www.Crossover-agm.de SOUL STEALER: Soul Stealer
von rls

SOUL STEALER: Soul Stealer   (Ledo Takas Records)

Es gab da mal in Schweden ein paar in ihren Extremmetalbands nicht ausgelastete Menschen, die unter dem Namen Supreme Majesty kurzerhand noch eine Melodic-Metal-Band gründeten und drei sehr gute bis exzellente Alben einspielten. So ähnlich könnte es auch bei Soul Stealer aus Litauen zugegangen sein: Alleinkomponist/Gitarrist Enrikas Slavinskis spielt seit 2005 bei Obtest, einer altgedienten Pagan-/Black-Metal-Kapelle, hat aber parallel mit Soul Stealer auch noch eine Melodic-Metal-Band am Laufen, deren selbstbetiteltes Debüt wie weiland der Supreme-Majesty-Erstling "Tales From A Tragic Kingdom" durchaus das Zeug zum Genreklassiker hätte, jedenfalls rein instrumental gesehen. Das Quintett steht nur vor zwei Problemen: Zum einen singt Jeronimas Milius in sieben der zehn Songs auf Litauisch, was den gemeinen Mitteleuropäer vor gewisse Schwierigkeiten beim Mitsingen oder Merkenwollen stellt. Zum zweiten stehen Soul Stealer nicht bei einer etablierten zentraleuropäischen Plattenfirma unter Vertrag, sondern bei Ledo Takas Records - zwar das bedeutendste Metal-Label ihrer Heimat, aber international gesehen doch eher ein kleiner Fisch und mit nur begrenzten Möglichkeiten ausgestattet, seine Bands entscheidend nach vorn zu bringen. Zumindest das erstgenannte Problem haben Soul Stealer aber mittlerweile gelöst: Schon auf dem Debüt waren drei englisch vokalisierte Tracks enthalten (es sind kurioserweise die längsten Songs), und das auch schon erschienene, aber bisher nicht im Büro des Rezensenten gelandete Nachfolgewerk mit dem hübschen Wortspiel-Titel "Feel The Steal" besitzt ausschließlich englische Songtitel. Und CDs von Ledo Takas Records tauchen mittlerweile zumindest ab und zu mal im Sortiment mitteleuropäischer Mailorderfirmen auf, so daß man nicht mehr unbedingt nach Vilnius fahren muß, um seine Kollektion zu vervollständigen. So bestehen gute Chancen, daß Soul Stealer es langfristig vielleicht doch schaffen, ihre Band auch außerhalb ihres Landes zu etablieren - verdient hätten sie es, wenn man die knappe Stunde des vorliegenden Debütalbums als Maßstab nimmt. Mit unverhohlener Frische und Spielfreude musiziert das Quintett drauflos, brilliert spieltechnisch, fährt einen konkurrenzfähigen Sound auf und krönt das Ganze noch mit einem gekonnt zwischen hohen und sehr hohen Lagen pendelnden Sänger, der einen der Haupttrümpfe der Band darstellt. Auf etwas kuriose Weise war er es auch, der für den ersten entscheidenden Karriereschub Soul Stealers sorgte: die zehn Songs waren bereits 2006 eingespielt worden, blieben aber ungemixt und ungemastert, weil sich offenbar keine reale Veröffentlichungs- und Finanzierungschance bot. Anno 2008 nahm Jeronimas Milius dann aber am lokalen Vorausscheid für den Eurovision Song Contest teil, gewann diesen und konnte damit die Aufmerksamkeit von Ledo Takas Records wecken, die dann dafür sorgten, daß das auf Halde liegende Material komplettiert und vervollständigt werden konnte. Obwohl Soul-Stealer-Keyboarder Vytautas Diskevicius der Komponist des Contest-Liedes "Nomads In The Night", mit dem es Milius allerdings nicht bis ins Finale von Belgrad schaffte, war, landete selbiges nicht auf dem Debütalbum - aber dieses funktioniert zweifelsohne auch ohne diese etwas exotisch anmutende Zutat. Obwohl mit Ausnahme des Openers "Viskas, Kas Turi Pradzia" kein Song unter fünf Minuten ins Ziel kommt, wirken die Arrangements nie langatmig und behalten immer das nötige Spannungsmoment, um den Hörer bei Laune zu halten, egal ob es sich nun um flottere Nummern wie das begeisternde "Brolis Uz Brolj" oder eine Halbballade wie das allerdings auch in einem furiosen Speedinferno endende "Vampire Woman" handelt. Und das Quintett baut auch immer wieder Elemente ein, die den Hörer etwas zum Schmunzeln animieren, was den Wagemut des Einbaus angeht, etwa die holzbläserartigen Keyboardeinwürfe im ansonsten allerdings etwas unspannenden Intro von "Be Sparnu". In der zweiten Hälfte des Albums beginnt Soul Stealer hier und da dann doch ein wenig die kreative Puste auszugehen - die richtigen Highlights sitzen weiter vorn, vom Schlußspurt mit dem zupackenden, im klassischen Hardrock wurzelnden "Plastake" und dem abschließenden vielschichtigen "Too Heavy" vielleicht mal abgesehen. Aber gut anzuhören ist auch dieser kurze leicht durchhängende Teil, nur die Brillanz und Eleganz des vorausgegangenen Feuerwerks erreicht er eben nicht mehr ganz. Das macht freilich nichts und beeinträchtigt die Einschätzung, es in Gestalt dieses Albums mit einem sehr erfreulichen Genrevertreter zu tun zu haben, nicht im Geringsten. Und jetzt geht's auf die Suche nach "Feel The Steal" ...
Kontakt: www.soulstealer.lt, www.ledotakas.net

Tracklist:
Viskas, Kas Turi Pradzia
Padek Isnykti...
The Reaper
Brolis Uz Brolj
Vampire Woman
Dar Nevelu
Be Sparnu
Liudesio Miestas
Plastake
Too Heavy



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