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WISHBONE ASH: The King Will Come
von rls

WISHBONE ASH: The King Will Come   (Talking Elephant/Membran)

"The King Will Come", der Kenner weiß es, gehört zu den Klassikersongs, für die Wishbone Ash verantwortlich zeichnen und die auch heute noch, 35 Jahre nach dem Erscheinen des zugehörigen Studioalbums "Argus", zum Standard-Liverepertoire der Band gehören. Hinter der CD-Titulierung "The King Will Come" wiederum verbirgt sich ein doppelter Silberling, der eine ganze Reihe interessantes Material aus dem Hause Wishbone Ash bündelt und zu drei Vierteln aus Liveaufnahmen besteht. Das ist prinzipiell erstmal eine gute Nachricht, schließlich sind Ash als ausgezeichnete Liveband bekannt, was für die frühen, etwa auf "Live Dates" dokumentierten Zeiten ebenso zutrifft wie auf rezentere Perioden, in denen der Ausstoß neuen Studiomaterials in eher marginalem Volumen erfolgte. Nachteil an der Sache ist hier nur, daß das Booklet zwar Liner Notes zur Bandhistory enthält, mit Informationen, wo und wann die Livemitschnitte denn getätigt wurden, aber über weiteste Strecken äußerst sparsam umgeht (lediglich für die letzten drei Titel der zweiten CD, darunter den Titelsong selbst, ist 2002 als Mitschnittsjahr angegeben), die Ergründung der Herkunft und zeitlichen Einordnung also ausschließlich dem Ash-Kenner überläßt, der bereits umfangreiches Vergleichsmaterial in der Sammlung stehen hat. Das hätte man also deutlich besser und nachvollziehbarer lösen können, und da der Rezensent zwar etliche Livealben der Truppe besitzt, aber keineswegs allumfassend bestückt ist (bei ebay hat vor Jahren mal jemand eine Sammlung von 100 Wishbone Ash-CDs versteigert, und da war dutzendweise Livematerial aller möglicher und unmöglicher Herkunft dabei), kann er allenfalls Anhaltspunkte mitteilen, aber keine exaktere Einordnung vornehmen. Der Soundbruch zwischen "Insomnia" und "You See Red" geht jedenfalls als deutliches Zeichen dafür durch, daß es sich um Material von mehreren Konzerten handeln dürfte (von mindestens zweien war ja eh auszugehen, denn sonst hätte man hinter alle oder keinen eine 2002 schreiben können), wobei in den meisten Fällen zwischen den Songs ausgeblendet wird, es sich also möglicherweise nicht um Blöcke von einem Konzert handelt. Das wäre auch eigentümlich, denn dann gäbe es in zwei Fällen eine auffällige Häufung von Songs ein und desselben Albums nacheinander. "Lifeline", "Living Proof" und "Insomnia" stehen nämlich allesamt auf dem 1980er Album "Just Testing" (man könnte zu diesem Block auch das folgende "You See Red" noch rechnen, denn das stammt vom Vorgängeralbum "No Smoke Without Fire", also auch noch aus unmittelbarer zeitlicher Nähe), und den zweiten Block markieren gleich vier Stücke von "Argus", unterbrochen lediglich vom 1988er Instrumental "Real Guitars Have Wings" und dem danach folgenden CD-Wechsel: "Throw Down The Sword" (immer noch der Lieblingssong des Rezensenten im Repertoire der Band) und "Time Was" vor den geflügelten Gitarren, "Sometime World" und "Blowin' Free" danach. Der fünfte "Argus"-Track, nämlich "The King Will Come", folgt wie erwähnt später, flankiert von zwei Kompositionen "neueren" Datums (will bedeuten: vom 1991er Album "A Strange Affair"): "Hard Times" als nochmal alle Stärken bündelnder Closer der CD und "Strange Affair" selbst als keineswegs kraftlose Akustikversion - hier zeigt sich die Meisterschaft von Andy Powell als letztem Mohikaner der alten Besetzung und seinen wechselnden neuen Mitstreitern, auch unter downgestrippten Bedingungen noch erstklassige Ergebnisse zu erzielen, was den beiden klassischen Besetzungen der Siebziger selbstredend in analoger Weise beschieden gewesen war. Gerade live bewies sich der Einfallsreichtum der konsequent auf zwei Leadgitarren setzenden Band in bester Siebziger-Manier immer wieder aufs neue und resultierte in Improvisationen, die zwar nicht ganz so weitschweifig ausfielen wie bei Deep Purple oder gar Grateful Dead zu deren Hochzeiten, aber trotzdem noch reizvolle neue Glanzlichter in die Studioversionen setzen konnten und so eindrucksvoll Zeugnis vom Können der Band ablegten. Gerade mal drei der sechzehn Werke auf dieser Doppel-CD überspringen die Fünfminutenmarke nicht, darunter indes auch nur einer der vier Studiotracks, die diese Veröffentlichung abrunden, allerdings herkunftsseitig ebenfalls nicht zu belegen sind; sie stehen, wenn ich mich nicht versehen habe, zumindest auf keinem der regulären Studioalben bis 1991 und auch nicht als B-Seiten auf den Singles des gleichen Zeitraumes. Wer mag, kann also diesbezüglich mal Nachforschungen anstellen, wer nicht, läßt es sein und begeistert sich statt dessen an der erstklassigen Rockmusik traditionellsten Zuschnitts, die hier 100 Minuten lang aus den Lautsprechern kommt; Zweifler hören sich beispielsweise das Hauptsolo von "Sometime World" an, verbrennen anschließend ihr modernes Equipment und laufen scharenweise ins Lager derjenigen über, die hochklassige handgemachte Rockmusik auch im Zeitalter der wildesten Digitalisierung noch zu schätzen wissen und denen wohlbekannt ist, daß Andy Powell im kleinen Finger mehr Gefühl besitzt als alle Dancefloorarrangeure dieser Welt in ihren Händen zusammen. Zwar sollte man als Einsteiger erstmal einem der regulären Alben sein Gehör schenken, aber man macht auch mit dem Erwerb von "The King Will Come" prinzipiell nichts falsch.
Kontakt: www.membran.net

Tracklist:
CD 1:
Come Rain, Come Shine
Lifeline
Living Proof
Insomnia
You See Red
Throw Down The Sword
Time Was
Real Guitars Have Wings

CD 2:
Sometime World
Blowin' Free
Hard On You
Is Justice Done
Sheriff Of Sherwood
Strange Affair
The King Will Come
Hard Times
 




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