www.Crossover-agm.de HORNBERGER & GEIGE: nicht ganz dicht
von rls

Hornberger & Geige: Nicht ganz dicht   (Goya/Jumbo)

Back to the roots? Vielleicht. Der an anderer Stelle ausführlichst interviewte Berliner Kleinkünstler Günther W. Hornberger hat sich für seine dritte CD die Violinistin Silva Finger ins Studio geholt (bekanntermaßen hat er mal Geigenbauer gelernt) und sie auch gleich noch für ein paar Backingvocals verpflichtet. Stellt sich nun die Frage, ob die Violinenklänge genau das Tüpfelchen sind, welches auf Hornbergers i noch fehlte, oder ob die 20 neuen Sonx auch so funktioniert hätten. Gleich der Opener "Hängen" (textlich übrigens eins der mannigfaltigen Exempel für Hornbergers geschickten Umgang mit der deutschen Zunge, nämlich eine Abhandlung über das titelgebende Verb) fordert, die erstgenannte Option zu wählen, denn die molligen, fast celloartigen Klänge verleihen dem Song erst das gewisse Etwas, und Passagen wie die Harmony-Parts am Beginn von "Gemischte Gefühle" unterstreichen diese Einordnung nachdrücklichst. Allerdings gibt es auch den einen oder anderen Song, wo Silva im Hintergrund vor sich hin fingert, obwohl es der Song selber eigentlich gar nicht brauchen würde; "Schätze" ist so einer, der sich in der reduzierten Variante sicher besser gemacht hätte. Das hübsche Gezupfe in "Mein Freund Frank" holt dagegen einiges wieder raus, der skurrile Text tut sein übriges dazu.
Merkwürdigerweise ertappe ich mich dabei, die beiden Instrumentals "a.o.f." (herbstlich-fragil) und "Damenwahl" (phasenweise mit Johann Strauß-Feeling) am allerliebsten zu haben, was jedoch nicht bedeuten soll, daß mir Hornbergers Stimme oder seine Lyrix nun nicht gefallen würden. Der Berliner wirft mit Anspielungen, Bridges, Jukeboxgeplärre, dunkelschwarzem Humor und einer gesunden Portion Zynismus um sich, die sich allesamt gewaschen haben und bei denen einem das Lachen mitunter ganz weit hinten im Halse steckenbleibt (auch wenn es schon kultigere Ansagetexte von ihm gab als "Morgens ist es am schlimmsten"). Musikalisch wildern Hornberger und Finger sowohl im klassischen Liedermachersound als auch im Blues, in der Klassik (ein paar Themen hat man schonmal gehört), im Lightfolk und in 23 anderen mit Gesang, Gitarre, Ukulele und Violine umsetzbaren Genres - je nachdem, wie es die zu arrivierende Stimmung des Textes erfordert. Nur Silvas Backingvocals gehen mir mit der Zeit ein wenig auf die Ketten, sowohl wenn sie engelsartig ins Mikro haucht als auch wenn sie blechern klar singt. Dagegen ist das Cover zu loben (ebenso simpel wie wirkungsvoll), und wer Hornberger bisher schon mochte, hat auch mit "nicht ganz dicht" keinen Grund, dem Berliner die Gefolgschaft zu kündigen. Allen Zweiflern sei hier noch der kultigste Text des Albums serviert, nämlich der zum opulente 43 Sekunden langen "Luftballon": "Wenn ich ein Igel, Igel, Igel wär / Und Du ein Luft-, ein Luft-, ein Luftballon / Fiel uns vermutlich schon / Das Küssen schwer / Wenn, wenn, wenn ..." Den Song (bei dem die Backingvocals ausnahmsweise mal passen) muß man einfach gehört haben. Die CD übrigens auch.
Weitere Infos und der Kontakt im Interview.



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