www.Crossover-agm.de NOCTURNAL RITES: Afterlife
von rls

NOCTURNAL RITES: Afterlife   (Century Media)

Tja, was kommt nun nach dem Tod? Im wissenschaftlichen Sinne stichhaltige Beweise haben natürlich auch die Schweden Nocturnal Rites bzw. ihr Haupttexter Nils Eriksson (b) nicht in der Hinterhand (sonst wären sie längst Multimillionäre oder tot), aber sie versuchen sich diesem Thema und dem davorliegenden Tod von verschiedenen Seiten aus zu nähern. Da kommt dann als Closer etwa das "Hellenium" anmarschiert, als Abrechnung gleichermaßen mit dem Milleniumswahn, der ja gerade (ich schreibe dies am 29.12.2000) zu einer zweiten Blüte findet, und mit dem vergangenen Jahrtausend, das trotz einer kontinuierlichen Weiterentwicklung auch des Geistes der Menschheit relativ konsequent immer neue höllische Momente hervorbrachte, gedacht. Unterlegt wird diese Thematik mit melodischem Power Metal, der gerne Ausflüge in höhere Geschwindigkeitsregionen unternimmt und unterstreicht, wie das Material von Axel Rudi Pell klingen könnte, wenn es von Helloween interpretiert würde. Der Vergleich mit Axel Rudi Pell kommt nicht von ungefähr, denn nachdem auf den ersten drei Platten von Nocturnal Rites mit Anders Zackrisson ein Sänger der sehr hohen Stimmlage Marke "junger Michael Kiske" agierte, steht nunmehr mit Jonny Lindkvist ein Mensch am Mikro, der einen dem langjährigen Pell-Sänger Jeff Scott Soto nicht unähnlichen Gesangsstil pflegt, was Nocturnal Rites eine gewisse Portion mehr Eigenständigkeit verleiht. Pells Neigung, bisweilen klassische Themen anzudeuten, frönen Nocturnal Rites übrigens auch, denn leicht an Rimski-Korsakows "Hummelflug" angelehnte Gitarrenpassagen lassen sich gleich in den beiden ersten Songs auf "Afterlife", dem Titeltrack und "Wake Up Dead", entdecken. "The Sign" wiederum hört man an, daß Bandkopf Fredrik Mannberg ursprünglich aus dem Death Metal-Lager kommt, denn mit einem entsprechenden Gesang versehen und um die Keyboards bereinigt wäre dieser Song auf keiner altschwedischen Death Metal-Platte aus dem Rahmen gefallen. In "Hellenium" tauchen schließlich (neben ein paar taktösen Verschiebungen) auch noch die orientalischen Anklänge auf, die momentan ja sehr beliebt sind (und die auch Herr Pell gerne einsetzt). Nocturnal Rites scheinen nicht allzuviel von ausladendem Songwriting zu halten, wie dies viele ihrer Stilkollegen praktizieren (sechs der zehn Songs kommen in weniger als vier Minuten zum Ziel, nur der Titeltrack braucht reichlich fünf dazu), was den episch-ausladenden Faktor stark reduziert (dieses Faktum kann man wahlweise als Lob oder Kritik verstehen, je nach musikalischer Vorliebe). In jedem Fall ist der Band aber das Bemühen um Eigenständigkeit anzurechnen (wozu auch der Mut gehört, ein paar schräge Gitarrensynthesizerklänge einzubauen, wofür einen die Traditionalistenfanfraktion heutzutage ja schon fast aufhängt), auch wenn sie das Rad keinesfalls neu erfindet. Sicher kein Fehlkauf.





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