STRANA OFFICINA: Rising To The Call von rls (My Graveyard Productions)
Strana Officina haben in ihrer jüngsten Aktivitätsphase ab 2006 bisher fast ausschließlich altes Material aus den Zeiten vor dem Unfalltod der Cappanera-Brüder anno 1993 wiederveröffentlicht, entweder in Neueinspielungen (auf dem "The Faith"-Album) oder in Originalfassung (in einem Boxset mit den beiden EPs und dem einen Album aus den 80ern, ergänzt noch durch eine Raritätencompilation mit ganz frühem Demomaterial, das in der Zwischenzeit auch noch außerhalb des Boxsets als eigenständige CD erschienen ist). Nur ein einziges Werk dieser jüngeren Schaffensperiode enthält auch neue Songs: das "Rising To The Call"-Album, auf dem acht Songs stehen, die Gitarrist Dario "Kappa" Cappanera, der zusammen mit Drummer Rolando Cappanera nach dem Tod der Väter- bzw. Onkelgeneration die Geschicke der Band zusammen mit den beiden Altmitgliedern Daniele "Bud" Ancillotti (Vocals) und Enzo Mascolo (Baß) übernahm, geschrieben hat. Letztgenannter ist auf den acht neuen Songs allerdings nicht zu hören, sondern statt dessen Matteo Bigi. Ob's an ihm liegt oder doch eher an Kappas Songwriting, daß das neue Material zwar weiterhin im traditionell geprägten Metalbereich verbleibt, aber doch etwas anders klingt als das alte oder auch die Neueinspielungen? Der Opener "In Rock We Trust" täuscht zunächst einen Speedbrecher an, entwickelt sich aber bald zu massivem Midtempo-Metal, und die Geschwindigkeit früherer Tage bleibt auch im weiteren Material größtenteils abwesend, das mit ganz leichtem Motörhead-Touch durchgebolzte, aber trotzdem stets melodisch zugänglich bleibende "Beat The Hammer" mal ausgeklammert. Statt dessen macht sich eine Art grooviger Traditionsmetal breit - das ist kein Widerspruch, denn es gibt da ein ganz großes Vorbild, und das hört auf den Namen Ozzy Osbourne. Speziell das weitgehend unterschätzte "Ozzmosis"-Album hat auf "Rising To The Call" deutliche Spuren hinterlassen, und wenn dann Bud auch noch klagend anhebt, sich wie Ozzy zu artikulieren, dann liegt der Vergleich nicht mehr fern, wobei dieser Gesangsstil weite Teile des Albums prägt. Wenn andererseits Kappa seine Gitarre mal kurz modern aufjaulen läßt, kommen dem Hörer natürlich auch Black Label Society in den Sinn. Zwar kopieren die Italiener nun nicht fröhlich vor sich hin, aber die Ähnlichkeiten sind doch stark genug, um den Anhängern des Madmans, sofern sie auf diese Phase seines Schaffens stehen (die ja durchaus nicht unumstritten ist), ein Hineinhören in "Rising To The Call" zu empfehlen, zumal Strana Officina durchaus geschickte Arrangeure sind, die den Hörer auch mit ein paar Überraschungen bei der Stange zu halten verstehen. Man höre nur mal die geschickte Tempoverschärfung im Finalpart von "Night Flyer" oder auch schon das große, viel Traditionsmetalspirit atmende Hauptsolo dieses Songs, der irgendwie viel länger wirkt als die viereinhalb Minuten, die er nur dauert! Möglicherweise spielt hier aber auch die Erinnerung ans vorausgegangene fünfeinhalbminütige und ähnlich arrangierte "Pyramid" mit rein, so daß man beide Songs auch als eine Einheit begreifen könnte, selbst wenn sie so nicht gemeint sind. Abwechslung kommt dennoch nicht zu kurz, und auch innerhalb der Songs selbst lassen sich die Italiener immer etwas einfallen, was es in dieser Form sonst selten oder noch gar nicht in ihrem Schaffen gegeben hat - in "Gone Tomorrow" wäre das beispielsweise der "Ferneffekt" im Hauptriff, das so klingt, als habe man es durch einen Telefonhörer eingespielt, und dadurch gut mit dem traditionellen Midtempogebolze und dem urtraditionellen Hauptsolo kontrastiert, ohne zerstörerisch zu wirken. Der halbakustische Anfang von "Life: When It's Gone" wiederum hat einen ganz leichten Touch gen "Children Of The Sea", aber der Song bleibt dann auch bis zum zweiten Refrain im Halbakustikareal und schwenkt nicht wie der erwähnte Sabbath-Klassiker schon nach dem Intro in den metallischen Bereich um, was allerdings auch hier später noch passiert. "Media Messiah" wird von einer Geräuschkulisse eingeleitet, in der der titelgebende Antiheld selbst zu Wort kommt und sich als der Retter des Abendlandes hochstilisiert - Vermutungen, hiermit sei Silvio Berlusconi gemeint, liegen zwar nahe, können aber nicht verifiziert werden. Der Song selbst ist im treibenden Midtempo gehalten, enthält noch weitere Sprachsamples, einige Breakdowns und etwas kurzes Gitarrengejaule und steht damit archetypisch für das neuzeitliche Schaffen der Band.
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