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von rls

SCANNER: Terminal Earth   (Massacre Records)

Über die Vorgeschichte Scanners als Lions Breed ist im Review zum Re-Release ihres einzigen Albums "Damn The Night" Grundsätzliches zu erfahren, und auch die folgende Bandgeschichte von drei Fünfteln Löwenbrut als Scanner wurde dort bereits überblicksartig skizziert. Wer die vorbildlich aufgemachte Homepage www.scanner4u.de besucht, bekommt dort die Scanner-Bandgeschichte samt allen möglichen und unmöglichen Infos zu den einzelnen Veröffentlichungen en detail aufgeschlüsselt, so daß sich tiefergehende Ausführungen hier eigentlich erübrigen. Die diversen Scanner-Alben - zum Reviewzeitpunkt ist gerade das siebente erschienen, eine Doppel-CD "The Galactos Tapes/Best Of", die in Kürze hier eintreffen sollte - sind nicht durchgängig greifbar gewesen, aber diverse Re-Releases haben schrittweise immer wieder Möglichkeiten eröffnet, den Bestand zu komplettieren, sollte einem diese Band zwischenzeitlich immer mal vom Radar verschwunden sein, und das dürfte ob der verworrenen Bandgeschichte mit teilweise über ein Jahrzehnt währenden Veröffentlichungspausen auf das Gros der Metaller da draußen zutreffen.
Dabei hatte sich eigentlich alles ganz gut angelassen, als Noise in den Endachtzigern die beiden ersten Alben "Hypertrace" und "Terminal Earth" auf die musikalische Welt losließen. Scanner hatten sich gegenüber Lions Breed deutlich in die Melodic-Speed-Ecke bewegt und zudem originelle Sci-Fi-Konzepte entwickelt, für die die Szene damals freilich noch nicht so richtig reif zu sein schien, was die Band auch selbst bemerkte und dieses Element daher schrittweise abschwächte: "Hypertrace"-Konzeptautor war der damalige Sänger Michael Knoblich gewesen, aber der verließ die Band nach diesem Album, und sein Nachfolger Shelko alias S.L. Coe (man kannte ihn von Angel Dust, und er tauchte später außer als Musiker bei seinem eigenen Projekt C.O.E. auch als Labelchef der geschmackssicheren, aber glücklosen 1MF Records auf, die mit Sacrosancts "Tragic Intense" eines der verkanntesten Epic-Doom-Alben und mit Torchures "Beyond The Veil" eines der stärksten frühen deutschen Doom-Death-Alben herausbrachten) führte als alleiniger Textschreiber auf dem nun als Re-Release vorliegenden "Terminal Earth" das Raumfahrtthema nur in loser Folge weiter, bevor es nach seinem Ausscheiden schließlich ganz ad acta gelegt wurde. Grob zusammengefaßt schildert Coe die Erlebnisse eines zufällig auf der Erde gestrandeten Außerirdischen, der schon auf dem Cover über sich ergehen lassen muß, von einem Terrier mit einem Baum verwechselt zu werden, und später mit Phänomenen wie Konsumrausch oder Fernsehüberflutung (und das 1989, als an die heutige Kanalflut noch nicht mal zu denken war!) konfrontiert wird. Der jugoslawischstämmige Sänger profilierte sich aber nicht nur am Mikrofon (wo er eine starke Leistung im ganz leicht angerauhten, aber stets melodisch bleibenden Bereich erbringt und an die besten Momente eines Herbie Langhans, die freilich erst deutlich später lagen, erinnert) und als Texter, sondern auch als Songwriter: Sechs der zehn Nummern sehen ihn als Co-Songwriter, und das neuneinhalbminütige Epos "From The Dust Of Ages", dessen Refrain der Rezensent auch nach anderthalb Jahrzehnten Nichthören noch im Ohr hatte, hat er gar im Alleingang geschrieben. Selbige Nummer gehört zweifellos zu den stärksten der zehn, von denen acht damals auf der LP landeten (die dann auch Eingang in den hiesigen Plattenschrank fand), während die Band zielsicher die zwar auch gut hörbaren, aber das Qualitätsniveau der anderen verfehlenden "Telemania" und "L.A.D.Y." nur als Bonustracks für den CD-Release (ja, das gab es in der Frühzeit der CD, als die Tonträgerindustrie dieses Medium gezielt propagieren und LP und MC zum Aussterben verurteilen wollte) bzw. für die Japan-Veröffentlichung vorsah. Der Re-Release beinhaltet diese beiden Nummern aber auch ("Telemania" dabei an Position 5 nach den vier Songs der alten LP-A-Seite, "L.A.D.Y." hingegen am Albumende, nachdem der Speedie "The Challenge" die originale B-Seite abgeschlossen hat) und kommt damit auf 49 Minuten Spielzeit, denen zu lauschen sich für jeden Freund blitzsauberen melodischen Speed Metals definitiv lohnt. Scanner hatten ihre Stärken eindeutig im schnellen Bereich, wenn Drummer Wolfgang Kolorz Druck macht und das Gitarrenduo aus Thomas Sopha und Bandkopf Axel Julius wahlweise weit schwingende Akkordfolgen, knackige Riffs oder Leadzaubereien hervorbringt, die sich mit Coes recht hohem Gesang perfekt ergänzen. Zudem gehörten Scanner weiland zu der dem Rezensenten sehr sympathischen basischen Songwriterschule, setzten pro Song also ein, zwei Grundideen konsequent um und beleuchteten die Themen von allen denkbaren Seiten (womit sie im Regelfall in weniger als fünf Minuten fertig wurden), anstatt, wie es später im Metal Mode wurde, eine Idee an die andere zu reihen und damit keiner richtig Platz zur Entwicklung geben. Aber auch im komplexeren Bereich punkteten Scanner hoch - das ausgezeichnete Epos "From The Dust Of Ages" wurde ja bereits erwähnt und schlägt in seinen schleppenden Parts (darunter ab Minute 5 einige mit interessanten Drumbeatverschiebungen) die restlichen Midtempoparts des Albums, konzentriert in den beiden Bonustracks sowie in "Wonder", um Längen. Besonders erwähnt werden muß allerdings noch die Fähigkeit zum Schreiben eingängiger, aber unplatter Melodien, die keineswegs nur in den Refrains zum Tragen kommt, dort aber naturgemäß besonders Wirkung entfaltet. Diese Fähigkeit verloren Scanner mit Coes Abgang dankenswerterweise nicht (auch "Puppet On A String" vom Viertling "Ball Of The Damned" kriegt der Rezensent zumindest refrainseitig viele Jahre nach dem letzten Hören noch zusammen), aber auch das half ihnen statustechnisch nicht weiter, und hätte Axel "A.J." Julius nicht derartige Stehaufmännchenqualitäten, die Bandgeschichte wäre längst irgendwo versandet. So darf man dieses Review also nicht als Nachruf lesen, sondern kann sich auch anhand aktueller Tonzeugnisse ein Bild vom Schaffen der Combo machen und sich erst dann in ihre Vergangenheit vorarbeiten, wie es einem beliebt. Das Urteil über den vorliegenden Re-Release (alle Texte, aber keine Liner Notes oder sonstige Extras enthaltend und sich auch songtechnisch wie erwähnt auf die zehn weiland im Albumkontext veröffentlichten beschränkend) jedenfalls ist eindeutig und unanfechtbar: Diese Scheibe gehört in jeden vernünftigen Melodic-Speed-Haushalt.
Kontakt: www.scanner4u.de, www.massacre-records.com

Tracklist:
The Law
Not Alone
Wonder
Buy Or Die
Telemania
Touch The Light
Terminal Earth
From The Dust Of Ages
The Challenge
L.A.D.Y.
 



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