www.Crossover-agm.de TYR: How Far To Asgaard
von rls

TYR: How Far To Asgaard   (Tutl)

Tyr schließen eine geographische Lücke in meiner Tonträgersammlung, handelt es sich doch um die erste Band von den Färöer Inseln (alle Fußballfans wissen, wo die liegen), die mir zu Gehör kommt. Und das, was mir da entgegenschallt, weiß über weite Strecken voll und ganz zu begeistern - jedenfalls denjenigen Hörer, der auf blitzsauberen und ideenreichen Epic Metal steht, welcher ohne manowareske Monotonie daherkommt und trotz eindeutig durchhörbarer Doomeinflüsse das Tempo geschickt genug variiert, um bei der überdurchschnittlichen Spieldauer (nur zwei der acht Songs sind kürzer als sechs Minuten) keine Langeweile aufkommen zu lassen. Mit Candlemass, wie bereits geschehen, sollte man die Band trotzdem nicht vergleichen, denn die Herangehensweise ist generell eine andere, auch wenn gerade "Excavation" sich auch sehr gut im Repertoire der Mannen um Leif Edling machen würde. Tyr hatten zum Zeitpunkt der Aufnahmen dieses Debütalbums (vorher gab es schon ein Demo, dessen Tracks allesamt nochmals auf "How Far To Asgaard" verewigt wurden) mit Heri Joensen nur einen Gitarristen, aber ihr Sound ist eindeutig auf zwei Gitarren ausgelegt, wie zahlreiche doppelläufige Leads beweisen (man höre sich mal das phantastische einrahmende Tapping in "The Rune" an). Apropos Runen: Der Bandname steht, wie der Leser beim einleitenden Blick schon bemerkt haben sollte, in Runen auf dem Cover, und in Verbindung mit dem Albumtitel (wobei mir die Schreibweise "Asgaard" neu war - auch die zahlreichen Bands dieses Namens hatten eigentlich immer nur zwei a in Verwendung und nicht drei) sollte es keine großen Gedankenspiele bis zur Erkenntnis, daß die Band von der nordischen Mythologie inspiriert ist, mehr nötig haben. Kurze Blicke in die Lyrics bestätigen diese These, und zudem haben Tyr auch noch einen Folksong ihrer Inselheimat (welche einige Bandmitglieder zwischenzeitlich mit dem dänischen Festland getauscht haben, aber die Wurzeln sind offensichtlich immer noch stark und lebensfähig), etwas metallisiert, dessen Text von Jens Christian Djurhuus (1773-1853) stammt. Wie das Original klingt, dazu bin ich nicht auskunftsfähig, aber die Tyr-Version funktioniert definitiv, auch wenn sich das mitteleuropäische Ohr möglicherweise erst an die Melodik gewöhnen muß (wenn es nicht gerade zu einem Mitglied des Personenkreises gehört, der sich sowieso gerne nordeuropäischer Folklore widmet). Der abschließende Titeltrack hält nach seinen neun Minuten und einer ebensolangen Pause übrigens noch weitere neun Minuten parat, und zwar mit einem weiteren Folksong, diesmal aber in halbwegs originaler Version und mit grob über den Daumen gepeilt 20 Strophen - den verträgt man als nicht mit solcher Musik vertrauter Mensch allerdings wirklich nicht mehr, zumindest nicht ohne einen gewissen Alkoholpegel, und selbst dann fiele das Mitsingen bzw. -grölen sprachbarrierebedingt akut schwer. Konzentrieren wir uns also lieber auf die acht regulären Songs, denn die sind eine eingehende Beschäftigung wirklich wert. Der Opener "Hail To The Hammer" ist nicht nur der kürzeste, sondern auch der kraftvollste Song, zudem einer der schnellsten (was hier natürlich relativ zu bewerten ist, denn über Midtempo kommt fast keiner der Songs hinaus - Geschwindigkeitsfanatiker werden "How Far To Asgaard" also allenfalls als blutdrucksenkendes Mittel goutieren können). "Excavation" und "The Rune" wurden oben schon erwähnt, weiter geht es mit "Ten Wild Dogs", wieder mit Saitentapping, das fast an eine nordische Version von Rimski-Korsakows "Hummelflug" erinnert (von der Harmonik her etwas abgewandelt und natürlich kältebedingt auch etwas langsamer). "God Of War" pendelt zwischen mächtigen Riffs (auch die hätten tatsächlich zu Candlemass gepaßt, wenn da nicht der verschroebene, fast progressiv zu titulierende rhythmische Unterbau wäre) und verhaltenen Passagen, zu denen auch der überraschend leise Ausklang des zuvor recht mächtigen Refrains gehört. "Sand In The Wind" stellt für Tyr-Verhältnisse fast Speed Metal dar und entwickelt sich über einen komplexen Anfang in ein leichtfüßiges Wanderstück, das im Mittelteil wiederum folkige Melodien auffährt (die mir irgendwie bekannt vorkommen) und dabei immer schneller wird, bis es wieder in einen dem Beginn ähnlichen Komplexpart verfällt und fortan diese beiden Elemente koppelt. Es soll der einzige etwas abschweifende Track bleiben: Über das erwähnte "Ormurin Langi" erreichen wir den abschließenden Titeltrack, der noch einmal alles bündelt, was die vorherigen sieben Tracks geprägt hat (auch er besitzt einen kurzen schnellfüßigeren Zwischenpart und endet gar mit einer Art klassischem Speed Metal-Solo) und daher auch als Anspieltip herhalten kann. Aufgrund der größtenteils doomigen Geschwindigkeit eignet sich das Album nicht in jeder Lebenslage zum Hören, aber wer auf großartigen, leicht progressiven Epic Metal steht, muß "How Far To Asgaard" trotzdem besitzen. Zwischenzeitlich ist auch schon das Nachfolgealbum "Eric The Red" erschienen - mehr darüber demnächst.
Kontakt: www.tyr.net, www.tutl.com

Tracklist:
Hail To The Hammer
Excavation
The Rune
Ten Wild Dogs
God Of War
Sand In The Wind
Ormurin Langi
How Far To Asgaard



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