www.Crossover-agm.de NOZZLE: Winter
von rls

NOZZLE: Winter   (Viking Wreckchords)

Die Amis Winter wähnte ich längst auf dem Bandfriedhof, zumal Chefkomponist Stephen Flam anno 1995 mit seiner neuen Band Thorn eine schwer verdauliche, aber trotzdem faszinierende Platte namens "Bitter Potion" veröffentlicht hatte. Da Winters einziger Fulltime-Release "Into Darkness" eine der besten und extremsten Doom Metal-Scheiben ist, die jemals das Licht (bzw. die Dunkelheit) dieses Erdballs erblickt haben, freute ich mich natürlich umso mehr, als mir diese CD ins Haus geflattert kam, zumal ein die entsprechende Jahreszeit prächtig illustrierendes Coverartwork den Silberling zierte; die Kombination aus den fast unbelaubten Bäumen im Gegenlicht eines ebenso hoffnungsvollen wie kalten, ins Bläuliche stechenden Grüntons ist einfach wunderbar harmonisch und gelungen. Auf den vierten Blick oder aber spätestens beim ersten Reinhören stellt sich allerdings heraus, daß das auf dem Cover prangende "Nozzle" nicht etwa der CD-Titel ist, sondern der Bandname. Nichts also mit einer neuen Winter-CD, dieses Quartett bleibt auf dem Bandfriedhof begraben. Folglich war Umdenken angesagt: Nozzle sind auch ein Quartett, haben aber mit Doom nichts am Hut, mit Metal noch weniger. Chef der Band ist David Blomberg, der seine Brötchen sonst als Leadgitarrist bei New Model Army verdient, wo er trotz Nozzle auch weiterhin involviert bleiben wird. Nun bin ich alles andere als ein Experte bezüglich New Model Army, und deshalb erspare ich mir hier halbgare Analysen, welche der Ideen denn auch zu Davids Stammband gepaßt hätten und für welche sich das Aufziehen eines Sideprojects unumgänglich gemacht hat. Nozzle machen leicht alternativ angehauchte Rockmusik, die mich irgendwie an "Straight Line Through Time" von den Broken Homes oder auch an einige Sachen aus der Feder von Tender Fury erinnert, falls die noch irgendjemand kennen sollte. Bandkopf Blomberg singt höchstselbst und ähnelt irgend einem Menschen, dessen Name mir gerade nicht einfallen will. Das komplette Material ist durchaus mehrheitsfähig, und ich frage mich ernsthaft, warum es auf einem kleinen deutschen Undergroundlabel erscheint und nicht auf einem Major. Okay, DER Überhit ist nicht dabei, aber schon der Opener "This Time" paßt problemlos zwischen Reamonn und die Dire Straits ins Radio, obwohl das Label an diese Stelle lieber "Keep Falling Down" und "Nothing Will Change" gesetzt hätte. Gut, hab' ich prinzipiell auch nix dagegen. Mein Favorit ist allerdings "A Way Out", eine mit großartigen Harmonien und einem geradezu süchtig machenden Schlußteil ausgestattete Hymne, zu der man eine Kerze anzünden und das im flackernden Licht erstrahlende Gesicht eines lieben Menschen betrachten sollte. Liebe Menschen kommen auch in einigen Lyrics vor. "Winter" macht nicht den Eindruck eines geschlossenen Konzeptalbums über die Entwicklung vom Herbst bis zum Frühling, aber etliche Anklänge an eine derartige Deutung lassen sich durchaus finden, gipfelnd in den romantisch-souveränen Frühlingsgefühlen des letzten Songs "She Is Everything That Matters To Me", diese in einer Ode an die glücklich gefundene andere Hälfte der Seele seiner selbst umsetzend. Schön. Einfach nur schön. Und ehrlich noch dazu, nicht austauschbar, sondern mit Hintergrund, auch nicht zusammengewürfelt, sondern organisch gewachsen, Projektcharakter hin oder her (alle vier Mitglieder haben noch zahlreiche weitere Betätigungsfelder). Und angesichts der stimmigen Bookletgestaltung und des sauberen Sounds gibt es für die Fankreise zwischen INXS und HIM sowie natürlich rund um New Model Army eigentlich keinen Grund, diese CD im Plattenladen festfrieren zu lassen. Sollte sie dort eh nicht stehen, helfen Viking Wreckchords, Mühlenstraße 8, 23552 Lübeck, VikingWPS@aol.com, www.vikingwreckchords.de, sicher gerne weiter.



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