(Favored Nations)

Vernon Reid war irgendwann einmal Gitarrist bei den Crossover-Veteranen Living Colour und hat sich inzwischen, nach seinem Solo-Debüt "Mistaken Identity", dem ersten The Masque-Opus "Known Unknown" und nunmehr auch mit dem Zweitling der Band, "Other True Self", auf vielfältige Instrumentalmusik in der Schnittmenge aus Metal, Funk, Rock und was weiß ich noch verlegt. Die Philosophie des Crossover ist also, auch wenn das darüber schwebende Banner umbenannt wurde, erhalten geblieben. Zum Resultat will ich gar nicht allzu viel sagen. Reid ist ein sehr vielfältiger Gitarrist, der eine Menge brauchbarer Riffs, viele auflockernde Soundeffekte und einen ganzen Satz glühender Saiten aufbietet. Die schnellen Soli sind zwar zur Hälfte verzichtbar, weil unmelodisch und langweilig, aber das macht die pumpende Rhythmussektion um Schlagzeuger Don McKenzie und Hank Schroy mit fetten Grooves wett. Als denkbar wichtig für das Ergebnis erweist sich auch Keyboarder Leon Gruenbaum, dessen viele Sounds und abgefahrene Improvisationen völlig cool sind. Die Interaktion zwischen den Musikern bzw. Instrumenten ist überraschenderweise aber gerade dort besonders gelungen, wo einen Gang zurückgeschaltet und der straighte Rock/Funk-Groove bzw. der Friemelsektor verlassen wird: "Flatbush And Church Revisited" ist purer, spaciger Reggae, "Oxossi" ganz unscheinbares, hintergründiges Teppichweben mit viel Tiefenwirkung. Zwei experimentelle Coverversionen gibt's mit "National Anthem" von Radiohead (auch nicht viel spannender als das Original) und "Enjoy The Silence" von Depeche Mode (zum Mitschweben). Der überwiegende Rest baut auf geradlinigen Rock-Rhythmen mit vielen Intermezzi auf und bietet das eine oder andere Glanzlicht, ist aber nur schwer ohne Nebenbeschäftigung konsumierbar, was Instrumentalmusik aus dem Popularbereich aber als generelles Manko anhaftet. Welchen weiteren Sinn das Ganze darüber hinaus macht, zeigt erst die Live-Erfahrung, über die anderswo berichtet wird. "Other True Self" ist ein recht gutes, progressives und vielfältiges, nur an manchen Stellen vertracktes ("Whiteface") Album aus dem Instrumentalbereich. Das ist schon viel, nur noch lange nicht alles, was ginge.
Kontakt: www.favorednations.com

Tracklist:
1. Game Is Rigged
2. National Anthem
3. Flatbush And Church Revisited
4. Afrerika
5. Enjoy The Silence
6. Whiteface
7. Oxossi
8. G
9. Wildlife
10. Overcoming
11. Kizzy
12. Mind Of My Mind
13. Prof. Bebey

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