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![]() METAL INQUISITOR: The Apparition von rls
Wer in den ersten sieben Worten der Lyrics des Openers "Take Revenge" gleich zwei Plattentitel von Raven unterbringt (darunter denjenigen, dessen zugehöriges Album für viele noch heute, 19 Jahre nach Veröffentlichung, DEN ultimativen Raven-Release darstellt), verrät durchaus schon etwas über die Marschrichtung auf der kompletten Scheibe, die ja eigentlich schon anhand des Bandnamens klar war: Heavy Metal and not no metal at all! Nun gibt es aber selbst bei der weiteren Eingrenzung auf traditionelle Metalsounds noch eine große mögliche Variabilität, wie Metal Inquisitor klingen könnten – auch Doom beispielsweise ist ja durchaus ein traditionsbehaftetes Metalgenre, mit Rückschluß auf Black Sabbath gar das älteste überhaupt. "Genialer deutscher Power-Metal englischer Prägung" steht als Umschreibung auf dem Infozettel. Nun denke ich beim Terminus "deutscher Power-Metal" im wesentlichen an Helloween, in geringerem Maße auch an Accept, und mit beiden hat das Quintett aus Koblenz nicht allzuviel am Hut. Die englische Querverbindung zündet da schon eher: Raven haben wir ja schon genannt (El Rojos Stimme weist nicht zuletzt einige Parallelen zu John Gallagher auf), auch Saxon kann man durchhören (achtet mal genau auf den Gitarrensound – dessen Verzerrungstechnik erinnert eher an 70er Hardrock als an neuzeitlichen oder selbst Mittachtziger-Metal und wurde auch in der NWoBHM gern eingesetzt, u.a. eben von Saxon), und die deutlichsten Spuren haben wohl Iron Maiden hinterlassen, hauptsächlich ihre Frühwerke, aber dank der Stilkonservierung darf man diese These getrost aufs Gesamtwerk der Herren Harris & Co. beziehen. "Daze Of Avalon" etwa enthält gleich mehrere Stilelemente aus der Harris-Schmiede, auch die ersten Hauptriffs von "Bernardo Gui" und "My Sacrifice" hätten durchaus der Feder der Maiden-Songwriter entspringen können, und während der Hörer noch überlegt, welchem Maiden-Track die betreffenden Riffs entnommen worden sind, kommt eine manchmal klitzekleine, manchmal auch erhebliche Variation um die Ecke gehuscht, Metal Inquisitor damit vom Vorwurf des Kopierens (das mit ausdrücklichem Entzug aller metallischen Ehrenrechte geahndet würde) befreiend. Außerdem setzen Metal Inquisitor gelegentlich auf Doublebassdrums, was die Eisernen Jungfrauen nicht tun – jedenfalls spielte Nicko McBrain 1995 und 1998 live mit nur einer Bassdrum. Daß sich in Metal Inquisitor fünf Freaks des Altmetall zusammengefunden haben, wird gleich an mehreren Faktoren deutlich: der Musik selbst natürlich, die in neun Eigenkompositionen gegossen wurde, dann aber auch der Wahl der Coverversion als Abschluß des Albums (wer im westlichen Mitteleuropa kennt Open Fire aus Polen, auf deren sehr melodischen, furiosen Speedie "Twardy Jak Skala" die Wahl fiel und dessen Lyrics kulthalber auch noch in Originalsprache abgedruckt wurden?), am Alter der Musiker (ich hab' keine Zahlen, aber bis auf Neu-Drummer Havoc, der anno 2000 Gründungsmitglied Witchhammer ersetzte, ist der ganze Haufen garantiert schon über 30, bei 3/5 deutet sich schon eine Vokuhila an) und auch an der Optik der Bandfotos, wobei ein eventuell hineininterpretierter US-Metal-Bezug anhand der gezeigtem Shirts von Sanctuary und Sacred Reich im Songmaterial zwar keine Entsprechung erfährt, alle fünf Mitglieder aber mehr oder weniger so aussehen, wie sich der gemeine Deutsche den gemeinen deutschen Metaller vorstellt. Einziger Kurzhaariger ist ausgerechnet Bandkopf Blumi, der ein wenig wie Friedhelm Funkel aussieht und auch ein reichlich unmetallisches Pseudo mit sich herumträgt, seine metallische Credibility aber durch gepflegte Kuttentradition unter Beweis stellen kann. Seine Reputation angesichts seines Mitwirkens auf der letzten Scheibe der Japaner Metalucifer mag da nur ein letztes Zeichen sein. Im Gegensatz zu den besagten Japanern spielen Metal Inquisitor mit Heavy Metal-Klischees, überreizen diese jedoch nicht, womit sie (im positiven Sinne) etwas massenkompatibler wären. "The Apparition" klingt ehrlich und frisch, ist kompetent eingespielt und gut produziert – kein Grund also für Freunde angesprochener Sounds, an der CD achtlos vorüberzugehen, es sei denn, sie gehören zu der Personengruppe, die Metal Inquisitor nicht leiden können und im Booklet deshalb mit einem Rat bedenken: "Fuck off to all Nazi Heavies all over the world!" Recht so! Steht dieses Debütalbum (vorher gab's schon etliche Demos und eine Single) nicht im Laden, hilft www.metal-inquisitor.de sicher gerne weiter.
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