www.Crossover-agm.de SEVENTH AVENUE: Goodbye
von rls

SEVENTH AVENUE: Goodbye   (Treasure Hunt Records)

Dieser Siebentracker stellt einen Rekord auf: Mit reichlich 50 Minuten Spielzeit ist es die längste Platte, die jemals unter der Deklaration "Minialbum" bzw. EP veröffentlicht wurde (bisheriger Topscorer: Dream Theaters "Live At The Marquee" mit 47 Minuten). Aber was würde die geballte Masse nützen, wenn es ihr an Klasse mangelte? Gottlob versagen Seventh Avenue auch auf diesem Areal nicht. "Goodbye", eingespielt in der Besetzung Herbie Langhans (voc, g), William Hieb (b) und Mike Pflüger (dr), stellt passend zum Titel das Abschiedsdokument von und für Co-Bandkopf William dar, der in Zukunft leicht differierende musikalische Pfade beschreiten möchte (alles Gute von hier aus) und zum Lord'sParty-Gig Anfang Juli 1999 schon nicht mehr mit von der Partie war. Daß Seventh Avenue diesen schwerwiegenden Aderlaß ohne Probleme verkraftet haben, ist ebenda nachzulesen.
Also, was hat William seinen Kollegen noch mit auf den Weg gegeben? Los geht's mit dem "Southgate"-Closer "Goodbye" in einer Acoustic-Version, die jedoch nichts mit dem zu tun hat, was man gemeiniglich unter Akustikversion versteht (also Wanderklampfe, Klafünf und Schellenrassel), aber im Vergleich zum Original trotzdem etwas sanfter durchs Ziel geht. Schon bei diesem Song wird deutlich, daß Herbies Stimme sich seit der "Southgate"-Scheibe ein gutes Stück weiterentwickelt hat, da die Höhen deutlich weniger gequält klingen als anno dazumal. Auch an einem weiteren meiner Kritikpunkte von "Southgate", dem Drumsound, hat man gearbeitet: Die Zeit des nach "Aludachrinne prügelt auf große leere Keksdose ein"-Getrömmels ist vorbei, und die Drums klingen richtig schön natürlich, so wie Drums halt klingen müssen, wenn man nicht gerade Ministry oder Carrrolin(e) Rrreiberrr heißt. "Where You Belong" und "Gone With The Summer" sind neu - ersterer speedet sich mit den bekannten und liebgewonnen Breakorgien durch seine siebeneinhalb Minuten, zweitgenannter ist eine "Heart In Your Hand" ebenbürtige Halbballade. Apropos Breakorgien: Es folgt eine neue Version von "Southgate", läppische 16:39 min dauernd und dem Original in puncto Vertracktheit noch locker die eine oder andere Kohlenschaufel draufsetzend, was dazu führt, daß sich selbst der Liebhaber der 98er Version erstmal fünf oder zwölf Hördurchläufe gönnen muß, um sich an die veränderten Strukturen zu gewöhnen und beim Headbangen nicht plötzlich ein verkehrtes Tempo anzuschlagen. Nach besagter Durchlaufanzahl stellt sich indes auch die neue Version als logisch nachvollziehbare Lehrstunde des Melodic Speed heraus. Hernach beweisen Seventh Avenue, daß sie in ihrer Kindheit Kontakte in die DDR gehabt haben müssen, über die sie an Nikolai Ostrowskis Kultbuch "Wie der Stahl gehärtet wurde" gekommen sind. Anders ist die fein ziselierte, nichtsdestotrotz aber mit einer vernünftigen Menge Druck ausgewalzte und zurechtgehämmerte Metalversion des Styx-Klassikers "Boat On The River" nicht zu erklären. Die Dreieinhalb-Minuten-Radio-Version von "Goodbye" stellt den einzigen musikalischen Schwächeanfall der CD dar, da die notwendig gewordenen Amputationen dem Song nicht gut getan haben. Die abschließende Piano-Version von "Goodbye", die eher an die gewöhnlich unter 'ner Akustikversion verstandenen Klänge erinnert, wetzt diese Scharte aber locker wieder aus.
Eins hab' ich indessen noch zu meckern: Die (bekanntermaßen gleichermaßen christlich-kritisch wie spacig-fantasyartig und persönlich orientierten und stets intelligenten) Texte sind zwar im Booklet abgedruckt, aber derart klein, dünn und kontrastarm, daß man sich beim Lesen beinahe die Augen verdirbt. Ansonsten gehört "Goodbye" aber in jede vernünftige White Metal-Sammlung, auch wenn man sich als Einsteiger vielleicht erstmal mit dem letzten regulären Longplayer "Southgate" auseinandersetzen sollte. Kriegt der Plattenladen "Goodbye" nicht herzu, ruft mal bei Treasure Hunt Records an: 02324-570412 (das ist gleichzeitig auch die Faxnummer).
 
 




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