www.Crossover-agm.de SUNROAD: Flying N' Floating
von rls

SUNROAD: Flying N' Floating   (Musik Hall Records)

Drittes Album von Sunroad, umfangreiche Veränderungen im Personal, aber nahezu keine in der Musik: Das einzige konsequent unverändert arbeitende Bandmitglied aus den Zeiten des "Arena Of Aliens"-Zweitlings (das Debütalbum "Heat Of The Road" ist mir nach wie vor nicht bekannt) bildet Drummer Fred Mika. Der damalige Bassist/Auch-Keyboarder Akasio Angels ist auch noch dabei, hat den Baß aber an Enilson Macedo abgegeben und pendelt nun zwischen Keyboards und Rhythmusgitarre hin und her, wobei erstgenannte einen nicht unwichtigen, aber nicht überbewerteten Einfluß im Sound ausüben. Der damalige Sänger Harion Vex hatte ebenfalls noch wichtigen Anteil am Zustandekommen des neuen Albums, aber nicht als aktiver Musiker, sondern als Produzent und Engineer. Einzig Gitarrist Alberto Conde scheint sich komplett zurückgezogen zu haben (nur als Co-Komponist von "Polar Winds", "Searching For The Sun" und "Till The End Of Time" ist er noch vermerkt, bei ersterem übrigens gemeinsam mit seinem Nachfolger), aber seinen Platz hat mit Rafael Milhomem ein anderer Könner eingenommen, der auch einflußtechnisch auf einer ähnlichen Linie zu liegen scheint wie sein Vorgänger. So ist es insgesamt gesehen gar kein Wunder, daß sich stilistisch relativ wenig geändert hat. Sunroad fabrizieren immer noch typischen 80er Melodic Metal, dem nichts ferner liegt als Blicke ins spätere Musikgeschehen, wenn man von dem einen oder anderen leicht angeproggten Break (sowas war in den 80ern bekanntlich noch weithin ungeläufig) mal absieht. Statt dessen wendet man sich eher noch weiter in die Vergangenheit, und diesmal hat man sogar direkten Tribut gezollt, nämlich mit einer gut umgesetzten Coverversion des alten Scorpions-Tracks "Sun In My Hand" (original auf dem 1975er Album "In Trance" zu finden), wobei die Wahl durchaus programmatisch ist, denn es handelt sich um eine Komposition von Uli Jon Roth, und der schrieb bekanntlich immer etwas sphärischere, manchmal auch psychedelischere Sachen als seine damaligen Bandkollegen. Die Erzeugung von Atmosphäre ist nämlich auch Sunroad wichtig, und hier finden die Keyboards dann ihren sinnvollen Einsatz, während sie als Soloinstrument eher selten gebraucht werden, und wenn, dann meist, um irgendwelche Effekte einzuwerfen - "richtige" Keyboardsoli wie nach Minute 4 des starken Instrumentals "Invisible Connections" (Maiden und die Scorpions, beide zu ihren besten Zeiten, jammen miteinander) bleiben eher selten, aber auch sie stellen effektvolle Elemente innerhalb der elf Songs dar, die diesmal etwas stärker ins Detail ausgewalzt worden sind, denn sie erreichen 53 Minuten Spielzeit, während die zehn des Vorgängers schon zehn Minuten früher durchs Ziel gelaufen waren. Geschadet hat das den neuen Songs definitiv nicht, denn das Schreiben nachvollziehbarer, aber nicht stromlinienförmiger Songs beherrschen Sunroad nach wie vor sehr gut, was schon das über dreiminütige Intro deutlich macht, das geschickt den Anschein erweckt, doch direkt zu einem "richtigen" Song zu werden, diese Grenze aber letztlich trotz mehrmaligen Antäuschens doch nicht überschreitet, so daß erst der Titeltrack den Reigen der "richtigen" Songs eröffnet und sich gleich mal als eines der Highlights entpuppt, denn auch er erweckt erst den Anschein, einen typischen Euro-Melospeed-Gestus anzulegen, wird dann aber geschickt abgebremst und im Midtempo weitergeführt, in einen harmonisch an dieser Stelle nicht so erwarteten, wenngleich in einer übergreifenden Betrachtung nicht untypischen Refrain hinübergeleitet und im Hauptsolo gar mit wunderbarer Halbakustikarbeit abgerundet. Das Ganze passiert unter ständiger Beachtung des Grundsatzes, man möge nur das zusammenwachsen lassen, was auch tatsächlich zusammengehört, und hier erfüllen mitunter die Keyboards wieder eine wichtige Brückenfunktion. Diese hohe Qualität können Sunroad nicht in allen Folgesongs halten, speziell gegen Ende hin geht ihnen ein klein wenig die Puste aus (das wirklich exzellente treibende Solo in "Don't Lock Up The Truth" strahlt noch einmal heraus, und auch das abschließende ruhige Instrumental "Floating Gardens" ist nicht von schlechten Eltern), aber sie haben zwischendurch ja schon hervorragende Arbeit geleistet. Und so kommen reizvolle Kontraste zustande, so etwa in der Mitte des Albums, wo auf das erwähnte Instrumental "Invisible Connections" zunächst die wenig spektakuläre, aber solide Halbballade "First Day Without You" folgt, das folgende "Till The End Of Time" zunächst ein paar glamrockige Anleihen transportiert, bevor es in den bandtypischen Melodic Metal übergeht, und das "Sun In My Hand"-Cover letztlich für die stärksten 70er-Elemente sorgt, gleichzeitig allerdings auch für die Frage, wie sich der eigenartige Soundunterschied zwischen diesem und den anderen Songs erklärt. Die Drums stehen hier nämlich deutlich weiter im Hintergrund als sonst, und der Gesamtsound ist ein gutes Stück leiser als beim Rest, obwohl die Recordingangaben im Booklet hier keine Differenzierung vornehmen. Neben dem Cover gibt es noch eine weitere "Altlast" auf dem Album, nämlich eine als "2005 version" deklarierte Neueinspielung von "Hero Or Criminal", dessen originale Herkunft wohl ebenfalls auf dem Debütalbum zu verorten ist. Da der neue Sänger Leo Yanes seine Sache deutlich besser macht als sein Vorgänger (der auch nicht schlecht, aber nicht selten zu angestrengt und gepreßt klang), die Band nach wie vor im sozialen Bereich stark engagiert ist (man mit dem Erwerb also automatisch noch ein gutes Werk tut, indem Teile der Einnahmen wiederum an wohltätige Zwecke gehen) und selbst die Optik des Albums diesmal deutlich zugänglicher daherkommt als die des Vorgängers, kann man Freunden des Melodic Metal, denen die heutige ausprägung dieses Sounds eher weniger zusagt, ohne Abstriche zum Erwerb dieses Albums raten, der sich hierzulande über die bekannten Kanäle wie www.whirlwind-records.de realisieren lassen sollte.
Kontakt: www.sunroad.com.br

Tracklist:
Cosmic Sunrise (Heliotropism)
Flying N' Floating
Polar Winds
Invisible Connections (Anima Vitae)
First Day Without You
Till The End Of Time
Sun In My Hand
Searching For The Sun
Hero Or Criminal (2005 version)
Don't Lock Up The Truth (Nostra Aetate)
Floating Gardens
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver