und natürlich die besten Wünsche für ein erfolgreiches Doomjahr 2016!
MM: Vielen Dank für die Unterstützung!

Weblinks: www.asicknessuntodeath.de, www.facebook.com/ASicknessUntoDeath, www.timfreak.de



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