www.Crossover-agm.de PALLAS: Official Bootleg 27.01.06
von rls

PALLAS: Official Bootleg 27.01.06   (Eigenproduktion)

Daß Pallas zu den auch live stärksten Progbands zählen, weiß der Kenner, und das ist ein Phänomen, das sich durch die gesamte Karriere der Schotten zieht - immerhin hatten sie "Arrive Alive", das den Grundstein für ihre Karriere legte, einstmals als Livedemo eingespielt. Und daß sie das, was sie auf ihren selten erscheinenden, aber dafür umso gieriger von besagten Kennern aufgesogenen Studioalben zeigen, auch live kongenial umsetzen können, dafür legt für die Zweifler der hier vorliegende Soundboardmitschnitt vom Konzert am 27. Januar 2006 im schweizerischen Pratteln den Beweis vor. Die CD trägt den Namen "Official Bootleg" zu Recht, denn genau ein solcher ist es, von der Band selbst herausgebracht und auf Gigs zum fanfreundlichen Preis von 5 Euro erhältlich - da sieht man auch über das Fehlen eines Booklets, den kleinen Preßfehler in "Warriors" und die ungünstige Verpackung (die Box ist zu groß, um in einem handelsüblichen 60er-CD-Archivkasten Platz zu finden) gern hinweg und stellt die Box dann an den Platz mit den "Sonderformaten". Auch auf ein Artwork hat man verzichtet, setzt lediglich Bandlogo und eine Art Stempel mit dem Albumtitel aufs Cover sowie die Tracklist auf die Rückseite, ergänzt um die Aufnahmedaten, den Hinweis "No overdubs!" und den Tip, daß man sich die anderen Songs dieses Konzertes auf der Bandhomepage downloaden kann (was zum Rezensionszeitpunkt aber nicht funktioniert - da gibt's nur die auch auf der CD befindlichen Tracks). Der Gig war also offensichtlich länger als die 73 Minuten, die man hier zu hören bekommt - das wäre für Headliner-Proggigs ja auch unterdurchschnittlich kurz gewesen. Aktuelles Album zum Zeitpunkt des Konzertmitschnittes war "The Dreams Of Man", und das stellt mit "Warriors" einen relativ außergewöhnlichen Track - so zupackend wie hier im Hauptsolo gehen Gitarrist Niall und seine Mitstreiter sonst eher selten vor, haben sich eher der melodischen und kalkulierten, aber trotzdem anspruchsvollen Variante des Progrocks verschrieben, wie sie archetypisch im folgenden "Executioner" zelebriert wird, einem alten Song vom "The Wedge"-Album aus dem Jahre 1986, weiland das Einstiegsalbum für Sänger Alan, der fast ein Vierteljahrhundert am Frontmikrofon der Band stand (2009 ist er vom Rest der Band wegen angeblichen mangelnden Einsatzes gefeuert worden) und mit seinem flächigen mittelhohen Gesang einen wichtigen Identifikationsfaktor darstellte. Seine Deutschkenntnisse stellt er auch hier in den Ansagen wieder unter Beweis, die er zu einem guten Teil in Deutsch hält, vor "The Executioner" besorgt fragt, ob er denn auch verständlich für das Publikum spreche, und seinen Humor demonstriert, indem er gleich anschließend fragt, ob das Publikum die Ansagen gerne auch noch in Französisch hören möchte. Eine Fußballansage muß natürlich auch sein - vor "Northern Star" verkündet der Sänger, daß die Band aus Schottland kommt, dem "home of wonderful Football". In der Gesamtübersicht des hier konservierten Teils des Sets (der aus insgesamt neun Tracks besteht) dominieren die Songs neueren Datums, also seit der Reaktivierung der Band in den Spätneunzigern, aber das ist in diesem Falle nichts Schlechtes, denn sowohl das epische "Ghostdancers" (hoher Eindringlichkeitsfaktor in den "Sailing to America"-Passagen!) als auch das nach einem episch-entrückten Intro knochentrocken losrockende "Beat The Drum", das vielschichtige Bombastepos "Midas Touch" (was für ein feierlicher Part rings um Minute 7!) oder das traumhafte Akustik-Instrumental "Northern Star" (in der 2008 beim Bergkeller Festival gehörten Livefassung noch einen Tick packender als in der Livekonserve hier - aber das ist Jammern auf hohem Niveau) hört man doch immer wieder gerne, und entscheidende Stilbrüche zum Oldie "Crown Of Thorns" bleiben erwartungsgemäß aus. Der klettert an Setposition 7 als erster über die Zehnminutenmarke, und man hat ja bereits die Durchschnittslänge ausrechnen können - zieht man den Quotenkiller, nämlich die vier Minuten "Northern Star", ab, kommt mit acht Songs in 69 Minuten gar noch ein höherer Wert heraus. Man könnte hier noch länger auf die einzelnen Songs eingehen, auch auf das ohrenscheinlich in nicht sonderlich hoher Kopfzahl anwesende, aber trotzdem begeisterte Publikum - ein Wort zum Sound muß man aber auf alle Fälle noch verlieren: Es ist wie bekannt ein unbearbeiteter Soundboardmitschnitt, und dafür ist die Qualität doch erstaunlich gut ausgefallen. Man hört alles, was man hören muß, wenngleich bisweilen in wechselnder oder noch Reserven erkennen lassender Intensität - Ronnies Baß etwa bleibt über weite Strecken im Hintergrund, aber wenn es dann mal auf ihn ankommt wie etwa im erwähnten plötzlichen Rockausbruch von "Beat The Drum", dann ist er auch deutlich zu vernehmen und treibt den Song, da Gitarrist Niall ja auch noch Leads zu spielen hat, konsequent nach vorn. Ein wenig mehr Gesamtpower hätte es noch sein dürfen, aber das kann man ja mit einem kleinen Dreh am Lautstärkeknopf der Stereoanlage beheben, und der Grundpegel sinkt nicht unter das Level, das man auf CDs aus den Frühneunzigern hört. Wenn also jemand noch einen Beweis wollte, daß Pallas eine sehr starke Liveband sind - hier liegt er vor, und jeder Freund anspruchsvoller Rockmusik kann trotz des Prädikats "Official Bootleg" (solcherart Releases sind ja oftmals nur für die eingefleischten Fans einer Band interessant - das ist hier anders) bedenkenlos zugreifen. Der Pallas-Fan wird das sowieso tun, zumal es nach wie vor noch kein offizielles Livealbum der schottischen Proggies gibt. Für eine gewisse Zeit ist das hier also eine geeignete Ersatzdroge.
Kontakt: www.pallas.f2s.com

Tracklist:
The Bringer Of Dreams
Warriors
Executioner
Ghostdancers
Northern Star
Beat The Drum
Crown Of Thorns
Midas Touch
Invincible
 




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