(Eigenproduktion/rebeat.com)

Vicky heißt mit Nachnamen nicht Leandros, sondern Schuh, kommt nicht aus Griechenland, sondern aus Wien und fährt auch nicht nach Lodz (und schon gar nicht mit Theo), sondern nach England oder Tunesien (letztgenanntes sagt zumindest das Infoblatt, wenngleich es scheinbar bisher bei Traumreisen geblieben ist). Zumindest musikalisch gibt es aber auch noch ein paar Parallelen zwischen dem Schaffen der beiden Damen, wenngleich die eine einen Legendenstatus besitzt, den die andere vermutlich nie erreichen wird. Anhand der vorliegenden Debütsingle der Wienerin (Spielzeit: 6:51 min) kommt man zu dem Schluß, daß die Möglichkeit für eine gewisse Originalität im Schlagerfach durchaus gegeben gewesen wäre, aber nicht genutzt wurde. Zum einen hat Vicky eine für dieses Genre vergleichsweise dunkle und nasale Stimme (was auch angesichts ihres Alters von gerade mal 16 Jahren zum Zeitpunkt der Aufnahmen überrascht - rein akustisch klingt sie "älter"), die aber in den zwei Songs noch deutliches Daran-Arbeiten-Müssen offenbart, was Dinge wie Treffsicherheit, Ausdruckskraft und Aussprache anbelangt. Zum anderen spricht Vicky laut Infozettel vier Fremdsprachen, darunter Hebräisch und Arabisch - das wäre dann doch wirklich mal was Neues und Originelles: Schlager auf Hebräisch oder Arabisch oder gar beides kombiniert. Das könnte doch glatt als Beitrag zur Völkerverständigung durchgehen wie "Mabool", das 2004er Album von Orphaned Land, und hätte zugleich den Vorteil, daß man vom Textgut nicht allzuviel verstünde. In dieser Sparte nämlich bedient Vicky sämtliche Klischees des Genres auf allenfalls mäßigem Niveau. Unbekannt muß bleiben, ob das lyrische Ich Züge der Persönlichkeit der Sängerin enthält - falls dem so ist, handelt es sich um ein ziemliches Früchtchen, denn im Titelsong träumt sie davon, jede Nacht den Nachbarjungen zu vernaschen, und das mit 16. Wenigstens hätte sie dann aber Geschmack, denn laut der Optik-Beschreibung ist der Nachbarjunge Metaller oder zumindest ein Kandidat für den Einstieg bei Rammstein. Etwas weniger exakt determiniert kommt der zweite Text "In dir verliern" daher (die Textzeile "So rein wie das Wasser, das vom Himmel fällt" wirkt angesichts sauren Regens und ähnlicher Probleme freilich ungewollt komisch, der Pleonasmus "So hell wie der Sonnenstrahl des Lichts" hätte auch nicht sein müssen, und eine Einigung, wie denn der Song nun eigentlich geschrieben wird - das Cover sagt "In dir verlier'n", das CD-Label aber "In dir Verlieren" -, wäre auch nicht schlecht gewesen). Auf gängige Reimschemata hat die Texterfraktion phasenweise ganz verzichtet, was je nach Standpunkt als Vor- wie Nachteil interpretiert werden kann. Analoges trifft auch auf den musikalischen Aspekt zu: Originalität ist nahezu komplett abwesend (die im Titeltrack bisweilen etwas verstimmte bzw. neben der Spur liegende Leadgitarre sollte wohl nicht als Originalitätsfaktor gewertet werden), so daß sich Vicky direkt mit den Größen ihres Genres messen muß, und in diesem Vergleich geht sie dann doch gnadenlos baden. Man höre sich nur mal genau das Drumfill im Refrain des Titeltracks an - eine exakte Kopie der Flippers, und die spielen insgesamt betrachtet dann doch in einer anderen Liga. Auch ansonsten macht der relativ steril wirkende musikalische Unterbau eher marginalen Hörspaß, lebendig (aber deswegen nicht besser) tönt allein der erwähnte Gitarrenpart. Zugutehalten muß man der Kompositionsfraktion allerdings die Fähigkeit, Ohrwurmrefrains zu schreiben, denn die hat sie im zweiten Song unter Beweis gestellt - der Chorus von "In dir verlier'n" setzt sich mit Widerhaken im musikalischen Gedächtnis fest und läßt sich nur durch großangelegte Maßnahmen der Hirnchirurgie oder vielleicht die Zeit wieder von dort entfernen. Sollte es Vicky schaffen, größere Businesspartner für sich zu begeistern, ist ihre Sache nicht ganz hoffnungslos (dazu bedürfte es freilich u.a. noch einer starken Zunahme an Professionalität z.B. im öffentlichkeitsarbeitstechnischen Bereich), aber eine Parallelkarriere als Fremdsprachensekretärin wäre sicherheitshalber trotzdem anzuraten.
Kontakt: www.vicky.co.at

Tracklist:
Der nette Junge
In dir verlier'n

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