www.Crossover-agm.de WYVERN: No Defiance Of Fate
von rls

WYVERN: No Defiance Of Fate   (No Fashion Records)

Über den Wyvern-Erstling "The Wildfire" ergoß sich seinerzeit ein größerer Kübel Spottes seitens der Presse – teils zu Recht, teils aber auch völlig zu unrecht! Gut, die Preßfehler der CD waren echter Müll, und über das Cover konnte man auch nur noch den Kopf schütteln, obwohl’s immerhin noch einen gewissen Kultfaktor beinhaltete (eine Armada an Kriegern reitet auf Wildschweinen [!!!] in den Krieg, nach Hause, wo dampfende Kohlsuppe auf sie wartet, oder wohin auch immer), aber so schlecht war der bekrittelte Sound nun auch wieder nicht, und selbst an den Leadgesang konnte man sich mit der Zeit gewöhnen. Zentraler Vorwurf einiger Blätter war aber die Tatsache, daß man in Wyvern simple Mitläufer des Melodic Power Metal-Booms wähnte – angesichts des Faktums, daß die Gründung der Band bereits anno 1994 stattfand und das erste Demo "March Of Metal", von dem sich einige Tracks auf dem Debüt und "Like Dogs Climbing Up The Moon" auf der vorliegenden CD wiederfinden, aus dem Jahre 1996 datiert, es also vor "Glory To The Brave" herauskam, ist dies indes kompletter Blödsinn. Und sollte man es einzelnen Bandmitgliedern wie dem damaligen Drummer Thomas Väänänen, der mittlerweile zugunsten von Peter Nagy den Stuhl geräumt hat, oder Bandkopf Jonas Berndt (g, key) vorhalten, daß sie parallel zu Wyvern in Black- bzw. Viking-Bands spielten, die zufälligerweise schon vor Wyvern Platten veröffentlichten? Ihnen damit unterstellen, Wyvern nur zu betreiben, um auf der Powerspeed-Welle mitzusurfen? Ich glaube nicht. Vielleicht sind die Negativschreiberlinge auch nur nicht aus den Wyvern-Kompositionen schlau geworden (bei Zutreffen dieser Annahme hätten sie also versucht, ihre musikalische Hilflosigkeit auf Kosten der Band zu kaschieren), denn diese Kompositionen unterscheiden sich in der Tat etwas von denen vieler Stilkollegen, und zwar in einer ganz bestimmten Komponente: der tempotechnischen bzw. rhythmischen Zusammensetzung innerhalb der Songs. Man variiert die Geschwindigkeit an Stellen bzw. in einer Art und Weise, daß der Hörer beim ersten Mal noch aufschreckt, weil er nicht unbedingt mit einem Wechsel bzw. mit einem in gerade dieser Richtung gerechnet hat. Spätestens beim fünften Hördurchlauf aber verfliegt auch der letzte Gedanke, an der betreffenden Stelle jemals etwas anderes vermutet zu haben. Gegenüber "The Wildfire" kommt dieses Stilmittel auf der neuen CD etwas seltener zum Vorschein, ist aber nach wie vor deutlich präsent, wie bereits der Opener "Horizons Of Glory" unterstreicht. Speziell der Gitarrenarbeit hört man ferner Jonas Berndts Tätigkeit in schwedischen Extrembands an (der musikalische Hintergrund des zweiten Gitarristen Andreas Sjöström ist mir nicht bekannt) – man lausche nur mal dem zweiten Teil des bereits genannten Demotracks "Like Dogs ...", der aus dem ruhigen, folkloristischen Anfang (Mithotyn lassen grüßen) unvermittelt in einen superschnellen Banger umschlägt, welcher fast lupenreinen Göteborgdeath früher Prägung darstellen könnte, wenn man ihn leicht anders produziert hätte und einen Anders Friden ans Mikro ließe. Statt dessen singt auf der ganzen CD ein Mann namens Toni Kocmut, der den gleichen Job schon bei Sins Of Omission erledigt hat. Erinnere ich mich recht, daß die ebenfalls Göteborgdeath fabrizierten und der Gesang entsprechend elchartig-hysterisch ausgeprägt war? Falls ja, würde das die eine oder andere Unsicherheit im nunmehr von Toni gepflegten speedmetaltypischen Hochgesang erklären helfen – er klingt mitunter so, als wisse er, wohin er mit seiner Stimme wolle, aber die könne ihm noch nicht überall hin folgen. So schlimm, daß der Gesang richtig neben der Spur läge, isses nun aber auch wieder nicht. Texte hab' ich übrigens auch keine hier – ich tippe auf typischen "Metal & Fantasy"-Stoff, wenn ich mir die Songtitel so ansehe, und das Cover (nicht so kultmüllig wie der Vorgänger, aber auch leider austauschbarer) unterstreicht diese Vermutung noch einmal. Da lob' ich mir doch eher den musikalischen Einfallsreichtum der Band, die in "Northern Union" nicht mal vor Blastbeats zurückschreckt, mit dem Quasi-Titeltrack "Defiance Of Fate" eine große Hymne losläßt und sich im Solo von "Morningstar" mit Beachgitarren und Hammondorgeln richtig austobt. Wer dem Einheitsbrei in puncto Power bzw. Speed Metal entfliehen möchte, sollte in "No Defiance Of Fate" durchaus mal reinhören.



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