www.Crossover-agm.de NEVERDREAM: Souls 26-04-1986
von mst

NEVERDREAM: Souls 26-04-1986   (Kick Agency)

Die Italiener Neverdream scheinen ein Faible für abgefahrene Musik und schwere Themen zu haben. Widmete man sich auf dem Vorgängeralbum der Vertonung von "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" und überzeugte damit den Rezensenten, nimmt man sich diesmal ein geschichtsträchtiges Ereignis vor, das Europa schon damals hätte wachrütteln sollen. Die Rede ist vom Atomunglück in Tschernobyl, einer der größten Katastrophen der Nachkriegszeit. Neverdream erzählen in den acht Songs zwei Geschichten. Da ist zum einen ein kleines Mädchen, das als Folge des Reaktorunglücks an Krebs erkrankt und nur noch von einem gesunden Leben in einer gesunden Welt träumen kann. Außerdem geht es um einen russischen Soldaten, der Selbstmord begeht, nachdem er den Verlust seiner Familie bei der Katastrophe nicht verkraftet und das Vertrauen in den Kommunismus verliert. Schwere Kost, vielleicht etwas pathetisch, aber glaubhaft und erschreckend real. Diese CD ist ein kleines Phänomen: Beim Autofahren, ohne Wissen um das Konzept, konnte ich nicht viel damit anfangen. Zu verschachtelt, düster und nicht wirklich nachvollziehbar erschien mir das Ganze. Na ja, und ein Saxophon hat auch noch nie zu meinen bevorzugten Tonerzeugern im hart rockenden Milieu gehört. Jetzt, hier vor dem PC, mit dem Hintergrund der vertonten Geschichte entwickelt sich eine ganz eigene, regelrecht bedrückende Atmosphäre. Fast ein wenig verstört sitze ich am Ende hier und weiß gar nicht recht, was ich darüber schreiben soll. Bislang gab es zwei CDs, die bei mir in Verbindung mit der Story mächtig Eindruck geschunden haben, und beide hatten keinen real zeitgemäßen Hintergrund. Das wäre zum einen, wen wundert's, Queensryches Meilenstein "Operation Mindcrime" und außerdem die Gruselstory "Abigail" von King Diamond. Aber auch dort konnten die Songs für sich stehen, während das Neverdreamsche Machwerk schon fast Soundtrackcharakter hat. Schnellere Passagen sind Ausnahmefälle, größtenteils dominieren schwerfällige, getragene Sounds, die aber die Stimmung erreichen, welche bestimmt beabsichtigt war. Fröhliche Mitsingparts wären irgendwie auch fehl am Platz gewesen (ich weiß, bei Sabaton geht das). Die Produktion lag in den bewährten Händen von Achim Köhler und weist keine Mängel auf. Empfehlenswert wahrscheinlich wirklich nur für diejenigen, die sich auf diese schwere Kost einlassen wollen, und taschenrechnerschwingende Progjunkies. Irgendwie bin ich gleichermaßen fasziniert und abgeschreckt. Nichts für schwache Gemüter.
Kontakt: www.neverdream.it, www.kickagency.com

Tracklist:
1. Silence
2. Burning The Hopes
3. Victims
4. Across The Tears
5. Looking The Lies
6. Waterfall
7. City Of Ghosts
8. Souls



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver