NEON CROSS: Neon Cross von rls (Magdalene Records)
Neon Cross hatten in den Achtzigern das Pech, daß sie wahlweise zu spät oder zu früh dran waren. Zu spät, weil es vom 84er "Frontline Life"-Demo (das es auch in Vinylform gab) bis zum selbstbetitelten 1988er Debütalbum vier lange Jahre dauerte und selbiges Album zu einem Zeitpunkt erschien, wo sowohl die Glamwelle als auch die Power Metal-Glanzzeiten schon wieder in der Vergangenheit lagen. Zu früh, weil es die Band schon nicht mehr gab, als Guardian ihren Siegeszug antraten, in deren Fahrwasser durchaus auch Neon Cross hätten mitsegeln können. Die oben genannten Subgenres lassen schon eine stilistische Einschubladisierung des Neon Cross-Schaffens in den Achtzigern zu, und nach dem Durchhören der ersten drei Songs des erwähnten Debütalbums hat man quasi auch schon das komplette Spektrum erfaßt: einerseits kompakter Hardrock mit gewissen Glam-Einflüssen, vergleichbar mit Ratt oder auch dem ein Jahr später erschienenen Guardian-Debüt "First Watch" (die Band selbst führt Van Halen an, was auch nicht falsch ist, wenn man darunter nicht gerade eine Scheibe wie "Diver Down" versteht, wo die Herrschaften "Pretty Woman" in einer Art "Stones auf Valium" runterhobeln), andererseits größtenteils flotter, wenn auch geschliffener Power Metal mit gelegentlich der einen oder anderen Stryper-Schlagseite (die sich auch im eher hardrockigen Material findet - speziell bei der Ausarbeitung der Backing Vocals gingen beide Bands durchaus ähnlich zu Werke). Wenn man mal Song drei, vier und fünf nacheinander hört, ist man kaum geneigt zu glauben, daß hier ein und derselbe Leadsänger am Werke ist - und doch handelt es sich alle drei Male um David Raymond Reeves: Im powerspeedigen "We Are The Children (Of Our Lord)" dürfte er jeden Kopfstimmenhasser in den Suizid treiben (er geht ungelogen noch höher zu Werke als Vett Roberts von Recon in "Light The Fire", und das will was heißen), während das traditionell hardrockende "On The Rock" mit einer erdigen Röhre ausgestattet ist und das sechsminütige, episch angehauchte "I'm Not Alone" in der ersten Bridge gar schon den leicht melancholischen Gesang vorwegnimmt, der auf dem alternative-lastigeren indirekten Nachfolger "Torn" von 1995 (zwischenzeitlich hatte sich die Band aufgelöst, und nach "Torn" tat sie dies ein weiteres Mal) häufiger zum Zuge kommen sollte. Wer dem Review bis hierher gefolgt ist und nach der CD-Hülle gegriffen hat, um die Songreihenfolge mitzulesen, wird feststellen, daß diese dort vertauscht ist - die korrekte Reihenfolge findet sich bei den Lyrics (der Bandname deutet eine christliche Combo an, und ebendies bewahrheitet sich auch beim Lesen der Texte - sehr direkt und kompromißlos reflektieren die vier Kalifornier hier ihren Glauben) im Booklet. Da ich das Originalalbum nicht besitze, kann es aber durchaus sein, daß dort 'ne andere Reihenfolge zum Zuge kam. Vor mir liegt nämlich eine Wiederveröffentlichung als CD, getätigt (natürlich) von den Re-Issue-Spezialisten Magdalene Records/M8 und auch wieder limitiert, wie das bei deren "Gold"-Serie ja immer so ist. Sechs Bonüsse reichern die zehn Songs des Originalalbums an und sorgen in der Tracklist für weitere Verwirrung, denn dort sollen nominell die vom "Frontline Life"-Demo stammenden Tracks mit einem Sternchen gekennzeichnet sein - keiner der sechs Tracks indes weist ein Sternchen auf.
|