www.Crossover-agm.de NORTHERN TALES: Bloodporn Industries
von rls

NORTHERN TALES: Bloodporn Industries   (Black Arrow)

Als eine Art metallischer Kolonialwarenladen geht das Zweitwerk von Northern Tales durch. Soll das mir akustisch nicht bekannte Debüt "A Vocalist's Diary" noch eher traditioneller Power Metal mit Death Metal-Gesang gewesen sein, so ist die Variationsbreite auf dem neuen Werk deutlich erhöht worden. Zudem wurde der instrumentale Unterbau ein gutes Stück weiter ins Death Metal-Lager verpflanzt, hier allerdings eher in die Region von Göteborg als in die von Stockholm oder gar Florida, was dahingehend einen Sinn ergibt, als sich der göteborgige Death Metal eh stets durch eine starke melodiöse Infiltration und durch zahlreiche Rückgriffe auf den traditionellen Metal auszeichnete und bisweilen noch heute auszeichnet. Von diesem Standort aus wildern Northern Tales einerseits oft und gern im Thrash, was bis zum Einbau einzelner Blastbeats reicht (wobei die im Opener "Lost Days" dem Hörer allerdings das gußeiserne Fragezeichen bescheren, ob denn das unbedingt nötig gewesen sei - so richtig paßt's meiner Ansicht nach an dieser Stelle nicht). Andererseits gehen sie aber auch im Gothic Rock hausieren, was sich dann streckenweise bis zur HIM-Kompatibilität auswächst - man höre dazu exemplarisch Track 4 "Moment Of Mysteroius". Punktuell eingeflochtenen Klängen wie in "Meaningless" kann man gar eine Indieverdächtigkeit nachsagen, und winzige Electronics bilden Bridges beispielsweise in "Do Me A Favour". Track 7 "What's Wrong With You" fährt dann NDH-artige Elemente auf und spielt mit elektronisch anmutenden Drums. Kurz vor Ende der insgesamt knapp 45 Minuten fahren Northern Tales mit "I Will Remember" sogar noch eine reine Akustikballade auf. Der Gesang paßt sich dieser Geschmacksvielfalt an und laviert im Dreieck Grunz-Kreisch-Valoclean. An einigen Stellen hätte man sich ein logischeres, stringenteres Verknüpfen der Einzelparts gewünscht (siehe obige Klammerbemerkung über "Lost Days"), was diverse Rezensentenkollegen zur Bemerkung verleitete, Northern Tales seien orientierungslos - ein schwerwiegendes Urteil, das in meinen Ohren nicht ganz gerechtfertigt ist, auch wenn man sich bei erwähntem "Moments Of Mysteroius" tatsächlich fragt, was die Band damit bezweckt. Potentielles Airplay oder Discoeinsätze wird man angehörs des fett schraubenden Riffs im Intro sicher nicht bekommen, denn beim Querhören auf der Suche nach potentiellen Playkandidaten lauscht der DJ normalerweise allenfalls den ersten 15 Sekunden eines Stückes einer unbekannten Band und zappt dann weiter. Zudem taucht das Riff nirgendwo weiter im Song (der generell tatsächlich clubkompatibel wäre) so markant auf, so daß man sich über die Sinnhaftigkeit dieses Introparts durchaus streiten kann, selbst wenn Northern Tales mit dem Song nicht vordergründig auf Breitenwirksamkeit aus sein sollten. Dagegen erinnert der Anfang des folgenden "Wasted Fallen Lands" im besten Sinne an Encryption, mit denen man überhaupt eine gewisse Ähnlichkeit manifestieren kann - allerdings haben die es sich wohl nicht ohne Grund verkniffen, in einen solchen Song wieder einen HIM-Refrain einzubasteln, der eine Art Fremdkörperstatus besitzt. Massenkompatibler wird der Song davon auch nicht. Massenkompatibilität mit dem nihilistischen Textkonzept (das sich mit der Lebensvernichtung z.B. durch Snuff-Movies befaßt und durch ein paradoxes Coverartwork - das Model hat übrigens einen Fisch im Mund - unterstützt wird) zu erzeugen wird aber eh ein Ding der Unmöglichkeit, es sei denn, es sollte sich herausstellen, daß die Band hier aus konkreter eigener Erfahrung textet (das wäre dann ein Fall für Bild: "Perverser Porno-Ring aus Langhaarigen zerschlagen"), was wir mal nicht annehmen wollen.
Insgesamt also ein durchaus gutes Album aus deutschen Landen, allerdings hier und da noch etwas "unfertig" und "nicht zu Ende gedacht" wirkend.
Kontakt: http://northerntales@tts-media-music.com

Tracklist:
Lost Days
Meaningless
Do Me A Favour
Moment Of Mysteroius
Wasted Fallen Lands
Let Me Go
What's Wrong With You
In Filth We Crawl
I Will Remember
Bloodporn
 




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