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von ta

NODE: Das Kapital   (Scarlet Records)

Node sind schon ein wenig wundersame Gestalten. "Das Kapital", drittes ganzes Album der Band, verweist im Titel auf Marxens Karl, im Titelsong selbst ertönt dagegen einleitend ein apokalyptisches "Wollt Ihr den Totalen Krieg?", das ein Herr J. Goebbels einst im Berliner Sportpalast zu nationalistischer Propaganda verbrauchte, selbiger macht bei "Retreat '42" aber wiederum der sowjetischen Nationalhymne Platz, bevor "Empire", einst von Queensryche erfunden, hier gecovert, weitere politische Spielereien vermuten lässt. Die Band selbst stammt aus Italien und die Verwirrung ist perfekt. Erklärungsversuche:
I: Die Band verwechselt "Kapital" mit dem englischen "capital" (Hauptstadt) und weiß, dass die Hauptstadt Deutschlands anno 1945 ff. u.a. den Sowjets als Besatzungszone zugeteilt wurde. Berlin ist also Kapital von Deutschland.
II: Die Band glaubt vom lateinischen "capital" (todwürdiges Verbrechen) auf Goebbels schließen zu können. Die bis dahin nachvollziehbare Assoziationskette wird mit der sowjetischen Hymne bewusst ad absurdum geführt, weil die Todesstrafe in Italien schon längst abgeschafft ist. In Texas wird diese Platte verboten werden. Unter manchen afrikanischen Urvölkern auch.
III: Die vierfache Entfremdung des Arbeiters/Musikers erreicht einen fünften Schritt: Wenn weder Endprodukt noch Arbeitskraft noch Zweck noch Mitarbeitende dem eigenen Horizont angehören, dann verliert jede Bestimmung des eigenen Tuns zur Folgerichtigkeit ihre Gültigkeit: Entfremdung von der Intention, etwas sinnvolles zu produzieren. Ein fataler Umstand. Marx schlüge die Hände überm Kopf zusammen. Aber die sind dafür schon zu zerbrechlich.
IV: Die Band versucht, Rezensenten dazu zu bewegen, sich mit lächerlichen Theorien der Öffentlichkeit preiszugeben. Was für ein vorprogrammiert erfolgloses Unterfangen!!
Was die Texte uns zu den Inhalten des Konzepts dieser Gruppe sagen können, ist mir aufgrund mangelnder Kenntnisse derselben nicht bekannt. Musikalische Fütterung bekommen hier zumindest Freunde des Thrash, Prog, Göteborg-Death, New und Heavy Metal. Was aneinandergereiht etwas antagonistisch anmutet, ist in der Tat aber ein äußerst homogenes Stück Metal in der Grauzone zwischen den genannten Stilrichtungen. Dabei tanzt wirklich kein Lied aus der Reihe, egal ob die Band flott voranprescht ("War Goes On", "Das Kapital", "One Way Media"), vertrackt und dynamisch agiert ("Retreat '42", "The Plot Sickens") oder mit modernem Approach zum Fußwippen bittet ("Twenties", "The East-Ghost"). Die Gitarrenarbeit von Daniel Botti, der sich ebenfalls für den Gesang zuständig fühlt, und Gary D'Eramo klingt dabei zumeist bei aller Vielseitigkeit traditionell, so dass das gelungene Queensryche-Cover "Empire" nicht einmal stilistisch heraussticht, damit allerdings auch die großen Überraschungen rausfallen, was nicht nötig gewesen wäre. Dieser etwas dröge Fakt wird dann mit rhythmischen Raffinessen besonders des technisch versierten Marco Di Salvia ausgeglichen, obwohl ich persönlich mit dem Trigger-Sound seines Schlagzeugs, der einiges an Power raubt, überhaupt nichts anfangen kann; gewöhnungsbedürftig auch der Necrodeath-artige, hohe, aber nicht wirklich intensive Kreischgesang von D. Botti, wobei die gesungenen Parts frisch und frei klingen. Insgesamt würde ich mit die Band einfach entweder noch ein wenig durchschlagskräftiger oder komplexer wünschen. So weiß man eben manchmal nicht recht, wo der Hase hinläuft und hört lieber zu als sich mitreißen zu lassen. Im Extrem Metal-Bereich haben Node aber innerhalb Italiens keine ernstzunehmende Konkurrenz. Hoffentlich trauen sie sich aber auch mal nach Deutschland. Vielleicht in den Berliner Sportpalast. Kontakt: www.node.it oder www.scarletrecords.it

Tracklist:
1. War Goes On
2. Twenties
3. Outpost
4. The East-Ghost
5. Das Kapital
6. Retreat '42
7. Weaknessphere
8. The Plot Sickens
9. One Way Media
10. Empire
11. Few Words Again
 




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