www.Crossover-agm.de NECROMANCE: Wiederkehr der Schmerzen
von rls

NECROMANCE: Wiederkehr der Schmerzen   (Pleitegeier Records)

Obwohl diese CD schon Anfang Juli eintrudelte, hatte ich das Review immer wieder vor mir hergeschoben, ohne aber einen rationalen Grund dafür angeben zu können. Seit gestern abend (es war der 19. August 1999) weiß ich aber, warum. Denn ohne die Geschehnisse dieses Abends hätte ich den Tiefgang des Titeltracks dieser Scheibe wohl nur unzureichend erfassen können. "Wiederkehr der Schmerzen" ist eine 18minütige Industrial-Collage, ohne Vocals, gegliedert in die Kapitel "Vorbereitungen der Unterwelt", "Sterben", "Ankunft des Sünders", "Hölle", "Angst", "Schmerzen", "Wiederkehr der Schmerzen", "Immerwährende Wiederkehr der Schmerzen" und "Freuden des Widersachers" - und das klingt dann auch ungefähr so, wie man sich's anhand der Untertitel vorstellen kann. Ein absolut oberfinsteres Opus (mit negativem Ausgang), um das jeder Suizidgefährdete einen kilometerweiten Bogen schlagen sollte und bei dem es sich auch für den sich als gefestigt Einstufenden nicht angeraten erscheint, sich hineinfallen zu lassen. Außer ... ja, außer man ist in solch einer Situation wie ich gestern, mit nervenzerfetzender und sich letzten Endes negativ auflösender Spannung, einer gewissen Portion Dunkelheit (in der der Aufpasser von oben aber trotzdem nicht verschwindet), zu Grenzseen abschweifenden Gedanken, die sich kurz danach in Sternguckerei aufzulösen scheinen, aber ausnahmsweise mal nur geistig mit dem Erzgebirge zu tun haben, sowie einer Herde flachdenkerischer Menschen und ebensolcher Musik in unmittelbarer Nähe, gegen die selbst das Allheilmittel Aspirin nur kurze Zeit anzukämpfen vermag. Erst dann vermag man zu erkennen, was es bedeutet, einen positiv denkenden Spirit über sich zu haben, und "Wiederkehr der Schmerzen" stellt das musikalische Gegenstück dazu dar, in welches ich mich mitunter gerne hineinlehne.
Für alle, denen das jetzt eine Spur zu abgedreht war und ist, gibt es aber noch elf weitere Songs auf der CD, die ein ganzes Stück leichter verdaulich ausgefallen sind (die meisten jedenfalls) und die stilistisch wie qualitativ nahtlos an den Erstling "White Gothic" anschließen. Die von mir erhoffte Steigerung ist zwar leider ausgeblieben (mit "Frostiger Stern" und dem ausgesprochen armageddonösen Instrumental "Megiddo" haben sich wieder mal zwei mäßigere Songs eingeschlichen), aber Runhardt & Co. haben auch etliche hervorragende Gothic-Songs geschrieben (nein, als Metal kann man das trotz der bisweiligen kräftigen Riffs nach wie vor nicht einschubladisieren). "The Day Of The Lord" (diesmal der einzige direkt aus der Bibel übernommene Text, obwohl "My Faithful Shepherd" sich auch sehr stark an Psalm 23 anlehnt) hat schon fast Hitcharakter, der Opener "Far Away" macht für Necromance-Verhältnisse viel Druck, "Taste Of Home" weist einige interessante Tempowechsel auf, Gitarristin Sandra Bogdan steuerte wieder ein paar romantischere Tracks bei (wovon "Our Love In Our Tears" allerdings auch nicht hundertprozentig zu überzeugen weiß), und das Instrumental "Genezareth" (bester Song der Scheibe) versetzt mich doch glattweg ans Ufer desselben zurück, wo ich am 13./14. Dezember 1998 weilen und im Morgengrauen die Fischer arbeiten sehen durfte (Wellenplätschern und ein wenig Frösteln inclusive, denn die warmen Gitarrenakkorde werden von einem kühlen Wind aus dem Konservenland von Murd Retupmoc durcheinandergepustet). Wie "White Gothic", so ist auch "Wiederkehr der Schmerzen" (Gesamtspielzeit knapp 62 Minuten) ein wenig zu höhenlastig produziert, aber das unterstreicht eigentlich nur die Feststellung, daß jeder, der besagten Erstling mochte, auch mit "Wiederkehr der Schmerzen" keinen Griff in den Lokus tätigen wird. Falls die CD nicht im Plattenladen stehen sollte, wendet euch entweder an Pleitegeier Records, Ettlinger Straße 2b, 76137 Karlsruhe, Tel. 0721/9376868, info@pleitegeier.com, http://www.pleitegeier.com oder schickt gleich einen 30 DM enthaltenden Briefumschlag an Runhardt Scheffler, Albert-Zimmermann-Straße 7, 03130 Haidemühl.
 




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