www.Crossover-agm.de SILVERBULLIT: Citizen Bird
von rls

SILVERBULLIT: Citizen Bird   (Nons Records)

Etwas hilflos stehe ich dieser Platte gegenüber, denn mir wollen partout nicht die richtigen Vergleiche einfallen. Startet der Opener "Glory" noch im spacigen Kifferrockstil von Black Sabbaths "Planet Caravan", so machen sich bald die Rock-Roots selbständig, gehen ein wenig in Richtung Monster Magnet und lassen nur in einer Störkeyboardlinie dem Space freien Raum. "Joy" könnte dann schon fast als Paradebeispiel für einen Silverbullit-Song durchgehen: verträumte Melodien werden von einem straighten Grundbeat vorangetrieben, und die Keyboards harmonieren mit den Gitarren so gut, als ob sie demnächst heiraten wollten. Gegen Ende darf dann sogar Bassist Jukka Rintamäki Leadparts übernehmen. Keyboarder Jon Ölmeskog prägt den nächsten Song mit seinem Hammondthema überdeutlich und plaziert "Magnetic Star" damit doch glattweg auf dem Soundtracksampler eines schwedischen Filmfestivals. Aber was für einem Film sollten Silverbullit entsprechen? Ich plädiere am ehesten für ein staubiges Roadmovie im Stile der 50er oder 70er Jahre. Überhaupt sind die 70er Jahre ein gewisser Verdachtsmoment, was den Sound von Silverbullit angeht, denn etliche Vorbilder der Band würde ich in den frühen 70ern suchen wollen. Hawkwind wären da sicher nicht an letzter Stelle zu nennen, ein bißchen Deep Purple scheint manchmal auch durch, und nicht nur in "Money" ist eine Vorliebe für embryonale Scorpions herauszuhören (gerade dieser lagerfeuerwarm-balladeske Song hätte durchaus auch auf "Lonesome Crow" nicht wie ein Fremdkörper gewirkt). Nicht vergessen sollte man als Orientierungshilfe die alten UFO-Platten, auf denen Phil Mogg noch von Prince Kajuku sang. Psychedelische Einflüsse schreiben Silverbullit also ebenfalls groß, ohne diese nun aber so zu omnipräsentieren, daß man rasenweise Gras braucht, um das Ganze zu verstehen. Man erschrickt aber auch im nüchternen Zustand über die Idee, in "This Is The Place" sozusagen das zentrale Element der "Sinfonie mit dem Paukenschlag" einzuarbeiten, nur daß hier ein schreiender Gitarrenakkord den Prellbock bildet, der hernach in ein lang ausgewalztes Feedback übergeht, bevor wieder das bekannte treibende Thema zum Zuge kommt. Als Kontrastprogramm hierzu fungiert der anschließende Titeltrack. Der ist nicht nur rein instrumental, sondern auch atmosphärisch-ruhig, sowas wie die Ruhe vor dem Sturm, der (gemessen an den heute erreichten Härtegraden aber eher im Wasserglas) mit dem "Grasshopper" lostobt. Die Vielschichtigkeit von Band und Sänger hat sich bis dahin schon eindrucksvoll manifestiert, und das schon relativ weitgefaßte Konzept noch mehr aus dem Ruder laufen zu lassen, hatten Silverbullit offenbar keine Lust mehr, denn auch in den Folgesongs lavieren sie durch den gut bestellten Gemüsegarten aus Spacerock, Prog und Rock'n'Roll, daß es für Klangweltenwanderer nur so eine Freude ist. E-Bows paaren sich mit Schrammelgitarren, Bassist Jukka verdrängt in Tateinheit mit Karin Dreijer (die singt sonst bei den mir unbekannten The Knife sowie bei Honey Is Cool) Simon Ohlsson mal kurz vom Frontmikro (in "Axe Man", das auf einer Balladencompilation von The Mission nur bedingt aus dem Rahmen gefallen wäre), wofür der sich mit fast an Dave Gahan (oder wie der von Depeche Mode hieß) erinnernden Passagen in der ersten Single "Star" revanchiert. Das 97er Debüt der Schweden soll übrigens stark an Iggy Pop und seine Stooges erinnert haben, wovon in "Citizen Bird" aber fast gar keine Spuren übriggeblieben sind. Dafür kommt mit dem abschließenden "I Love You" noch ein letzter neuer Vergleich ins Spiel, mit dem anhand der vorausgegangenen elf Tracks nicht unbedingt zu rechnen war: Saint Vitus zur Zeit, als Silverbullits Landsmann Christian Linderson an ihrem Mikro stand, klingen sowohl im Riffing als auch im Sound durch, jedenfalls bis zur abschließenden Feedbackorgie. Mit dieser entschwebt ein Album, das ein paar faszinierende Klangwelten bietet, aber alles andere als einfach zu konsumieren ist. Ob man das Ding regulär im Laden rankriegt, weiß ich nicht (das Label jedenfalls ist mir völlig unbekannt), aber kuckt im Bedarfsfall mal unter www.mnw.de nach.
 




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