www.Crossover-agm.de ZERO HOUR: Dark Deceiver
von ta

ZERO HOUR: Dark Deceiver   (Sensory/Lasers Edge)

Zero Hour erkennt man inzwischen echt blind. Schon das Einstiegsriff vom Opener "Power To Believe" ist so klassisch für die Kalifornier, dass keine Fragen offen bleiben. Und "Dark Deceiver" ist denn auch ein klassisches Zero Hour-Album geworden, das nahtlos an den göttlichen Vorgänger "Specs Of Pictures Burnt Beyond" anschließt, dessen Niveau aber nicht erreicht. Die augenfälligste Eigenheit des vorliegenden Albums: "Dark Deceiver" ist verfrickelter als alle seine Vorgänger. Das wird bereits beim Opening-Doppel aus "Power To Believe" und dem Titeltrack "Dark Deceiver" deutlich, zwei Lehrstücke des fingerverknotenden Gitarrenspiels. Beide Songs sind derart vollgestopft mit Highspeed-Soli und unmenschlich rasanten Licks, dass es einem die Ohren in feinste Scheiben zerlegt. Die Bassarbeit ist gleichermaßen abgefahren. Hinzu kommen noisige Passagen in beiden Songs, die man so von Zero Hour noch nicht kannte und die später auch noch einmal in "Severed Angel" ihre Aufwartung machen werden. In dieselbe friemelige Kerbe wie das Eröffnungsduo schlagen die ersten sechs Minuten des Zwölfminüters "Inner Spirit" an dritter Stelle, die jedem Darkthrone-Fan eine Serie an Kotzkrämpfen besorgen dürften. Aber dann, urplötzlich, schalten die Tipton-Brüder den Ampereregler an ihren Fingern ein paar Stufen runter und wir haben ein paar Minuten verträumte, balladeske Ruhe. Sie können es also noch! Die nachfolgende Explosion, unterbrochen von melodiösen Einwürfen, und die abschließende Rückkehr in heilloses Gefrickel sind perfekt arrangiert und damit hat "Inner Spirit" eine gute Balance erreicht, wie sie auf "Specs ..." Standard war. Hier, auf "Dark Deceiver" hat die Technik allerdings klar Vorrang: Das sieht man nicht nur daran, dass nahezu jeder Track gleich mit einer rasanten Riffabfahrt anfängt, sondern auch an dem Intermezzo "Tendonitis": Ein reiner Angebertrack, in dem Troy Tipton auf dem Bass richtig vom Leder zieht, der aber abgesehen davon, dass er den ohne Zweifel überdurchschnittlich begabten Bassisten vorstellt, überhaupt keinen Sinn macht. Mit anderen Worten: "Dark Deceiver" neigt oft dazu, über die reine Technikdemonstration nicht hinauszukommen. Entsprechend sind auch die Gesangslinien wieder schwerer nachvollziehbar als auf dem Vorgänger. Chris Salinas gibt sein Bestes, von dem Drum- und Gitarrengewitter nicht untergebuttert zu werden und manchmal funktioniert es auch: "Dark Deceiver" und "The Passion Of Words" halten Hooklines bereit, die sich festfräsen und mitreißen. Aber das sind Ausnahmen, für ein Gegenbeispiel höre etwa "The Temple Within", in dem dieser Mann alle Facetten seiner Stimme ausspielt: Hypnotisch-beschwörerische Formeln paaren sich mit hohen Screams. Gut gemacht, aber merken kann man sich kaum was. Der dynamische Mittelteil ist dann jedoch wieder eins dieser Elemente, für das man Zero Hour nach wie vor lieben muss: Die Gitarren verströmen Smoothness, aber die Rhythmusabteilung sorgt für eine unterschwellige Unruhe, Schlagzeuger Mike Guy mit seiner zischenden Hi-Hat und Troy Tipton, indem er in unnachahmlicher Tappingmanier über die hohen Seiten seines Basses flirrt, ohne dass sich eine klare Melodie identifizieren lässt. Die Balance aus Technik und Gefühl, die "Specs ..." bot, werde ich immer den orgiastisch anmutenden Technikdemonstrationen dieses Albums vorziehen, aber Prog-Heads sollten dieses Album dennoch wenigstens gehört haben und Liebhaber der Band können eh nichts falsch machen.
Kontakt: www.zerohourweb.com, www.lasersedgegroup.com

Tracklist:
1. Power To Believe
2. Dark Deceiver
3. Inner Spirit
4. Resurrection
5. Tendonitis
6. The Temple Within
7. Lies
8. The Passion Of Words
9. Severed Angel



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